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Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Julia Willie Hamburg zu TOP 13 b der Landtagssitzung am 26.01.2023 - Dringliche Anfrage der CDU-Fraktion: Wie hält es die Kultusministerin mit den Wahlversprechen?

Drs. 19/00369




Es gilt das gesprochene Wort!


Anrede,

ich bedanke mich sehr herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie mir die Gelegenheit geben, zu unseren großen bildungspolitischen Vorhaben dieser neuen Legislaturperiode zu sprechen. Wir haben uns viel vorgenommen, um die Schulen, Lehrkräfte und allen voran unsere Schülerinnen und Schüler zu stärken. Dazu wollen wir die Rahmenbedingungen Schritt für Schritt verbessern.

Unsere Wahlversprechen und der Koalitionsvertrag sind dafür die Grundlage und diese nehme ich sehr ernst. Deshalb habe ich auch frühzeitig Fahrpläne und Verfahren für die großen Projekte auf den Weg gebracht. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben festgehalten, dass sie die Hebung der Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte nach A13, digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler auf den Weg bringen und dem Fachkräftemangel mit weiteren Maßnahmen begegnen wollen. Und all das werden wir auch tun!

Allen Beteiligten ist zudem klar, dass ein Koalitionsvertrag auf fünf Jahre angelegt ist und umfangreiche Prozesse auch in der dafür gebotenen Gründlichkeit vorzubereiten sind.

Anrede,

die Anhebung der Besoldung im Einstiegsamt für GHR-Lehrkräfte von A 12 auf A 13 wird im Kultusministerium derzeit intensiv vorbereitet. Die Vorbereitungen für eine schnellstmögliche Umsetzung laufen auf Hochtouren, dessen können Sie sich sicher sein.

Neben dem klaren politischen Willen zur Umsetzung dieser Maßnahme bedarf es aber auch einer sorgfältigen Planung, die den bestehenden rechtlichen Anforderungen genügen muss.

Das Vorhaben mag einfach klingen, ist aber im Detail hochkomplex. Die Anhebung der Besoldung einer Beamtengruppe führt zwangsläufig in bestimmten Fällen zu Verschiebungen und notwendigen Anpassungen im gesamten Besoldungsgefüge.

Anrede,

ein zweites wichtiges Ziel dieser Legislatur ist die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten, damit Schulkinder in Niedersachsen unabhängig vom finanziellen Hintergrund des Elternhauses gleiche Teilhabechancen an der Bildung in der digitalen Welt haben.

Aktuell werden die organisatorischen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen zur Umsetzung dieses Ziels geklärt. Zudem muss so ein Vorhaben insbesondere auch pädagogisch konzeptioniert werden. Lediglich Geräte zu bestellen, reicht nicht aus und ist nicht unser bildungspolitischer Anspruch.

Anrede,

im Koalitionsvertrag ebenfalls festgehalten ist das Ziel der Landesregierung, das Delta zu einer Unterrichtsversorgung von 100 Prozent schrittweise zu verringern. Den Schulen soll hierfür u. a. verstärkt die Möglichkeit gegeben werden, neben grundständig ausgebildeten Lehrkräften auch anderes Personal zur Unterstützung einzustellen. Die Schulbehörden in Niedersachsen haben bereits in den letzten Jahren auf Hochtouren gearbeitet, um mit der sehr schwierigen Lage umzugehen und so viele Lehrkräfte wie möglich einzustellen. Viele weitere Maßnahmen zur Lehrkräfte-Gewinnung wurden umgesetzt.

Durch erfolgreiche Einstellungsverfahren können in Niedersachsen seit Jahren mehr Lehrkräfte eingestellt werden, als aus dem Schuldienst ausscheiden, und wir verzeichnen einen Höchststand an Lehrerinnen und Lehrern im Land. Aber es sind eben auch die Zusatzbedarfe auf einem Höchststand. Und so können diese vielen Einstellungen die Entwicklungen nicht hinreichend kompensieren. Wir haben rund 25.000 Schülerinnen und Schüler mehr in den Schulen. Steigende Geburtenzahlen und verschobene Einschulungen – vermutlich aufgrund der Corona-Pandemie – sowie die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind die Ursachen.

Im Bereich der berufsbildenden Schulen haben erste Maßnahmen in Kooperation mit den Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium bereits greifen können. Die Unterrichtsversorgung konnte auf den höchsten Stand seit dem Schuljahr 2012/2013 gesteigert werden; und auch im laufenden Schuljahr wird sich diese positive Tendenz fortsetzen. Auch an den BBSen bleiben aber natürlich große Herausforderungen.

Klar ist für das Schulwesen insgesamt: Wir stehen am Anfang eines Umbruchs. Die aktuellen Herausforderungen werden sich nicht mit den alten Rezepten lösen lassen.

Mehr Schülerinnen und Schüler, eine deutlich heterogenere Schülerschaft, Ausweitung der Inklusion und längere Beschulungszeiten – dies alles sind Rahmenbedingungen, denen wir gerecht werden müssen und auch gerecht werden.

Wir verfolgen daher eine Strategie mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen.

Neben der Attraktivitätssteigerung durch A10/A13 und Entlastung durch mehr nicht-lehrendes Personal arbeitet die Landesregierung unter anderem sehr intensiv daran, durch eine Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung und eine Steigerung der Attraktivität des Lehrkräfteberufs den Kreis der qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber für die Schulen zu erweitern. Denn festzuhalten ist, dass trotz der positiven Entwicklungen der Lehrkräftemangel an den Schulen deutlich spürbar ist. Deshalb ist es wichtig, auch zu schauen, wie wir in Zeiten des Mangels jetzt wirksame Maßnahmen für den Übergang ergreifen können. Es gilt den Mangel kurzfristig zu mildern, mittelfristig Strukturen zu ändern, um den Mangel dann langfristig und strukturell zu beheben.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

Unter welchen konkreten Maßgaben erfolgt die besoldungsrechtliche Neubewertung von Ämtern aller Schulformen?

Anrede,

eine besoldungsrechtliche Neubewertung von Ämtern hat – wie in der Frage völlig korrekt dargestellt – alle Schulformen zu umfassen. Im Rahmen der laufenden Prüfung sind die Grundsätze der funktionsgerechten Besoldung und des beamtenrechtlichen Abstandsgebotes sowie die verfassungsrechtlich garantierten Grundsätze der Bestenauslese und des Gleichheitsgrundsatzes zu beachten. Es ist dabei die Gesamtheit aller Ämter zu betrachten. In welcher Form und in welchem Umfang diese Ämter anzupassen sind, wird das Ergebnis der derzeit stattfindenden Prüfung zeigen.

Nach dem Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung sind die von den Beamtinnen und Beamten konkret wahrgenommenen Funktionen sachgerecht zu bewerten und definierten Ämtern zuzuordnen. Jedes Amt ist wiederum nach seiner Wertigkeit einer Besoldungsgruppe zuzuordnen. Diese Bewertung ist nach den Vorgaben des Besoldungsgesetzes ebenfalls sachgerecht vorzunehmen.

Die Funktionen- und Ämterbewertung ist ausschließlich eine an objektiven Gegebenheiten ausgerichtete, sachbezogene Angelegenheit. Erwägungen, die für oder gegen Besoldungserhöhungen sprechen, können beispielsweise sein: gestiegene Anforderungen in der Ausbildung, vorliegend z. B. durch die veränderte Lehrkräfteausbildung („GHR 300“) und gestiegene Anforderungen bei der Ausübung des Berufs, wobei auch der Lehrkräftemangel zu berücksichtigen ist. Bei allen besoldungsrechtlichen Maßnahmen ist der dem Besoldungsgesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum (und dessen Grenzen) zu beachten.

Zu Frage 2:

Wie wird sichergestellt, dass allen Schülerinnen und Schülern digitale Endgeräte zur Verfügung gestellt werden, wenn sich die Auflage des DigitalPaktes 2.0 verzögert bzw. wenn über diesen nicht die Möglichkeit besteht, Schülerendgeräte zu fördern?

Anrede,

derzeit werden mit dem Bund intensive Verhandlungen bezüglich der Verwendung der Mittel aus dem DigitalPakt 2.0 geführt. Niedersachsen ist länderseits an den Verhandlungen beteiligt. Das Ergebnis dieser Verhandlungen bleibt zunächst abzuwarten, um den finanziellen Rahmen zur Umsetzung der Vereinbarung abstecken zu können.

Es ist zu früh, dem jetzt vorzugreifen.

Das Land, die Schulträger und die Schulen waren, wie Sie wissen, in den letzten Jahren natürlich nicht untätig und haben bereits diverse Maßnahmen auf den Weg gebracht.

Dadurch wird klar: wir starten nicht bei Null, sondern wir müssen und wir wollen auch die gewachsene Landschaft in den Schulen berücksichtigen. Bring-Your-Own-Device, Get-Your-Own-Device, Leihgeräte, verschiedene Modelle und Software: All das gilt es bei der Einführung zu berücksichtigen, auch, um die Schulen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Wir stellen deshalb derzeit einen Prozess auf, der die Praxis, die Schulträger und ihre Aufgaben sowie Einführungsszenarien berücksichtigt und vorbereitet. Natürlich kann man in der Vorbereitung nicht alleine auf Bundesmittel bauen, es wäre aber auch fahrlässig, anstehende Bundesprogramme im Sinne der haushalterischen Gestaltungsspielräume nicht mitzudenken.

Zu Frage 3:

Welche im o. g. Jahreswechselbrief angekündigten kurz-, mittel- und langfristigen Vorhaben sollen über die in der Vorbemerkung aufgeführten Maßnahmen hinaus umgesetzt werden, um zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen?

Anrede,

die Versorgung der öffentlichen allgemein bildenden Schulen mit Lehrkräften stellt aktuell nicht nur in Niedersachsen, sondern bundesweit eine beson­dere Herausforderung für Schulen und Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie auch die Eltern dar. Darüber haben wir an dieser Stelle schon häufig miteinander diskutiert und Sie kennen die Hintergründe.

Niedersachsen intensiviert deshalb die Bemühungen, alle Reserven zu nutzen, um zusätzliche Lehrkräfte-Stunden für die Schulen zu generieren und zusätzliches Personal zu gewinnen. Dabei versuchen wir, zusätzliche pädagogische Fachkräfte sowie Entlastungskräfte einzustellen. Das gelang in den letzten Jahren auch bereits – Unterstützungspersonal ist aus unseren Schulen nicht mehr wegzudenken. Gerade aus diesem Grund wollen wir hier einen Schwerpunkt setzen.

Im Jahreswechselbrief habe ich folgende Maßnahmen exemplarisch benannt, mit denen wir einerseits der derzeitigen Krankheitswelle in den Kollegien, andererseits aber auch ganz allgemein dem Fachkräftemangel begegnen wollen:

  • Kurzfristig stellen wir den Schulen ausreichend zusätzliche Mittel zur Verfügung, um Vertre­tungskräfte und anderes pädagogisches Fachpersonal zu beschäftigen – dies auch, um die Beschulung der zu uns gekommenen ukrainischen Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Damit können die kurzfristig angefallenen Bedarfe und Vertretungsbedarfe abgedeckt werden. Für diese befristeten Stellen werden insbesondere auch Studierende mit Bachelor und Pensionärinnen und Pensionäre ausgewählt. Darüber hinaus sind wir auch weiter darauf angewiesen, zusätzliches Personal über den Quereinstieg zu gewinnen. Wichtig ist dabei die Qualitätssicherung.

  • Die AG MK-MWK wird ihre Arbeit zur Planung des Lehrkräftebedarfs in Niedersachsen fortsetzen und intensivieren. Mein Haus legt hierzu jährlich eine aktualisierte Bedarfsprognose bis 2035 vor. Mittel- und langfristig soll daran gearbeitet werden, die Attraktivität des Lehrkräfteberufs insbesondere für die Schulen im Sekundarbereich I und für das Lehramt Sonderpädagogik zu steigern. Weiterhin müssen die bereits vorliegenden Erkenntnisse zur Steuerung der Studierendenströme aufgegriffen und umge­setzt werden.

  • Darüber hinaus entwickeln wir einen Prozess, damit wir den Schulen kurzfristig weitere Ressourcen für nicht-lehrendes Personal zur Verfügung stellen können, um im Sinne der multiprofessionellen Zusammenarbeit zusätzliche Verwaltungs- oder IT-Kräfte, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, therapeutische Fachkräfte und z. B. Musik- oder Kunstpädagoginnen und -pädagogen einzustellen.

Mit diesen Maßnahmen wollen wir auch in der momentan angespannten Lage Fachkräfte für unsere Schulen gewinnen und für Entlastung der Kollegien sorgen. Dies ist dann im Übrigen auch ein wichtiger Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des Lehrkräfteberufs.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Portrait einer Frau   Bildrechte: MK-Nds/Brauers

Julia Willie Hamburg

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.01.2023

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

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