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Praxisbeispiele zur Umsetzung des Konzept ES

Mit viel Engagement haben die Schulen mit der Umsetzung des Konzept ES zum Umgang mit herausforderndem Verhalten vor Ort begonnen oder bereits bestehende schulische Projekte auf Grundlage des Konzepts ES angepasst und erweitert. Die hier sehr ausführlich dargestellten Beispiele aus Sicht der Schulen spiegeln nur einen Bruchteil der Vielfalt an Ideen wider, die bereits in Schule umgesetzt werden und haben durchaus exemplarischen und inspirierenden Charakter. Sie können als Anregung und Ideengeber weiteren Schulen dazu dienen, sich in Bezug auf die eigene Arbeit auf den Weg zu machen oder sich neu zu orientieren, ohne alles selbst neu erfinden zu müssen.

Übersicht:


  • Region Peine: KESS –„Konzept ES im Kontext der Schuleingangsphase im Landkreis Peine“

    RZI Peine (RLSB BS)

  • Grundschule: Beispiel einer SchiLF zum Werkzeugkoffer Konzept ES
    Grundschule Vorbrück Walsrode (RLSB Lüneburg)

  • Grundschule: Sozialkonzept „High Five“
    Findorff-Schule, Sassenburg (RLSB Braunschweig)

  • IGS: Erlebnispädagogik beim Sozialtraining oder einer für alle und alle für einen!
    IGS Badenstedt (RLSB Hannover)

  • Realschule: „Hurensohn“ als Alltagswort und „Mir doch egal, wie es den anderen geht!“ – Das Krämer Training bietet Antwortmöglichkeiten
    Dietrich-Bonhoeffer- Realschule – Hannover (RLSB Hannover)

  • Grundschule: „Mein Kind muss sich doch wehren …“
    Adolf-Grimme-Schule – Barsinghausen (RLSB Hannover)

  • Grundschule: Stark wie Pippi Langstrumpf – Resilienzförderung ganz entspannt
    Grundschule Resse – Wedemark (RLSB Hannover)

  • Grundschule: Präventionsarbeit
    Grundschule Lange Straße in Ganderkesee (RLSB Osnabrück)

  • IGS: Implementierung einer ES-Konzeption
    IGS Marienhafe-Moorhusen (RLSB Osnabrück)

Region Peine: KESS –„Konzept ES im Kontext der Schuleingangsphase im Landkreis Peine“

RZI Peine (RLSB BS)


Die Leitungen des RZI Peine initiieren mit dem Modell „Konzept ES im Kontext der Schuleingangsphase“ (KESS) ein am Konzept ES orientiertes, systembezogenes Unterstützungsangebot in den beteiligten Grundschulen. Im Fokus der Schuleingangsphase soll mit Unterstützung des Mobilen Dienstes ES eine Handlungssicherheit für die Planung und Umsetzung von Prävention und dem Umgang mit herausforderndem Verhalten geschaffen werden. Die Aufgabe das System Schule zu befähigen, der Entstehung von Bedarfen an sonderpädagogischer Unterstützung präventiv entgegenzuwirken, wird im Runderlass „Sonderpädagogische Beratung durch Mobile Dienste“ in den Mittelpunkt gestellt.

Bedeutsam ist daher die Ebene der universellen Prävention des Konzeptes ES, nach der schulinterne und externe Maßnahmen eine zugewandte und tragfähige Beziehungsgestaltung aller Lehrkräfte und der weiteren Fachkräfte im Kontext Schule mit den neu eingeschulten Schülerinnen und Schülern ermöglichen sollen.

Der Übergang vom vorschulischen Bereich in den Schulanfang sollte, in Bezug auf die vielfältigen Herausforderungen für die Mitarbeitenden in den Schulen, durch eine gute Vorbereitung begegnet werden.

Um die Bedarfe zu analysieren und gegenseitige Erwartungen an ein mögliches Unterstützungsmodell für die Schuleingangsphase zu ermitteln, erfolgte ein Austausch mit den Leitungen des RZI Peine, den Schulleitungen der Grundschulen im Stadtgebiet Peine sowie den Lehrkräften, die mit der Tätigkeit im Mobilen Dienst ES beauftragt sind.

Das RZI Peine beauftragt eben diese Lehrkräfte mit der Aufgabe der systembezogenen Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung des Konzepts ES, um vor und gleich zu Beginn des Schuljahres das schulische Personal zu stärken und zu sensibilisieren.

Hierzu werden die unten stehend möglichen Bausteine den teilnehmenden Grundschulen angeboten. Je nach Voraussetzung der einzelnen Schule sollen die Bausteine, die im Rahmen des Modells angeboten werden, passgenau von Seiten des RZI Peine und des Mobilen Dienstes ES beraten und durchgeführt werden.

In diesem Prozess werden bei Bedarf auch weitere externe Beratungssysteme (wie Fachberatung für Unterrichtsqualität (FBUQ), Schulentwicklungsberatung (SEB), Fachberatung Besondere Begabungen oder Angebote des NLQ und des Kompetenzzentrums für Lehrkräftefortbildung) mit einbezogen.

Unterstützenden Hilfen im Zuge der Prävention kommen allen Schülerinnen und Schülern, dem lehrenden und nichtlehrenden Personal der Grundschule zugute: Die präventiven Maßnahmen bringen allen Beteiligten mehr Handlungssicherheit im schulischen Alltag.

Die Rückmeldungen der Schulleitungen und weiteren beteiligten Mitarbeitenden zum durchgeführten Modell KESS zeigen die Wirksamkeit auch anhand der Fallzahlen, zu denen intensive individuelle Unterstützung und Beratung im weiteren Verlauf notwendig erscheint.

Modell KESS Bildrechte: RZI Peine (RLSB BS)
Modell KESS
Der Werkzeugkoffer zum Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen – Ein Werkzeugkoffer für alle an der Grundschule Vorbrück

Grundschule Vorbrück Walsrode


Die Fragestellung: "Welche pädagogischen Möglichkeiten und Werkzeuge stehen mir als Lehrkraft zur Verfügung, wenn es Schülerinnen und Schülern zunehmend schwerfällt, sich an Regeln zu halten?" steht zunehmend im Raum der Grundschule Vorbrück.

Zwar lassen sich viele herausfordernde Situationen im täglichen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern auf der Beziehungsebene lösen – aber auch nicht immer. Schwieriger gestaltet es sich jedoch für Mitarbeitende, die bestimmte Kinder nur selten im Unterricht haben oder sie lediglich aus Pausensituationen kennen. Da hört sich der Begriff „Werkzeugkoffer“ verführerisch an.

Zur intensiven Auseinandersetzung mit dem Werkzeugkoffer zum Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen des Niedersächsischen Kultusministeriums und der zugrundeliegenden Fragestellung, hat die Grundschule Vorbrück einen schulinternen Fortbildungstag für das gesamte schulische Personal organisiert. Die Intention dabei war es, in einen fachlichen Austausch zu gehen, eine gemeinsame „Sprache“ zu entwickeln und die Handlungssicherheit -auch für neue Mitarbeitende- zu erhöhen.

Auftakt des Fortbildungstages bildete der Impulsvortrag des Fachtages ES vom 16.09.2022 mit Herrn Prof. Dr. Vrban. Ein besonderer Schwerpunkt des Fortbildungstages lag auf den ausgewählten Büchern der Fachliteraturliste des Werkzeugkoffers. Jede und jeder Mitarbeitende hatte die Möglichkeit, sich ein Buch auszuwählen und die ausgewählte Literatur mit Hilfe von Impulsfragen für alle so aufzubereiten, dass Inhalt und Zielsetzung des jeweiligen Buches deutlich wurden. Gleichzeitig galt es, Ideen und Anregungen herauszufiltern. Die Präsentation hat auch persönliche Schwerpunkte und Ansichten der einzelnen Mitarbeitenden sichtbar gemacht. Die ausgewählten und vorgestellten Titel stehen seitdem allen Lehrkräften und weiteren Fachkräften an der Grundschule Vorbrück zur weiteren Vertiefung zur Verfügung.

Im nächsten Schritt wurden die Ideen und Anregungen aus der Fachliteratur in Gruppenarbeit unter den Gesichtspunkten Prävention, akute Handlungsmöglichkeiten und nachhaltige Problemlösungen bearbeitet und zusammengeführt. So ist es von einem Werkzeugkoffer des Konzepts ES zu einem Werkzeugkoffer der Grundschule Vorbrück und letztlich zu einem „persönlichen Handwerkskoffer“ der einzelnen Mitarbeitenden gekommen.

Es sind einige nachhaltige Projekte aus diesen Ergebnissen entstanden, mit dem Ziel, die emotionalen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Dabei wird der Aspekt der Bewegung stärker berücksichtigt, sodass die Grundschule Vorbrück Förderstunden für Sport beantragte und ein psychomotorisches Angebot für ausgewählte Kinder eingeführt hat. Die etablierten Klassenratsmodelle werden fortlaufend evaluiert und optimiert. In einigen Klassen wurde die Idee einer Lobwand eingeführt.

Noch wichtiger als diese Projekte ist aber, dass eine Sensibilisierung aller Mitarbeitenden im Umgang mit Schülerinnen und Schülern stattgefunden hat. Diese hat zu einer Verbesserung der internen Kommunikation, der Abstimmung von Maßnahmen und zu mehr Handlungssicherheit im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen an der Grundschule Vorbrück geführt.

Sozialkonzept „High Five“

Findorff-Schule, Sassenburg

„Was braucht es, damit wir in der Findorff-Schule friedlich, respektvoll und in einer lernförderlichen Atmosphäre miteinander lernen, lehren und leben?“ Diese Frage stellten sich die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und das Team der Findorff-Schule im Herbst 2021. Als Antwort auf diese Frage wurde das Sozialkonzept „High Five“ entwickelt.

Dieses Sozialkonzept, bestehend aus den Bausteinen „Schulprogramm und Leitbild“, „Prävention“ und „Intervention“, ist ein Handlungsmodell und sorgt für alle an Schule beteiligten Personen für Handlungssicherheit, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit. Es macht die Haltung und Arbeitsweise des Teams der Findorff-Schule transparent.

Ein wichtiger Impulsgeber für den Baustein „Prävention“ war die Projektwoche „Gewaltfrei Lernen“ mit Sybille Wanders, die seit über 20 Jahren mit Kindern im Bereich Gewaltprävention arbeitet (www.sybillewanders.de). Die Kinder lernten, wie man sich in Konfliktsituationen durch die „Stopp-Regel in drei Schritten“ friedlich einigen kann, wie eine „Elefantenhaut“ vor Beleidigungen schützt oder wie man mit der „Wiedergutmachungssonne“ nach einem Streit wieder zueinander finden kann. Diese wichtigen Werkzeuge, Anregungen und Ideen hat die Findorff-Schule in ihr Konzept aufgenommen und lebt seitdem Tag für Tag das „Gewaltfreie Lernen“. Finanziert wurde das Projekt aus den Geldern des Aktionsprogramms „Startklar für die Zukunft“.

Im Bereich Intervention wird schwerpunktmäßig die „Findorff-Ampel“ eingesetzt (www.findorff-schule.de/unsere-findorff-ampel/). Durch die Findorff-Ampel ist es möglich, Fehlverhalten unmittelbar zu reflektieren bzw. anzuzeigen, wenn sich das Verhalten gebessert hat. Dabei ist eine klare Visualisierung sehr wichtig: In jedem Klassenraum befindet sich an der Tafel eine durch farbige Felder dargestellte Ampel mit vier „Lichtern“. Jeden Morgen stehen alle Kinder auf dem grünen Licht. Wenn sich ein Kind nicht an die vereinbarten Klassenregeln hält, wird es von Grün auf das gelbe Licht gesetzt. Bei einem erneuten Regelverstoß wird das Kind auf Orange gesetzt. Wenn sich das Kind nun im Laufe des Tages an die Klassenregeln hält und sein Verhalten verbessert, kann es auf der Ampel wieder nach oben gesetzt werden. Wenn ein Kind auf das rote Licht gesetzt wurde, gibt es eine Konsequenz aus dem Maßnahmenkatalog der Findorff-Schule.

Das „Modell der gestuften Interventionen“ zum Umgang mit herausforderndem Verhalten wird nun als weitere Handlungshilfe in das Sozialkonzept „High Five“ eingearbeitet und umgesetzt. Es ist ein weiterer wichtiger Baustein, um mit den Schülerinnen und Schülern im präventiven Bereich zu arbeiten, damit Interventionen möglichst überflüssig werden.

Die Findorff-Schule möchte mit ihrem Sozialkonzept „High Five“ ein fehlerfreundliches Miteinander schaffen, das auf Wiedergutmachung und Win-Win-Situationen setzt, statt auf Strafen und Sanktionen.

Findorff-Ampel Bildrechte: Findorff-Schule, Sassenburg

Erlebnispädagogik beim Sozialtraining oder einer für alle und alle für einen!

IGS Badenstedt

„Völlig fremde und gegen einander gleichgültige Menschen, wenn sie eine Zeitlang zusammenleben, kehren ihr Inneres wechselseitig heraus, und es muss eine gewisse Vertraulichkeit entstehen.“ (J. W. von Goethe)

Das moderne Miteinander wird vom Begriff „Teamwork“ geprägt, was deutlich zeigt, wie wichtig diese Kernkompetenz von allen Beteiligten wahrgenommen wird. Doch was macht die Teamarbeit erfolgreich und wie lassen sich die dazu passenden Fähigkeiten entwickeln? Auf der Suche nach einem gemeinsamen Ziel steht ein erfahrener Kooperationspartner KEJ (Kompetenzzentrum Erlebnispädagogik und Jugendarbeit e.V.) in allen herausfordernden Situationen den Lernenden sowie Lehrenden unterstützend zur Seite. Im Rahmen der Erlebnispädagogik und des sozialen Trainings werden Konflikte geklärt, durch gemeinsame Aktivitäten entstehen neue Handlungsmuster und Reflexion. Das Ziel von KEJ ist das soziale Miteinander in den Gruppen zu stärken sowie die individuelle und persönliche Förderung der Jugendlichen mit Hilfe von erfolgsversprechenden Aktivitäten zur Potentialsteigerung.

Die Schüler und Schülerinnen im 5. Jahrgang sind immer wieder von der immensen Auswahl der pädagogischen Spiele beim Sozialtraining begeistert. Das Angebot des KEJ ist riesig – von Gruppenspielen in der Schule bis zum Klettern im Seilgarten. Dabei stehen Spaß und Erleben ganz im Vordergrund! Die Jugendlichen erzählen gerne, was sie fasziniert – z.B. fördern „Mäusefallen“ Vertrauen, indem die Blindführung ohne einander zu berühren erfolgreich zum Ziel führt. Auch andere Spiele wie Seilspringen oder „Diamanten verstecken“ bleiben allen lebhaft in Erinnerung. Das intensive Erlebnispotential bietet den Lernenden und Lehrenden ungeahnte Möglichkeiten, einander auf neue Art zu begegnen – mit Wertschätzung, Achtung und Würdigung.

„Hurensohn“ als Alltagswort und „Mir doch egal, wie es den anderen geht!“ – Das Krämer Training bietet Antwortmöglichkeiten

Dietrich-Bonhoeffer- Realschule - Hannover

Verbale Aggressionen, Streitigkeiten, Prügeleien, fehlende Empathie – nach Wiederaufnahme des Regelunterrichts im Zuge der Corona-Pandemie haben wir, die Dietrich-Bonhoeffer-Realschule in Hannover realisieren müssen, dass das nun vermehrt zu unserem Alltag gehören wird.

Wir arbeiten seitdem daran, mit unseren Schülerinnen und Schülern wieder den Weg zum „WIR“ zu finden.

Im Rahmen des Aktionsprogramms „Startklar für die Zukunft“ konnten wir für den Bereich emotionales und soziales Lernen beim RLSB zusätzliche Fördermittel beantragen. Wir haben diese in eine Kooperation mit dem Anbieter Krämer Trainings aus Erftstadt in ein Anti-Gewalt-Training für die Jahrgangsstufen 6 bis 8 investiert.

Montagmorgen 08:15 Uhr: Fast alle Tische sind aus dem Klassenraum verschwunden und ein Stuhlkreis steht bereit. In der Mitte liegen Boxhandschuhe, ein Schlagstock, eine Schlagpratze, ein Igelball und ein Gummischwein, die von unseren Schülerinnen und Schülern neugierig beäugt werden. An der Tür begrüßen die Lehrkräfte und zwei zertifizierte systemische Anti-Gewalt-Trainerinnen und Trainer (SysAGT®) alle Schülerinnen und Schüler der Klasse. Eine neugierige Anspannung ist zu spüren.

Nach Ansage beginnen sich unsere Schülerinnen und Schüler durch den Raum zu bewegen. Respektvoller Austausch und eine kurze Reflexion folgen. Und dann wird gekämpft. Die erste Anspannung legt sich schnell. Es geht um respektvolles Messen nach Regeln und als pädagogische Disziplin. Ohne Schmerz, Verletzung oder Demütigung. Es wird viel gelacht, schnell entsteht eine gute Beziehung zum Trainerteam sowie in der gesamten Klasse. Auch die Lehrkräfte werden in einige Übungen mit einbezogen.

So haben sie die Chance, ihre Schülerinnen und Schüler einmal ganz anders wahrzunehmen, neue Ressourcen zu erkennen. Unsere Schülerinnen und Schüler wiederum erleben ihre Lehrkräfte in Bewegungseinheiten oder Übungen neu und haben gemeinsam mit ihnen Spaß. Es gibt im Training einfache, berechenbare und klare Regeln sowie bei Regelverstößen zeitnah eine wertschätzende Rückmeldung.

Die Klasse als Team wird immer wieder gefordert, knifflige Aufgaben zu lösen, sich in Vertrauen zu üben, sich aufeinander verlassen zu können und sich neu auszuprobieren: Jede Schülerin und jeder Schüler wird gesehen, ist wichtig, hat besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten und spielt eine wichtige Rolle im Team. Lernen durch „selber tun“, „selbst erkennen“ und „selber fühlen“ auf der Grundlage von Humor und Spaß ist die nachhaltigste Form der Weiterentwicklung. Das erleben die Schülerinnen und Schüler an den vier sehr kurzweiligen und ereignisreichen Vormittagen ebenso wie Provokation und Konfrontation mit eigenen Verhaltensmustern.

Bestehende Konflikte, Mobbing, Ausgrenzung und Rassismus sieht das Trainerteam als Herausforderung. Gut gelöste Konflikte sind ein Gewinn an Beziehung in der Klasse. Mobbing, Ausgrenzung und Rassismus „ploppen“ oft auf oder werden offen erlebbar. Das Krämer Training arbeitet sowohl intervenierend als auch präventiv. Im Verlauf der vier Trainingstage werden Klassenstrukturen aufgedeckt und miteinander wohlwollend aufgearbeitet. Konkret erlebte Situationen werden analysiert, nachgespielt und besprochen und durch die Klassengruppe bearbeitet. Wir haben Strukturen aufdecken können, die uns unsere Klassen sowie aufflammende oder bestehende Konflikte besser verstehen und bearbeiten lassen. Für uns als Schule ist das „Krämer-Training“ ein wirklicher Gewinn.

„Mein Kind muss sich doch wehren …“

Adolf-Grimme-Schule - Barsinghausen

Diesen Satz kennen alle in der Grundschule – und leider auch die Auswirkungen: Kleinste Missverständnisse führen zu unangemessenen Reaktionen oder werden sogar als Anlass für körperliche Gewalttätigkeiten genutzt. Bei Gefahren sind wir Lehrkräfte natürlich direkt gefordert, doch der weitaus größte Teil der Alltagsstreitigkeiten unter Schülerinnen und Schülern lässt sich anders und besser von ihnen selbst lösen. Dazu benötigen sie die notwendigen Fähigkeiten, sich selbst als kompetent handelnd und selbstwirksam zu erleben.

Vor 8 Jahren initiierte die damalige Sozialpädagogin der Adolf-Grimme-Schule das Projekt „Gewaltfrei Lernen“, organisierte Sponsoren und so startete das Projekt bei uns. Inzwischen ist es fester Bestandteil des Schuljahres und der Schulkultur. Der Titel des Projektes heißt inzwischen „!SocialSkills“ und wird von dem Verein „!Respect e.V.“ angeboten.

Bei dem Projekt geht es darum, an der Schule eine gemeinsame Vorgehensweise zum gewaltfreien Beenden von störenden Situationen zu etablieren – sich wehren zu können, ohne dadurch selbst zum Täter bzw. zur Täterin zu werden.

Zum Umgang mit nervigen oder störenden Situationen gibt es einen Dreischritt, der immer wieder in Spielszenen des Projektes geübt wird, damit die Schülerinnen und Schüler auch in der sprachlichen Äußerung sicher werden. Außerdem trainieren sie dadurch immer wieder gezielt die Anwendung:

1. „Stopp! Hör auf, ich will das nicht.“

2. „Stopp! Hör auf! Ich habe dir das schon einmal gesagt und gebe dir eine letzte Chance.“

3. „Ich habe dir schon zweimal gesagt, dass du aufhören sollst. Du hörst nicht auf mich. Ich gehe jetzt zur Aufsicht!“ Dann wendet er bzw. sie sich an die Aufsicht: „Ich habe … schon dreimal gesagt, dass er aufhören soll, doch er hört nicht auf mich. Ich brauche Ihre Hilfe.“

Die genaue Wortwahl ist nicht vorgeschrieben, sondern der wesentliche Inhalt und die 3 Schritte. Neben dem sprachlichen Teil wird ganz gezielt der nonverbale Anteil geübt, das selbstbewusste und coole Auftreten, ohne dabei zur Eskalation beizutragen.

Es wird auch das Agieren und Befreien in Situationen geübt, in denen sich Kinder hilflos fühlen könnten, weil sie zum Beispiel festgehalten werden. Dabei erleben die Schülerinnen und Schüler, dass sie immer handeln können. Dies ist eine ganz wesentliche Erfahrung für das Selbstbewusstsein und die Selbstsicherheit der Schülerinnen und Schüler auch außerhalb der Schule.

Inzwischen wird das Projekt auf der grünen Liste Prävention des Landespräventionsrates geführt und wir sagen genau das: „Ihr Kind muss sich richtig wehren – und kann das auch!“

Stark wie Pippi Langstrumpf – Resilienzförderung ganz entspannt

Grundschule Resse – Wedemark

Wer hat nicht direkt das Bild des lebenslustigen Mädchens vor Augen, das nicht nur durch körperliche Superkräfte beeindruckt, sondern auch mit seiner Fähigkeit, positiv mit schwierigen Lebensbedingungen umzugehen?

Und genau darauf zielt das Seminar, das im Rahmen des Aktionsprogrammes „Startklar für die Zukunft“ aus dem Sonderbudget „Projekte zur emotional-sozialen Stärkung“ finanziert wurde, ab.

Resilienz ist unmittelbar mit ganzheitlicher Bildung von Kindern verbunden und meint die Fähigkeit, mit Herausforderungen und Stress gesund umzugehen, Schwierigkeiten zu meistern und daran zu wachsen. Nicht erst durch die Auswirkung der Corona-Pandemie ist dieses Thema für uns von größter Wichtigkeit.

Christiane Hosemann (www.kidsrelax.de) als systemische Familientherapeutin und Verhaltenspädagogin führte das Seminar durch.

In der Schule wurde ein Raum mit Yoga-Matten ausgelegt, zentriert um einen liebevoll gestalteten Mittelpunkt, voller kleiner Kuscheldelphine, Kristallsteinen und vielen kleinen Filterfolien, durch die jedes Kind, wie durch ein „Zauberfenster“ die Edelsteine in allen Spektralfarben, bewundern konnte. Die Kinder wurden mit Duft und leiser Musik empfangen, jeder durfte seinen Platz finden.

In den darauffolgenden zwei Stunden durfte jede Klassengruppe Spiele und Rituale erproben, inspiriert von der Figur Pippi Langstrumpf, welche Resilienz fördern und zugleich bei Stress, Lampenfieber oder Unruhe zu Ruhe und Entlastung führen. Bei Mut-mach-Spielen, dem Pippi-Langstrumpf-Yoga-Morgen-Gruß, der Piraten-Massage oder der Stress-Schnapp-Maschine wurden die Selbstwirksamkeit und ein positives Selbstkonzept gestärkt. Die Kinder haben bewegte und stille Möglichkeiten erfahren, mit Stresssituationen umzugehen. Es wurden Übungen für ganz konkrete Situationen (zum Beispiel vor einer Klassenarbeit) durchgeführt.

Durch Befindlichkeitsabfragen wurden die Kinder in die Selbstreflexion eingeladen. Bei Fragen wie: „Wie findest Du Schokoladen-Eis?“ über „Wie findest du Klassenarbeiten?“ bis zu „Wie findest Du dich selbst?“ konnten die Kinder mit Hilfe des Daumenbarometers ihre Rückmeldung geben.

Was geschieht eigentlich in unserem Gehirn, wenn wir unter Druck geraten? Frau Hosemann hat mit Hilfe eines Stretch-Balles anschaulich und eindrücklich dargestellt, wie sich unser Gehirn unter Druck verkrampft und sich wieder löst und weitet, wenn wir es schaffen, zur Ruhe zu kommen. Die Kinder haben gelernt, wie sie sich mit ein paar Runden langsamer Sternen-Atmung selber beruhigen und Kraft tanken können.

Doch es ging nicht nur um Lernsituationen. Bei der Übung „Kotztüte“ wurde eine Papiertüte reihum gegeben und jedes Kind, das wollte, durfte vor der Klassengemeinschaft - oder auch in die Tüte geflüstert - loswerden, was es gerade belastet. Es sind viele sehr berührende Momente entstanden und auch wir Großen durften eindrücklich erleben, wie wichtig dieser Aspekt der Psychohygiene gerade auch im schulischen Kontext ist. Durch diese Übung erfahren Kinder, dass Schule ein Ort ist, in dem sie sich zeigen dürfen, mit allem, was dazu gehört.

Um das Erlernte auch nachhaltig in Unterrichtssituationen transferieren zu können, haben alle Lehrkräfte ein entsprechendes Hand-Out bekommen. Zusätzlich findet vertiefend eine SchilF mit Frau Hosemann statt.

Präventionsarbeit

Grundschule Lange Straße in Ganderkesee

Um das gute Schulklima und das respektvolle und friedliche Miteinander weiter zu stärken, führt die Grundschule Lange Straße Ganderkesee seit einigen Jahren vielfältige Präventionsprojekte durch, die für das Schulgemeinschaftsgefühl und die Schulatmosphäre nachhaltig und gewinnbringend sind. Neben vielen gewinnbringenden Projekten führt die Schule jedes Jahr das Präventionsprogramm „!Respect“ - !SocialSkills“ durch. Dieses fest im Schulalltag verankerte Projekt wird aktuell durch das Aktionsprogramm „Startklar für die Zukunft“ unterstützt und mit neuem Schwerpunkt „Achtsamkeit“ ergänzt. Das Projekt fördert ein positiv-starkes, selbstbewusstes Verhalten sowie respektvolles Auftreten der Kinder, das sich täglich auf dem Schulhof positiv bemerkbar macht.

Eher schüchterne Kinder sollen in ihrer Selbstbehauptung gestärkt werden – etwa durch die Schulung von Körperhaltung, Sprech- und Ausdrucksweise und im Rahmen kooperativer Übungen. Kinder, die manchmal noch Mühe haben, Konflikte den Schulregeln entsprechend zu lösen (mit Worten bzw. durch das Herbeiholen von Hilfe), erhalten mehr „Rüstzeug“ für gewaltfreie Konfliktlösungen.

!Respect fördert bewegungsreich und spielerisch

… die Teamfähigkeit (und damit das Klassen– und Schulklima),

… die Eigen- und Fremdwahrnehmung durch vielfältige Bewegungsaufgaben,

… die Selbstbehauptung in Konflikten mit geschickten Körperreaktionen,

… die Konfliktlösung über Aussprachen und Wiedergutmachung.

Auch das Einbinden der Eltern ist ein wichtiger Baustein. In jeder „!Respect – Projektwoche“ findet ein Info-Elternabend zu diesem Thema statt, um die Inhalte der schulischen Präventionsarbeit in die Familien zu bringen.


Implementierung einer ES-Konzeption

IGS Marienhafe-Moorhusen

Eine zunehmende Heterogenität in unseren Lerngruppen verquickt mit der Corona-Pandemie erforderte es, den Status quo unserer Erziehungsarbeit zu hinterfragen und sich den neuen Herausforderungen aktiv und ganzheitlich zu stellen. So entschieden wir uns, dem Thema Erziehung in unserer Schulentwicklung oberste Priorität einzuräumen. Wichtig war von Prozessbeginn an, dass sich das zu entwickelnde Konzept ganzheitlich in das bestehende Schulkonzept einbinden lässt. So wurden sowohl die Säulen Unterrichtsgestaltung, Klassenführung, Schulleben, Krisenintervention, Einzelfallmanagement als auch interpersonelle Kompetenzen, schulinterne Strukturen, Abläufe und Netzwerke in den Fokus genommen.

Unsere Arbeit orientiert sich an dem allgemein bekannten Dreieck, welches davon ausgeht, dass es eine breite Schülerschaft gibt, deren Erziehung sich im Wesentlichen mit universellen präventiven Mitteln vollziehen lässt. Ein weiterer, deutlich kleinerer Teil benötigt für die Erziehung sog. selektive Maßnahmen. Eine spezielle Gruppe von Schülerinnen und Schülern benötigt indizierte Maßnahmen. Das konsequente Anwenden von Maßnahmen einer Stufe hat jeweils positive Auswirkungen auf die Erziehung aller Schülerinnen und Schülern und somit auch stets eine präventive Wirkung.

Wir an unserer Schule haben daher das Anliegen, zukünftig mehr Energie und Erziehungsarbeit in den „unteren Teil des Dreiecks“ zu investieren, um weniger Energie in der „Spitze des Dreiecks“ aufbringen zu müssen. Beraten wurden wir im Entwicklungsprozess durch das für den Landkreis Aurich zuständige RZI. Für die erfolgte Inanspruchnahme externer Kompetenz konnten dankenswerterweise finanzielle Mittel aus dem Programm „Startklar für die Zukunft“ verwendet werden.

Im Folgenden werden einige „Tools“ exemplarisch vorgestellt:

Classroom-Management: Viele Konflikte und Erziehungsprobleme resultieren aus Unterrichtsstörungen. Diese zu minimieren und Unterricht effektiver werden zu lassen, ist Ziel des Classroom-Managements. Geplant ist daher eine Weiterbildung aller Lehrkräfte mit anschließendem Hospitationszirkel: Lehrkräfte besuchen sich wechselseitig im Unterricht unter vorher beschriebenen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Classroom-Management. In einer anschließenden Besprechung des Unterrichts werden diese beleuchtet.

Beobachtungsbögen/ Tokensysteme: Immer wieder ergeben Förderplanprozesse die Idee und Notwendigkeit, Beobachtungsbögen und Tokensysteme probeweise zu installieren. Eine Arbeitsgruppe erarbeitet einen Fundus an geeigneten Bögen/ Systemen und stellt diese zur Verfügung.

Fortbildung: Neben einem ohnehin bestehenden Fortbildungskonzept werden im Rahmen des Erziehungskonzeptes das Kollegium und Teilgruppen fortgebildet: Alle Jahrgänge erhalten drei halbtägige Fortbildungen zum Thema Gesprächsführung und Konfliktmanagement. Des Weiteren bilden sich die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in der Anwendung von Programmen wie „Ich schaff‘s“, „WOWW“, „No-Blame Approach“ fort. Die Programme sind jeweils evidenzbasiert. Darüber hinaus ist in Planung, die Schulsozialarbeit in der Mediation auszubilden. Ziel ist es, eine einheitlichere Form der Konfliktklärung (Methodik, Sprachgebrauch) zu verwenden. Ermöglicht wurde dieses Tool dank der Mittel aus dem Finanzpaket „Startklar für die Zukunft“.

Supervision: Durch die Beratungslehrkräfte der Schule ist geplant, Kolleginnen und Kollegen Supervision anzubieten. Eine entsprechende Ausbildung hierzu ist durch die Schulpsychologie der RLSB angedacht.

Förderkiste: Eine große Metallkiste soll jedem Jahrgang zur Verfügung gestellt werden mit niedrigschwelligem Material zur Verhaltensunterstützung. Geplant sind Hörschutzkapseln, Knetbälle, Sitzbälle, Time-Timer (Rückwärtslaufende Stoppuhren), zahlreiche Kooperationsspiele uvm.

WOWW“ (Working on What Works“): Das Programm WOWW bietet die Möglichkeit, geleitet durch dafür fortgebildete Personen, Klassen zu begleiten und unterstützen, erwünschtes, störungsfreieres Verhalten im Unterricht zu erlernen. Im Umfang von ca. 6 bis 10 Unterrichtsstunden begleitet ein „WOWW-Coach“ Lerngruppen während ihres regulären Unterrichts und identifiziert bereits bestehende Stärken Einzelner.


  Bildrechte: IGS Marienhafe-Moorhusen
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