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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 20 der Landtagssitzung am 28.03.2019 - Dringliche Anfrage B90/Die GRÜNEN: Spart die Landesregierung das Erfolgsmodell „duale Berufsausbildung“ kaputt? - Drs. 18/3306


Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

die Antwort auf die suggestive Überschrift der Dringenden Anfrage ist ein klares „Nein“!

Gemeinsam mit unseren Partnern des „Bündnis Duale Berufsausbildung„ richten wir ab kommenden Montag die „Woche der Beruflichen Bildung“ aus. Dies ist ein starkes Zeichen für die Bedeutung, die diese Landesregierung der dualen Berufsausbildung zumisst. Ich darf Sie alle noch einmal herzlich einladen, sich an dieser Woche zu beteiligen und berufliche Ausbildungsstätten zu besuchen. Dies wird sicherlich den Blick für die Situation der beruflichen Bildung im Lande schärfen.

Eine gute berufliche Bildung ist ein Garant für die Stärke des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen und das Fundament für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung die berufliche Bildung weiter zu stärken. Berufliche und allgemeine Bildung sind gleichwertig.

Die Unterrichtsversorgung an den Berufsbildenden Schulen ist in der Tat nicht so, wie wir sie uns wünschen. Diese gilt es nachhaltig zu verbessern. Hier wird seit mehreren Jahren gegengesteuert und die eingeleiteten Veränderungen entfalten die Wirkung:

Seit der Einführung der koordinierten Stellenbewirtschaftung als flankierende Maßnahme an den berufsbildenden Schulen sind die Einstellungszahlen für Lehrkräfte deutlich angestiegen. Allein im vergangenen Jahr konnten an den berufsbildenden Schulen 546 neue Lehrkräfte eingestellt werden - eine sehr erfreuliche Zahl!

Im berufsbildenden Bereich wird jedoch nicht über den Wert der Unterrichtsversorgung gesteuert. Die berufsbildenden Schulen erhalten je nach ihrer Größe ein Budget an Lehrkräftesollstunden, das sie vor dem Hintergrund der vor Ort bestehenden Notwendigkeiten verantwortungsvoll einsetzen können. Sie müssen, sollen und können dabei auf die verschiedenen Anforderungen der ausbildenden Wirtschaft flexibel reagieren. Mit unseren Partnern im Bündnis für duale Berufsausbildung sind wir einig, dass die wohnortnahe Beschulung von Auszubildenden Präferenz genießt. Kleine Klassen in bestimmten Ausbildungsberufen werden vor allem im Interesse der ausbildenden Wirtschaft bewusst in Kauf genommen; auch wenn dadurch rein rechnerisch der Wert der Unterrichtsversorgung gesenkt wird. Genau aus diesem Grund wurde in der Koalitionsvereinbarung zwar von einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung gesprochen aber kein konkreter Zielwert angesetzt.

Anrede,

das von Ihnen benutzte Schlagwort der „reduzierten Ausgabereste“ ist zu korrigieren.

Den berufsbildenden Schulen werden wie bereits in den Vorjahren jeweils 90 Prozent der Ausgabereste in das neue Haushaltsjahr übertragen. Diese Reste entstehen dadurch, dass die berufsbildenden Schulen nicht die Gesamtheit der ihnen vom Land zugewiesenen Finanzmittel ausgeben sowie dem Umstand, dass vorhandene Planstellen unbesetzt bleiben. Wenn also eine berufsbildende Schule hohe Ausgaben getätigt hat und eine erfreulich hohe Anzahl an Lehrkräften eingestellt werden konnte, sinkt der verbleibende Ausgaberest. Eine Kürzung der Mittelzuweisung findet nicht statt.

Vor dem Hintergrund sehr hoher Ausgabereste wurde 2015 mit allen Beteiligten, und dazu zählen vor allem auch Schulleiterinnen und Schulleitern, Verbände und Gewerkschaften, vereinbart, 120 Planstellen länger als ursprünglich im Stellenplan vorgesehen auszufinanzieren. Diese stehen bis 2021 zur Verfügung.

Also auch hier: Es handelt sich nicht um eine einsame Entscheidung der Landesregierung, vielmehr wurde dies mit allen Akteuren einvernehmlich vereinbart.

Darüber hinaus ist es uns gelungen, für 30 Lehrkräfte mit dem Fach Deutsch, die im Rahmen des Schulversuchs SPRINT tätig waren, feste Planstellen und nochmals weitere 50 Planstellen aus SPRINT-Mitteln zu schaffen. Es wurden also 80 zusätzliche und feste Planstellen für Lehrkräfte geschaffen.

Das sukzessive Abschmelzen der Ausgabereste ist also bekannt, vereinbart und hat schließlich mit zu einer Verbesserung der Stellensituation an den berufsbildenden Schulen geführt.

Anrede,

der Schulversuch SPRINT war von vornherein, wie es das Wesen eines Schulversuchs ist, befristet angelegt. Im Rahmen dieses Schulversuchs wurden die Schulen in die Lage versetzt, befristet Personen zu beschäftigen, die die Schulen bei der sehr herausfordernden Aufgabe der Sprachförderung und Integration junger geflüchteter Menschen unterstützen. Dies ist auch mehr als gelungen.

Der Schulversuch SPRINT wird auch nicht ersatzlos auslaufen. Die Aufgabenstellung wird unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen in das Regelangebot der Beruflichen Bildung überführt.

Zu Frage 1:
Wie viele Stellen müssten an den berufsbildenden Schulen gegenüber dem derzeitigen Stand zusätzlich besetzt werden, um auf eine Unterrichtsversorgung von 100 % zu kommen?

Wie bereits ausgeführt, wird im berufsbildenden Bereich nicht über den Wert der Unterrichtsversorgung gesteuert.

Im laufenden Schuljahr 2018/2019 beträgt der Wert der Unterrichtsversorgung 90,7 Prozent, was eine erneute Steigerung um 1,3 Prozentpunkte bedeutet. Um eine rechnerische Unterrichtsversorgung von 100 Prozent zu erzielen, wären hierzu zusätzlich rund – aufgrund der unterschiedlichen Sollstunden von Fachpraxis- und Theorielehrkräften lässt sich die Zahl in diesem Rahmen nicht exakt ausweisen – 900 Lehrkräfte erforderlich, welche derzeit allerdings gar nicht zur Verfügung stehen.


Zu Frage 2:

Wie viele Stellen konnten aus der Verwendung von Restmitteln für die Weiterfinanzierung von eigentlich abzugebenden 120 Planstellen und der Weiterführung des Schulversuchs SPRINT insgesamt im Jahr 2019 zusätzlich finanziert werden, sodass die berufsbildenden Schulen entsprechend weniger Personal aus Restmitteln benötigen, um Lücken in der Unterrichtsversorgung zu überbrücken?

Im Jahr 2019 sind 120 Planstellen ganzjährig sowie 260 Planstellen aus dem Schulversuch SPRINT bis zum Ende des laufenden Schuljahres aus den übertragbaren Ausgaberesten zu finanzieren. Da die SPRINT-Ressourcen zusätzlich aber zeitlich begrenzt zur Verfügung gestellt werden, wurden sie nicht in die Unterrichtsversorgung eingerechnet. In Folge dessen müssen sie mit Abschluss des Modellversuches auch nicht herausgerechnet werden.

Zu Frage 3:

Wie viele für das Modellprojekt SPRINT eingestellte Kräfte können an den berufsbildenden Schulen nach Auslaufen nicht weiterbeschäftigt werden?

Da die Schülerinnen- und Schülerzahlen im Schulversuch SPRINT mittlerweile stark rückläufig sind, wurde die Entscheidung getroffen, ab kommendem Schuljahr die Beschulung junger Flüchtlinge im Regelschulsystem durchzuführen.

Grundsätzlich werden die erfragten Daten statistisch von den Schulen nicht erhoben, da der Schulversuch nicht in der Unterrichtsversorgung enthalten ist. Den Schulen stehen 260 Beschäftigungsmöglichkeiten bis zum Ende des laufenden Schuljahres zusätzlich zur Verfügung. Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, konnte bereits für 80 Lehrkräfte feste Planstellen realisiert werden. Für 200 weitere Personen die stundenweise tätig sind, sind Lösungen in der Bearbeitung.

Bei den im Rahmen von SPRINT Beschäftigten handelt es sich nicht nur um Lehrkräfte, sondern auch um Studierende, pensionierte Lehrkräfte und andere engagierte Personen. Aktuell findet eine Abfrage an den Schulen statt, um die Anzahl und Situation der Beschäftigten im Anschluss an SPRINT in Erfahrung zu bringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen Quereinstieg als Lehrkräfte erwägen, werden über die entsprechenden Möglichkeiten durch die Landesschulbehörde im Einzelfall beraten.

Sofern die persönlichen wie fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dürfte für diese Personen auch eine Einstellungsmöglichkeit gefunden werden. Dies wird aufgrund der Voraussetzungen nicht für alle Personen möglich sein. Allerdings wäre auch eine Verlängerung aufgrund der arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht möglich gewesen.


Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.03.2019

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

Nds. Kultusministerium
Pressesprecher
Hans-Böckler-Allee 5
30173 Hannover
Tel: 05 11/1 20-71 48
Fax: 05 11/1 20-74 51

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