Nds. Kultusministerium Niedersachsen klar Logo

Überarbeitetes Kita-Gesetz: Mehr Freiräume könnten Lage entspannen

Kultusministerin kommentiert Fraktions-Pläne für NKiTaG


Frühkindliche Bildung ist elementar und legt die Grundlagen für den weiteren Bildungsweg. Doch bundesweit erleben wir aktuell einen Fachkräftemangel, der in der frühkindlichen Bildung besonders gravierend ist. Während die Nachfrage nach Kindertagesbetreuung anhaltend hoch ist, wachsen zugleich die Anforderungen an die Einrichtungen und die dort tätigen Fachkräfte, um den umfassenden Bildungsauftrag im vorschulischen Bereich zu erfüllen und eine verlässliche Betreuung für Eltern zu ermöglichen.
Die Fachkräftesituation in Niedersachsen ist somit derzeit die größte Herausforderung für die Kindertagesstätten. Und das betrifft alle Zuständigkeitsebenen: Der Bund setzt die rechtlichen Grundlagen (u.a. Rechtsanspruch, Kinderschutz und Förderzeiten), das Land schafft mit seinem Gesetz den Rahmen für Mindestanforderungen – umgesetzt und verantwortet wird dieser Bereich jedoch letztendlich durch die kommunale Jugendhilfe vor Ort und die Träger der Kindertageseinrichtungen.
Entscheidend sei daher ein Zusammenwirken aller Ebenen, betont Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg: „Wir stehen gemeinsam in der Verantwortung, die Zeit des Fachkräftemangels bestmöglich zu managen, verlässliche Betreuung und frühkindliche Bildung zu sichern und gleichzeitig alle Hebel in Bewegung zu setzen, um neue Fachkräfte zu gewinnen.“
Die Ministerin begrüßt angesichts dieser Herausforderungen für die Kindertagesbetreuung, dass die regierungstragenden Fraktionen (SPD und Grüne) zur nächsten Sitzung des Landtages einen Entwurf für ein geändertes Kindertagesstättengesetz (NKiTaG) vorlegen.

Die Änderungen des Gesetzes sollen demnach zum 1. August dieses Jahres in Kraft treten. Mit einem Gesamtpaket würden der verantwortlichen kommunalen Jugendhilfe vor Ort sowie den Trägern zeitlich befristet mehr Möglichkeiten, Freiräume und Handlungsspielräume eingeräumt, um Verlässlichkeit und Planung auch in Zeiten des Fachkräftemangels bestmöglich zu gewährleisten. Dazu sagt Hamburg: „Alle geplanten Maßnahmen sind ein Spagat, der es leisten muss, dem Kinderschutz und einer guten Entwicklung der Kinder Rechnung zu tragen, die Einrichtungen offen zu halten und verlässliche Betreuungszeiten anzubieten und die Fachkräfte in den Einrichtungen weiter zu binden, indem wir ihnen klare Perspektiven aufzeigen.“

Das sind die zentralen Änderungsvorschläge:
  • Qualifizierung von erfahrenen Assistenzkräften zur Gruppenleitung: Stehen auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend pädagogische Fachkräfte zur Verfügung, so kann in einer Kindergartengruppe, einer Hortgruppe und einer altersstufenübergreifenden Gruppe bis zum Ablauf des 31.07.2030 anstelle der pädagogischen Fachkraft unter bestimmten Bedingungen eine pädagogische Assistenzkraft regelmäßig tätig sein. Vorausgesetzt: sie beginnt eine hierfür entwickelte Weiterbildung. Der Einsatz dieser Kräfte ist direkt ab dem Zeitpunkt des Beginns der Qualifikationsmaßnahme möglich.

  • Geeignetes Personal für ergänzende Betreuungszeiten: Bis zum Ablauf des 31. Juli 2026 wird die Betreuung in Randzeiten flexibilisiert, indem zwei pädagogische Assistenzkräfte eingesetzt werden dürfen, wenn auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend pädagogische Fachkräfte zur Verfügung stehen. Diese Regelung unterstützt die Aufrechterhaltung des Betriebs und dient der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zudem ist es bis zum 31.07.2026 vor und nach den Kern- und Randzeiten ausreichend, wenn in einer Gruppe eine pädagogische Assistenzkraft und eine sonstige geeignete Person gleichzeitig anwesend sind. Voraussetzung ist, dass in der Kindertagesstätte eine weitere pädagogische Kraft bei Bedarf zur Verfügung steht. Der Träger erhält auch in dieser Zeit befristet ausnahmsweise auch für die sonstige geeignete Person Finanzhilfe. Diese Maßnahmen sollen Trägern die Flexibilität einräumen, verkürzte Öffnungszeiten zu vermeiden.

  • Anzeigepflicht statt Genehmigungspflicht: Zudem wird die Genehmigungspflicht für den Einsatz zweier pädagogischer Assistenzkräfte im Einzelfall durch eine Anzeigepflicht ersetzt. Hierdurch wird das Verfahren verschlankt und dadurch Verwaltungsaufwand in den Einrichtungen und beim Landesjugendamt reduziert.

  • Erweiterung der Vertretungsregelung: Die Möglichkeit, in unvorhersehbaren Fällen eine geeignete Vertretungsperson für bis zu fünf Tage je Kalendermonat und Gruppe einzusetzen, wird befristet bis zum 31. Juli 2026 ausgeweitet. Damit wird eine flexible Reaktion auf personelle Engpässe ermöglicht und der kontinuierliche Betrieb der Einrichtungen gesichert. Ein Viertel aller Betreuungstage kann somit vertreten werden, bei einer viergruppigen Kita ermöglicht das, eine Kraft für Vertretungen vorzuhalten.

  • Verlängerung der Übergangsregelung für Großtagespflege bis zum 31.07.2028: Einige Regionen setzen stark auf Großtagespflegestellen, doch einige von ihnen können die Voraussetzungen für die Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen noch nicht gewährleisten. Vor dem Hintergrund sollen diese Einrichtungen letztmalig mehr Zeit erhalten, die Gruppenzusammensetzung zu ändern oder Konzepte zu entwickeln, die mit weniger kleinen Kindern funktionieren: Die Übergangsfrist bei der Zusammenarbeit von Kindertagespflegepersonen wird befristet verlängert.

  • Dritte Kraft in Krippengruppen: Der Einsatz dritter Kräfte in Krippengruppen wird nicht weiter verschoben. Viele Träger haben ohnehin schon eine dritte Kraft bei den Kindern unter drei Jahren. Dennoch wird auch hier dem Umstand des Fachkräftemangels Rechnung getragen, um eine pragmatische Organisation vor Ort zu ermöglichen. Stehen auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend dritte Kräfte zur Verfügung, kann bis zum 31.07.2026 von der verpflichtenden dritten Kraft in Krippengruppen abgesehen werden, ohne dass die Gruppe geschlossen werden muss.


Darüber hinaus wird das Kultusministerium in diesem Zusammenhang weitere Schritte veranlassen:

  • Auslaufen der Kita-Notverordnung: Angesichts der geplanten befristeten, strukturellen Maßnahmen lässt das Land die KiTa-Notverordnung nun auslaufen. Allerdings muss Kindern, die derzeit in Einrichtungen aufgrund der Verordnung aufgenommen wurden, nicht gekündigt werden. Insofern wird diesen Einrichtungen befristet einen Bestandsschutz gewährt.

  • Schaffung zusätzlicher Qualifizierungswege für Erstkräfte: Um attraktive Bedingungen für die Gewinnung von zusätzlichen Fachkräften zu ermöglichen, besteht seit dem 1.8.2023 die Möglichkeit der vergüteten Ausbildung in Teilzeit. Zudem können Kräfte, die noch keine ausgebildeten Erzieherinnen oder Sozialassistenten sind, zunächst befristet auf zwei Jahre in einer Kita arbeiten und sich berufsbegleitend weiterqualifizieren lassen. Ebenso können sich bereits berufserfahrene Sozialassistenten weiterqualifizieren lassen.

Abschließend betont Kultusministerin Hamburg: „Dieses Gesamtpaket ist ein wichtiger Beitrag, um gute und verlässliche Betreuung in den Kindertagesstätten zu gewährleisten. Es schafft den Spagat, Fachkräfte zu gewinnen und zu binden, die Qualität bestmöglich zu sichern und trotzdem den Mangel zu gestalten. Alle Maßnahmen eröffnen den Trägern die Möglichkeit, neue Kräfte einzustellen und zu Fachkräften zu qualifizieren oder vorhandene Kräfte zur Erzieherin weiter zu qualifizieren. Das zeigt deutlich auf: Diese flexiblen Lösungen, mit denen auf eine Notsituation verantwortungsvoll reagiert werden soll, sind befristet und arbeiten auf eine Zielperspektive für die frühkindliche Bildung mit guten Qualitätsstandards hin. Es ist elementar für die Zukunft der Kindertagesbetreuung in unserem Land, die Fachkräfte in den Einrichtungen zu halten und ihnen deshalb die Perspektive auf gute Qualitätsstandards und damit Arbeitsbedingungen zu eröffnen. Deshalb muss es weiter darum gehen, vor Ort die benötigten Fachkräfte auszubilden, sie für das Berufsfeld zu gewinnen und langfristig im Berufsfeld zu halten. Es ist besonders erfreulich, dass Niedersachsen bereits seit mehreren Jahren immer mehr Fachkräfte gewinnen kann. Aktuell haben wir 19.200 Sozialassistentinnen und Erzieherinnen in Aus- und Weiterbildung. Das sind so viele wie nie zuvor. Und wir arbeiten gezielt daran, weitere Zielgruppen zu erreichen.“
Portätfoto einer Frau   Bildrechte: MK

Julia Willie Hamburg

Artikel-Informationen

erstellt am:
12.04.2024

Ansprechpartner/in:
Ulrich Schubert

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln