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Online-Befragung der Lehrkräfte: Erste Ergebnisse zeigen hohe Identifikation mit Inklusion, Sprachförderung und Ganztag, aber zu wenig Unterstützung durch Behörden +++ Heiligenstadt: „Beratungs- und Unterstützungssystem verbessern“ +++

Reformen bei Vergleichsarbeiten und Schulinspektion angekündigt


Die Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen in Niedersachsen identifizieren sich stark mit der Inklusion, der Ganztagsschule und der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler, fühlen sich bei der Umsetzung dieser Ziele von den Behörden aber nicht gut genug unterstützt. Das zeigen erste Ergebnisse der Online-Befragung „Mehr Zeit für gute Schule“, an der sich rund 10.000 Schulleitungen, Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt haben.

Wenig Akzeptanz bei den Lehrerinnen und Lehrern finden laut der Umfrage die Instrumente der so genannten externen Evaluation der Schulqualität: Sowohl den Vergleichsarbeiten in der 3. und 8. Jahrgangsstufe („VERA“) als auch der Schulinspektion werden mangelnde Sinnhaftigkeit und Bewältigbarkeit attestiert. An den berufsbildenden Schulen schneiden bei den Lehrkräften die „Zielvereinbarungen“ schlecht ab. Die Online-Befragung zeigt zudem, dass Schulleitungen ihre Aufgaben als weniger belastend wahrnehmen als die Lehrkräfte und die an sie gestellten Anforderungen offenbar besser bewältigen können.

Die Leuphana-Universität Lüneburg hatte die Befragung im Auftrag des Niedersächsischen Kultusministeriums vor den Sommerferien durchgeführt und zwischenzeitlich einen ersten Bericht erarbeitet. Ziel der Befragung war es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Tätigkeiten im Arbeitsalltag als besonders herausfordernd oder belastend empfunden werden. Am (heutigen) Montag stellten die Niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt und David Horstmann von der Leuphana-Universität Lüneburg die ersten Ergebnisse in Hannover vor.

„Eine solch umfangreiche Mitarbeiterbefragung dürfte Seltenheitswert haben, insbesondere im Kultusbereich. Daher bin ich froh und außerordentlich zufrieden, dass sich so viele beteiligt haben. Rund 10.000 Rückmeldungen oder 11 Prozent Rücklauf sind eine sehr gute Quote, damit haben wir eine repräsentative Datengrundlage für unsere Schlussfolgerungen und für den weiteren Prozess geschaffen“, sagte Ministerin Heiligenstadt. Aus wissenschaftlicher Sicht sei das Ziel erreicht worden, durch die Anzahl der Rückmeldungen repräsentative Aussagen über die Grundgesamtheit herleiten zu können, erklärte David Horstmann vom Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften der Leuphana-Universität Lüneburg.

Die Leuphana-Universität Lüneburg hatte in dem Online-Fragebogen nach sechs Tätigkeitsbereichen gefragt, die jeweils in insgesamt 60 einzelne Tätigkeiten aus dem schulischen Alltag untergliedert waren:

1. Unterricht

2. Inklusive Bildung

3. Sprachförderung und interkulturelle Bildung

4. Ganztag

5. Zusammenarbeit

6. Schule leiten und verwalten

Die Sinnhaftigkeit wird in den Tätigkeitsbereichen Inklusive Bildung, Sprachförderung, Ganztag sowie Zusammenarbeit besonders hoch wahrgenommen. Die Unterstützung durch die Behörden wird in allen Tätigkeitsbereichen als besonders niedrig wahrgenommen, so das zentrale Umfrageergebnis. „Schulleitungen, Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bejahen die Ziele, die mit der Inklusion, der Ganztagsschule und der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler verbunden sind. Das freut mich sehr, denn das sind auch meine persönlichen politischen Schwerpunkte“, sagte Heiligenstadt. Ernüchternd sei, dass „bei keiner Tätigkeit die Unterstützung durch die Behörden als gut eingeschätzt“ werde. Heiligenstadt: „Da müssen wir einfach besser werden! Das ist ein Arbeitsauftrag, den ich ganz klar aus den Ergebnissen der Online-Befragung mitnehme.“ Das umfangreiche und mit engagierten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgestellte Beratungs- und Unterstützungssystem scheine nicht die Ziele zu erfüllen, die angestrebt seien. „Den internen Prozess zur Verbesserung des Beratungs- und Unterstützungssystems werden wir sehr zügig beginnen. Dabei werden wir Überlegungen in den Fokus nehmen, wie wir in der Fläche und bei den Schulen präsenter sein können. Wir werden prüfen, ob Beratung und Unterstützung über die Sprachbildungszentren oder die kommenden regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren für die Inklusion das passgenauere Modell für die Schulen sein können. Als Dienstleister nah an den Kunden – das ist das Motto.“ Die qualitativen Hinweise und Vorschläge aus den Freifeldern, in denen die Befragungsteilnehmer Verbesserungen anregen konnten, werden im nächsten Schritt ausgewertet. „Diese Hinweise werden wir mit einbeziehen, um die besten Lösungen für ein wirksameres Beratungs- und Unterstützungssystem zu erarbeiten.“

Die Kultusministerin kündigte ferner an, sich für Änderungen an den Instrumenten der externen Evaluation einzusetzen. „Was mit VERA und der Schulinspektion als Unterstützung für die Lehrkräfte und Schulen gedacht ist, entpuppt sich als Belastungsfaktor“, so Heiligenstadt. „Beide Instrumente können daher nicht so bleiben wie sie sind. Innerhalb der Kultusministerkonferenz müssen wir einerseits zu deutlichen Reformen bei VERA kommen. Dafür werde ich mich nachdrücklich einbringen, damit der begonnene Veränderungsprozess zügig und im Sinne der Lehrkräfte verläuft“, so Heiligenstadt. Zweitens müsse „die Schulinspektion auf den Prüfstand“. Heiligenstadt: „Das Ziel muss sein, die Schulinspektion für Lehrkräfte und Schulen so weiterzuentwickeln, dass sie zu einem echten Mehrwert für den Unterricht beiträgt. Sonst ist der Aufwand nicht zu rechtfertigen.“ Ein Verzicht auf qualitätssichernde Instrumente für die Weiterentwicklung von Schule und Unterricht sei allerdings nicht die Lösung. Die Online-Befragung zeige, dass Lehrkräfte ein hohes Qualitätsbewusstsein hätten, dies belegten beispielsweise die zustimmenden Einschätzungen zur internen Evaluation.

Auffällig ist das Ergebnis, dass Schulleitungen ihre Aufgaben als weniger belastend wahrnehmen als die Lehrkräfte. Schulleitungen können die an sie gestellten Anforderungen offenbar besser bewältigen als Lehrkräfte. Auch fühlen sich die Schulleitungen besser durch die Behörden unterstützt als die Lehrkräfte. „Das ist zunächst aus der Perspektive der Schulleitungen positiv und erfreulich. Allerdings ist auch an diesem Punkt ein differenzierter Blick notwendig, denn unter den Schulleitungen fühlen sich offenbar die Leitungen kleiner Grundschulen stärker belastet als ihre Kolleginnen und Kollegen an den weiterführenden Schulen. Insbesondere im administrativen Bereich müssen wir Grundschulleitungen entlasten“, schlussfolgert Heiligenstadt. Sie werde prüfen lassen, wie insbesondere bei der Vertragsgestaltung in Ganztagsschulen oder auch mit dem neuen Haushaltsüberwachungsverfahren Entlastungen zu erreichen seien.

Die weiteren Ergebnisse der Freiabfragen (sogenannte qualitative Ergebnisse) werden vom Niedersächsischen Kultusministerium ebenfalls so transparent behandelt wie die quantitativen Erkenntnisse aus dem ersten Bericht. Heiligenstadt: „Ich werde den wissenschaftlich moderierten Dialog zwischen dem Kultusministerium und den Schulleitungen und Lehrkräften konstruktiv fortsetzen. Für alle Beteiligten ist es wichtig, kommende Entscheidungen gut vorzubereiten und eine solide, sachgemäße Grundlage für Konsequenzen zu legen. Die Ergebnisse der Online-Befragung werden in dem Expertengremium zur Arbeitszeitanalyse, das ich im Herbst einsetzen werde, im Detail betrachtet und weiter analysiert werden.“

Den Fragebogen, eine Auswertung als Präsentation sowie einen umfangreichen Bericht der Leuphana-Universität Lüneburg finden Sie nebenstehend als Download.
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Artikel-Informationen

erstellt am:
29.08.2016

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

Nds. Kultusministerium
Pressesprecher
Hans-Böckler-Allee 5
30173 Hannover
Tel: 05 11/1 20-71 48

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