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LT September-Plenum TOP 22: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 54


Ausschreibung und Auftragsvergabe beim Modellprojekt zur informellen Bürgerbeteiligung am Beispiel des Kooperativen Hortes (Teil 1)

Abgeordneter André Bock (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Die Leine-Zeitung berichtete am 22. Mai 2017 unter der Überschrift „Neustadt: Eltern fehlen Infos zum Kooperativen Hort“ folgendes:

„Um die geplante Einführung eines neuen Betreuungsmodells für Grundschulkinder bahnt sich ein Streit an. In der Michael-Ende-Grundschule sowie am Standort Mandelsloh/Helstorf sollen Jungen und Mädchen ab dem Schuljahr 2018 mit dem Konzept Kooperativer Hort betreut werden. Einige Eltern aber fühlen sich übergangen und schlecht informiert. ‚Wir haben bis heute keine direkten Infos über das Projekt vonseiten der Grundschule und des Stadtrates erhalten‘, sagt eine Mutter aus Esperke verärgert. Sie möchte aus Rücksicht auf ihr Kind namentlich nicht genannt werden. Ihre Kritik richte sich nicht grundsätzlich gegen geplante Ganztagsbetreuung, betont sie. Wie andere Eltern auch vermisse sie aber eine auf den Standort Mandelsloh/Helstorf zugeschnittene Abfrage zum Betreuungsbedarf. ‚Ich selbst brauche keine Ganztagsbetreuung für mein Kind. Und so geht es vielen‘, sagt sie. ‚Hier geht es scheinbar nicht um die Belange der Kinder, sondern um das Interesse, an geförderten Projekten beteiligt zu sein‘, kritisiert die Frau. In der dreizügigen verlässlichen Grundschule mit Außenstelle in Helstorf werden Jungen und Mädchen täglich bis 13 Uhr unterrichtet.“

In der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung - betreffend Drucksache 17/8326 - „Wie viel Geld hat die Landesregierung für Gutachten ausgegeben?“ vom 18. Juli 2017 ist für den Geschäftsbereich des MK eine Auftragsvergabe vom 15. Juni 2015 an die „Hammerbacher GmbH, Beratung und Projekte, Osnabrück“ aufgeführt. Durchgeführt werden sollte demzufolge ein „Modellprojekt zur informellen Bürgerbeteiligung“ am Beispiel des Kooperativen Hortes. Die Auftragssumme belief sich demnach auf 95 081 Euro.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Niedersächsische Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die frühzeitige informelle Bürgerbeteiligung zu einem nachhaltigen Bestandteil des Verwaltungshandelns in der Niedersächsischen Landesverwaltung zu machen. Bei Planungsvorhaben reicht eine ausschließlich formelle Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit innerhalb der verfahrensrechtlichen Vorgaben oftmals nicht aus, um eine aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger angemessene und frühzeitige Beteiligung an relevanten Planungsentscheidungen zu gewährleisten. Daher verfolgt die Landesregierung die Absicht, dass bei geeigneten und gesellschaftlich relevanten Planungsvorhaben die Bürgerinnen und Bürger - soweit möglich - bereits frühzeitig und in der Regel vor Beginn eines formalen Verfahrens in die erforderlichen Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden.

Als Präferenzmodell einer derartigen frühzeitigen informellen Bürgerbeteiligung hat die Landesregierung das Modell des Kooperativen Hortes ausgewählt. Inhaltlich geht es bei diesem Präferenzmodell um eine freiwillige zusätzliche Angebotsform der Jugendhilfe zur Zusammenführung von Ganztagsgrundschulen und Jugendhilfe. Vor dem Hintergrund des wachsenden gesellschaftlichen Bedarfs für ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote legt die Landesregierung einen ganz besonderen Schwerpunkt auf den Ausbau der Ganztagsschule und fördert diese Entwicklung auch im Bereich der Grundschule. Wichtige Ziele sind dabei der Abbau von Bildungsnachteilen, die Verbesserung der Chancengleichheit und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Bedarf für Hortangebote zusätzlich zu erweiterten Grundschulzeiten ist vorhanden. Die Berufstätigkeit vieler Eltern erfordert qualifizierte Betreuungsangebote für ihre Kinder während ganztägiger und ganzjähriger Erwerbszeiten, also auch nach Ende der Ganztagsgrundschule sowie während der Schulferien. Die Landesregierung hat diese Zusammenhänge als Handlungsfeld erkannt und als Lösungsansatz das Modellvorhaben Kooperativer Hort entwickelt, in dem eine engere Zusammenarbeit von Grundschule und Hort bis hin zur zeitlichen und personellen Verzahnung stattfinden kann.

Ziel des Präferenzprojektes war es, mit Modellkommunen, Eltern, Kindern und interessierten Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog darüber zu treten, welche Erwartungen und Bedürfnisse sie an die ganztägige Bildung und Betreuung ihrer Kinder im Grundschulalter haben. Dementsprechend fand in den beteiligten Modellkommunen u. a. eine Beteiligungsphase statt, in der in verschiedenen Workshops Grundschulkinder, Jugendliche mit Horterfahrung, Eltern sowie die pädagogischen Teams ihre Vorschläge für ein mögliches Modell des „Kooperativen Horts“ erarbeitet haben. Anschließende Arbeitskonferenzen, in denen die Ergebnisse der Workshops zusammengetragen wurden, komplementierten diesen ergebnisoffenen Beteiligungsprozess.

Dabei hat sich im Rahmen des Projektes gezeigt, dass die Eltern, die Schulträger sowie die Kinder- und Jugendhilfe der Kommunen ein außerordentlich hohes Interesse an einer engen personellen und räumlichen Verknüpfung zwischen Ganztagsgrundschule und Hortbetreuung haben, um einen möglichst reibungslosen und einfachen Übergang von Schule und Hort zu gewährleisten. Durch diese spezifische Ausgestaltung des Verfahrens haben die Bürgerinnen und Bürger von Seiten des Landes deutlich größere Mitgestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Einführung des Kooperativen Hortes erhalten. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger hatten dabei die Möglichkeit, an der diskursiv ausgerichteten Bürgerbeteiligung teilzunehmen. Die informelle Bürgerbeteiligung hat in einer frühen Phase angesetzt, um möglichst große Gestaltungsspielräume für die Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die Einführung des Kooperativen Hortes zu gewährleisten. In der Umsetzungsphase des Referenzprojektes wurde unter Berücksichtigung der Ergebnisse der informellen Bürgerbeteiligung die Einführung des Kooperativen Hortes als Modellvorhaben gem. § 11 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) vollzogen.

1.Ist die Auftragsvergabe an die Hammerbacher GmbH im Rahmen eines wettbewerblichen, also vergaberechtlichen Verfahrens erfolgt, oder wurden Vergleichsangebote eingeholt?

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Fragesteller stellvertretendes Mitglied des 24. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist. Damit besteht Zugang zu der vollständigen Vergabeakte über das Modellprojekt zur informellen Bürgerbeteiligung zum Kooperativen Hort. Die Akte ist mit der 11. Tranche an den Niedersächsischen Landtag übermittelt worden. Die Landtagsverwaltung hat den Akteneingang am 07.09.2017 bestätigt. Ein Informationsvorsprung der Landesregierung gegenüber dem Fragesteller ist insofern nicht vorhanden.

Im Übrigen ist die Vergabe entsprechend den Vorschriften der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) durchgeführt worden.

Der Auftragswert für die Leistung, die Gegenstand des Vergabeverfahrens war, betrug insgesamt 80.000 EUR (zzgl. MwSt.). Er lag damit unterhalb des seinerzeitigen EU-Schwellenwertes in Höhe von 207.000 EUR netto gem. § 2 Abs. 1 Vergabeverordnung (VGV - seinerzeitige Fassung). Weder die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) Abschnitt 2 noch die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) fanden damit Anwendung. Da es sich vorliegend um eine freiberufliche Leistung unterhalb der Wertgrenze gem. § 2 Abs. 1 VGV handelte, waren lediglich die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Landes anzuwenden.

Im Einklang mit den Vorgaben der LHO wurden daher im Rahmen einer freihändigen Vergabe drei geeignete Kommunikationsagenturen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Die Entscheidung über die Aufforderung der drei Anbieter zur Abgabe eines Angebotes erfolgte am 12.05.2015. Danach wurden die Aufforderungen verschickt. Lediglich ein Anbieter hat ein Angebot innerhalb der Angebotsfrist abgegeben. Einer der zum Angebot aufgeforderten Anbieter hat mitgeteilt, dass er aufgrund anderer Projekte derzeit über keine freien Kapazitäten verfüge. Der dritte Anbieter gab keine Rückmeldung.

Aufgrund der Kompetenz und Erfahrung des Anbieters, der ein Angebot abgegeben hat, sowie aufgrund des schlüssig vorgestellten Konzeptes wurde der Auftrag zur Organisation und Durchführung eines informellen Bürgerbeteiligungsprozesses zur Entwicklung eines „Kooperativen Hortes“ an die Hammerbacher GmbH vergeben. Die Auswahlentscheidung erfolgte am 12.06.2015. Die Entscheidung wurde am 15.06.2015 mitgeteilt. Der Vertrag wurde am 24.07.2015 unterzeichnet. Das gesamte Vergabeverfahren ist in der Vergabeakte dokumentiert.

2.Wenn nein: Aus welchen Gründen wurde auf eine Ausschreibung/Einholung von Vergleichsangeboten verzichtet?

Auf die Antwort zu 1. wird verwiesen.

3.Wenn ja: Aus welchen Gründen erhielt die Hammerbacher GmbH den Zuschlag bzw. den Auftrag, und ist dies dokumentiert worden?

Auf die Antwort zu 1. wird verwiesen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.09.2017

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