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Rede des Kultusministers Grant Hendrik Tonne in der Landtagssitzung am 23.04.2020 zu TOP 10a „Schule zu Zeiten von Corona“

Dringliche Anfrage der FDP, Drs. 18/6296


Die Corona-Pandemie hat unser Leben erheblich verändert. Wir mussten erstmals in der Geschichte des Landes Niedersachsen flächendeckende Kita- und Schulschließungen verkünden, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Diese Maßnahme war notwendig, um die Anzahl der Neuinfektionen zu begrenzen.

Mein herzlicher Dank geht an alle Betroffenen, die die Herausforderungen der letzten Wochen angenommen und diese so konstruktiv umgesetzt haben.

Mit dem Bund-Länder-Beschluss der vergangenen Woche starten wir jetzt schrittweise in eine neue Phase. Es wird ein vorsichtiger und behutsamer Start sein, bei dem es Phasen des Lernens zu Hause und Phasen des Lernens in der Schule geben wird. Ein Hochfahren auf „Normalbetrieb“ wird nach heutigem Stand realistisch betrachtet noch für eine ganze Zeit nicht möglich sein.

Niedersachsen wird seine Schulen ab dem kommenden Montag zunächst für die Schülerinnen und Schüler wieder öffnen, die sich auf die Abitur- und Abschlussprüfungen vorbereiten. Ab dem 4. Mai sollen gestuft weitere Jahrgänge nach und nach in den Präsenzunterricht zurückkehren.

Alle Jahrgänge, die noch nicht wieder in der Schule sind, sowie alle Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation zu Hause bleiben müssen, werden seit gestern von ihren Lehrkräften für das Lernen zu Hause mit Aufgaben versorgt. Der Schwerpunkt soll dabei auf der Stärkung der Basiskompetenzen liegen. Es ist klar, dass das Lernen zu Hause den regulären schulischen Unterricht nicht vollwertig und vollumfänglich ersetzen kann. Gleichwohl besteht weiter die Schulpflicht und wir wollen erreichen, dass Schülerinnen und Schüler auch unter den derzeitigen Bedingungen ihre Kompetenzen festigen und erweitern können. Mögliche Nachteile für einzelne Lernende sollen dabei vermieden werden. Hier habe ich volles Vertrauen in die Kompetenz der niedersächsischen Lehrkräfte, die gerade in dieser schwierigen Zeit hervorragende Arbeit leisten.

Lernen unter Corona-Bedingungen bedeutet vor allem, dass der Infektionsschutz und die Hygiene- und Abstandsregeln auch in den Schulen eingehalten werden müssen. Für die Umsetzung der Hygienestandards in Schulen hat es daher Abstimmungsgespräche mit den Kommunalen Spitzenverbänden gegeben. Einen Musterhygieneplan haben wir gestern den Schulen zur Verfügung gestellt.

Zusammenfassend möchte ich an dieser Stelle daher nochmal ausführen, welche Eckpunkte jetzt gelten:

1. Seit gestern wird verbindlich zu Hause gelernt. Dazu gehören auch angeleitete Prüfungsvorbereitungen. Entsprechende Hinweise zu Lernzeiten, Inhalten und den Kommunikationswegen sind den Schulen zugegangen.

2. Die Prüfungen für das Abitur und die Abschlüsse des Sekundarbereiches I finden statt. Die Prüflinge gehen ab dem 27. April in ihre Schulen und widmen sich intensiven Prüfungsvorbereitungen.

3. Die Schulen öffnen am 4. Mai wieder schrittweise nach dem Prinzip „erst die Großen, dann die Kleinen“ in den jeweiligen Schulformen. Das gilt auch für die Abschlussklassen an den berufsbildenden Schulen.

4. Die Lehrkräfte werden ausschließlich geteilte, kleine Lerngruppen unterrichten.

5. Die Notbetreuung wird in allen Schulen und Kitas beibehalten und ausgeweitet.

Die Corona-Pandemie wird weiterhin Einfluss auf das Schul- und Bildungssystem haben. Gleichwohl bleibt es unsere Aufgabe, den Schul- und Bildungsbetrieb möglichst planbar zu halten und Verlässlichkeit zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

1. Wie werden die Lehrkräfte durch das Land bei der Erstellung der Aufgaben und der Aufbereitung der Unterrichtsinhalte sowie der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern unterstützt?

Das Erstellen von Aufgaben, die zum einen den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler sinnvoll voranbringen und zum anderen ihrem Lernstand und ihrem Alter angemessen sind sowie gleichzeitig die notwendige Differenzierung beinhalten, gehört zur Profession einer jeden Lehrkraft. Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Professionalität in der Ausbildung und schärfen sie in der gemeinsamen Arbeit der Fachkonferenzen sowie in entsprechenden Fortbildungen.

Zur Unterstützung in dieser besonderen Situation werden auf dem Portal lernenzuhause.nibis.de des Niedersächsischen Bildungsservers NiBiS sowohl für die Schülerinnen und Schüler Materialien zum selbstorganisierten Lernen angeboten als auch Online-Materialien und Linktipps für die Lehrkräfte zur Unterstützung ihres digital gestützten Unterrichts. An diesem Portalangebot arbeitet eine Vielzahl von Fachkräften, um das Angebot täglich zu erweitern.

In Niedersachsen nutzen zudem rund 1.000 weiterführende Schulen IServ, eine Kommunikations- und Arbeitsplattform, die auch den Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften erlaubt. Derzeit ist aufgrund der Corona-Krise außerdem beabsichtigt, die Nutzung des Prototyps der Niedersächsischen Bildungscloud kurzfristig auszuweiten. Mehr als 2.000 Schulen haben bereits ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet. Die Bildungscloud ist auch für digital weniger erfahrene Schulen geeignet und bietet datenschutzkonform u.a. einen klassenbezogenen Messenger, Videokonferenzen, Lerngruppen-, Aufgaben- und Dateiverwaltung sowie das gemeinsame Arbeiten an Dateien.

2. Wie stellt das Land die Umsetzung der notwendigen Hygienemaßnahmen in den Schulen sicher und unterstützt dabei die örtlichen Schulträger?

Der Schutz der Gesundheit der Schülerinnen und Schüler sowie aller Beschäftigten an den Schulen ist Voraussetzung dafür, dass die Wiederaufnahme des Schulbetriebs gelingt.

Das Kultusministerium gibt den Schulen daher einen Rahmenhygieneplan an die Hand, der die schuleigenen Hygienepläne für die Zeit der Pandemie ergänzt. Er ist mit den Schulträgern abgestimmt und ermöglicht eine praxisorientierte Umsetzung vor Ort durch Schulen und Schulträger.

Durch die Halbierung der Klassengrößen können die Hygiene- und Abstandsregeln einfacher eingehalten werden. Unverändert gilt, durch richtiges Händewaschen und den richtigen Schutz bei Niesen und Husten kann die Gefahr einer Ansteckung oder einer Weiterverbreitung des Corona-Virus effektiv verringert werden.

Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Unterrichtszeit wird nach derzeitigem Stand nicht als erforderlich erachtet. Für den Zeitraum der Schülerbeförderung und in Situationen, in denen die Abstandsregelungen nicht einzuhalten sind, gilt die allgemeine Verpflichtung einer Mund- und Nasenbedeckung.

3. Welche Möglichkeiten haben Eltern nach Auffassung der Landesregierung, eine Betreuung für ihre Kinder und ein soziales Leben ihrer Kinder sicherzustellen, wenn sie nicht in den erweiterten Kreis der Notbetreuung fallen?

Um das soziale Leben der Kinder sicherzustellen, die aktuell nicht in die Kindertagesstätten gehen können, sind Maßnahmen, wie z.B. die regelmäßige Kontaktpflege zwischen Eltern und Fachkräften der Einrichtung, Angebote von Mal-, Spiel- und Bastelvorschlägen sowie von gezielten Vorschlägen für „Vorschulkinder“, möglich und finden auch vielerorts statt.

Unser Ziel bleibt es natürlich, auch die Kindertagesstätten, sobald es möglich ist, wieder schrittweise in den Normalbetrieb zu überführen. Dies wird sicherlich nicht von einem Tag auf den anderen geschehen, sondern auch hier kann ich mir nur ein sukzessives Aufwachen vorstellen.

Entsprechende Überlegungen werden im Kultusministerium erarbeitet. Auch sind die Länder und der Bund hierzu in Gesprächen.

Auch für Schülerinnen und Schüler ist der Kontakt zur Schule und den Lehrerinnen und Lehrern wichtig.

Daher ist es unser Ziel, mit dem Stufenplan zur Wiederaufnahme des eingeschränkten Schulbetriebs möglichst für alle Schülerinnen und Schüler bis zu den Sommerferien Schule wieder zu ermöglichen.

Zur pädagogischen Begleitung des Lernens zu Hause stehen die Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern mit festen Sprechzeiten zur Verfügung. Die Schulen bieten darüber hinaus Präsenzzeiten an, in denen sich Schülerinnen und Schüler und auch Eltern durch die Schule beraten und unterstützen lassen können. Die Schule knüpft darüber hinaus aktiv mindestens einmal wöchentlich den Kontakt zu jeder Schülerin bzw. jedem Schüler. Damit wird sichergestellt, dass die Schülerinnen und Schüler in der Krisenzeit und während des weitgehenden direkten Kontaktverbots ein hohes Maß an sozialen Kontakten haben.

Wir prüfen laufend, welche weiteren Entlastungen künftig möglich sein werden, um die sozialen Kontaktmöglichkeiten, auf die Kinder und Jugendliche dringend angewiesen sind, zu vergrößern. Die Grenzen hierfür zeigt uns aber das Infektionsgeschehen täglich neu auf.

Mit der Öffnung der Kindertagespflege für die Notbetreuung von bis zu fünf Kindern konnten wir in dieser Woche eine weitere Möglichkeit der Betreuung und des sozialen Miteinanders schaffen.

Schule in Zeiten von Corona ist Schule in Krisenzeiten und die Auswirkungen der Pandemie auf unser Schul- und Bildungssystem müssen immer der aktuellen gesundheitspolitischen Lage und der Entwicklung des Infektionsgeschehens angepasst werden. Mit unseren Maßnahmen schaffen wir eine ausgewogene Balance zwischen Gesundheitsschutz und Bildung.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.04.2020

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