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Erhalt der Schulvielfalt in Lüchow-Dannenberg

Abgeordnete Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Christian Dürr und Jörg Bode (FDP)


Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung


Vorbemerkung der Abgeordneten


Der Kreistag Lüchow-Dannenberg hat am 14. Dezember 2015 einen Prozess eingeleitet, dessen erklärtes Ziel es ist, am Standort Dannenberg eine Integrierte Gesamtschule (IGS) zu errichten. Da IGSen seit der Schulgesetznovelle 2015 andere Schulformen ersetzen können, befürchten Eltern und Schüler starke Nachteile, die sie in der Petition „für den Erhalt des Fritz-Reuter-Gymnasiums in Dannenberg (Elbe) und der vielfältigen Schullandschaft“ zum Ausdruck bringen. Sie befürchten u. a. die Schließung der Nicolas-Born-Oberschule in Dannenberg, der Bernhard-Varenius-Schule (Haupt- und Realschule) in Hitzacker und des Fritz-Reuter-Gymnasiums (FRG) in Dannenberg, da die prognostizierten Schülerzahlen eine zusätzlich IGS nicht zuließen, die IGS jedoch ersetzende Schulform ist. Darüber hinaus befürchten sie tägliche Wegzeiten zur Schule und zurück von über 150 Minuten plus Wartezeiten für all jene Schüler, die keine IGS besuchen wollen. Als problematisch werden auch die erhöhten Kosten der Schülerbeförderung bewertet, die in Niedersachsen ab der Oberstufe privat getragen werden und somit sowohl kommunale als auch private Haushalte belasten.


Vorbemerkung der Landesregierung


Der Kreistag des Landkreises Lüchow-Dannenberg hat in seiner Sitzung am 14.12.2015 folgenden Beschluss gefasst:


„Die Verwaltung wird beauftragt, eine Elternbefragung zur künftigen Gestaltung der Schullandschaft vorzubereiten und den Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen. Diese soll dann im Frühjahr 2016 durchgeführt werden.“


In der Begründung des entsprechenden Antrages zur Vorbereitung einer Elternbefragung zur künftigen Gestaltung der Schullandschaft in Lüchow-Dannenberg vom 02.11.2015 ist aufgeführt:


„Die Landesregierung hat das Schulgesetz geändert. Auf Grund der damit verbundenen veränderten Möglichkeiten für die Schulträger beraten auch in Lüchow-Dannenberg die Gremien dieses Thema. Außerdem wurde eine Begleitgruppe eingerichtet.


Zunächst werden Bereisungen von 2 Schulen (IGS Schaumburg und Campus Wedemark) und anschließend Info-Veranstaltungen durchgeführt. Damit sollen sich insbesondere die Eltern informieren können, die dann schließlich in einer Elternbefragung darüber abstimmen sollen, welche Schulformen sie sich wünschen.“


Nach § 106 Abs. 1 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) sind die kommunalen Schulträger verpflichtet, Schulen zu errichten, zu erweitern, einzuschränken, zusammenzulegen, zu teilen oder aufzuheben, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordert. Nach § 106 Abs. 2 und 3 NSchG sind die Schulträger berechtigt, Gesamtschulen und Oberschulen zu errichten, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt. Die Schulträger haben bei ihren schulorganisatorischen Entscheidungen nach den vorgenannten Bestimmungen u. a. das von ihnen zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen (§ 106 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 NSchG). Die Schulträgerschaft gehört zum eigenen Wirkungskreis der Schulträger (§ 101 Abs. 2 NSchG).


Mit dem o. a. Beschluss hat der Kreistag Lüchow-Dannenbergs ergebnisoffen festgelegt, eine Elternbefragung zur künftigen Gestaltung der Schullandschaft im Kreisgebiet durchzuführen. Weder wurde das Ziel formuliert, am Standort Dannenberg eine Gesamtschule zu errichten, noch Schulen anderer Schulformen aufzuheben. Es liegt somit seitens des Schulträgers weder ein Beschluss zur Durchführung einer bestimmten schulorganisatorischen Maßnahme nach § 106 Abs. 1 bis 3 NSchG vor, geschweige denn ein zu prüfender Antrag gemäß § 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG an die Niedersächsische Landesschulbehörde als zuständige Genehmigungsbehörde.


Die Schülerinnen und Schüler haben die Wahl zwischen den Schulformen, die zur Verfügung stehen (§ 59 Abs. 1 NSchG). Folgerichtig besteht nach § 114 NSchG die Beförderungs- oder Erstattungspflicht grundsätzlich für den Weg zur nächsten Schule der gewählten Schulform. Die Grenzen der Belastbarkeit im Rahmen der Schülerbeförderung werden vom Gesetzgeber mit dem unbestimmten Rechtsbegriff „unter zumutbaren Bedingungen“ definiert, im Übrigen im Schulgesetz aber nicht weiter beschrieben, weil diese Bedingungen nicht einheitlich und ohne Berücksichtigung der örtlichen oder regionalen Situation abgesteckt werden können.


1. Wie bewertet die Landesregierung die Frage einer möglichen Gefährdung der differenzierten Schulvielfalt durch Einführung einer IGS am Standort Dannenberg vor dem Hintergrund der prognostizierten Schülerzahlen?


Wie in der Vorbemerkung der Landesregierung ausgeführt, hat der Landkreis Lüchow-Dannenberg den Meinungsbildungsprozess über die künftige Schulstruktur im Kreisgebiet noch nicht abgeschlossen. Die Frage beruht ausweislich der Vorbemerkungen auf Spekulationen. Zu Spekulationen verhält sich die Landesregierung nicht.


2. Welche Wegzeiten erwartet die Landesregierung für Schüler im Kreis Lüchow-Dannenberg, die bei einer Schließung der o. g. weiterführenden Schulen auf Kosten einer neuen IGS weiterhin ein Gymnasium, eine Oberschule, eine Hauptschule oder eine Realschule besuchen wollen?


Die Schülerbeförderung gehört zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG). Nach der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis Lüchow-Dannenberg besteht ein Anspruch auf Beförderung zur nächsten Schule und zurück oder auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Schule für Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I der allgemein bildenden Schulen mehr als 3 km beträgt (§ 1 der Satzung).


Wie bereits dargestellt, beabsichtigt der Kreistag Lüchow-Dannenbergs, eine Elternbefragung zur künftigen Gestaltung der Schullandschaft im Kreisgebiet durchzuführen. Weder wurde das Ziel formuliert, am Standort Dannenberg eine Gesamtschule zu errichten, noch gibt es konkrete Pläne, Schulen anderer Schulformen aufzuheben. Die Elternbefragung ist vielmehr ergebnisoffen angelegt. Es obliegt sodann dem kommunalen Schulträger zu entscheiden, ob und wenn ja welche schulorganisatorischen Maßnahmen angestrebt werden sollen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind daher Aussagen zu etwaigen künftigen Veränderungen der Wegezeiten rein spekulativ. An derartigen Spekulationen beteiligt sich die Landesregierung aus Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung und vor der Willenskundgabe der Erziehungsberechtigten, die ihre Präferenzen im Rahmen der Elternbefragung äußern können, nicht.


3. Plant die Landesregierung die Übernahme der Schülerbeförderungskosten, wenn durch die Ersetzung von Gymnasien, Oberschulen und anderen Schulen durch IGSen die Beförderungskosten für Kommunen und Familien ansteigen und, wenn nicht, warum nicht?


Da die schulorganisatorischen Entscheidungen nach § 106 NSchG zum eigenen Wirkungskreis der Schulträger gehören (§ 101 Abs. 2 NSchG), sieht die Landesregierung für eine Übernahme der Schülerbeförderungskosten keine Veranlassung.

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.02.2016

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