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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne auf der Kommunalen Bildungskonferenz: „Lernen im digitalen Wandel – Herausforderung für Politik und Schule“


- Es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrter Herr Landrat Reuter, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Fthenakis, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Igel, meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich, dass Sie mich zu Ihrer Bildungs­konferenz im Rahmen der Didacta 2018 in Hannover eingeladen haben! Das Kultusministerium steht mit Ihnen als Vertreterinnen und Vertreter der Schulträger wie auch mit den Kommunalen Spitzenverbänden ja naturgemäß in vertrauensvollem und regelmäßigem Austausch zu unterschiedlichsten, auch schwierigen Themen in den Bereichen Bildung und Schule. So freue ich mich, dass Sie für den heutigen Bildungskongress das Lernen im digitalen Wandel als Schwerpunkt gewählt haben, der ja ein gemeinsames Anliegen des Bundes, der Länder und der Kommunen ist, das auch nur gemeinsam lösbar ist.

Die Koalitionsvereinbarung der neuen Niedersächsischen Landesregierung belegt, welch hohen Stellenwert wir der Digitalisierung insgesamt zuweisen. Uns ist wichtig, dass die Begleitung der digitalen Transformation in enger Abstimmung aller Fachressorts der Landesregierung mit dem Bund, den Kommunen und der Wirtschaft erfolgen soll. Es ist vorgesehen, die Koordinierung dieser Prozesse über das Wirtschaftsministerium zu vorzunehmen. Dazu soll bis zum Sommer 2018 der „Masterplan Digitalisierung“ erstellt werden, parallel dazu wird ein Einrichtungsgesetz beschlossen, das die Investitionen aus dem dafür vorgesehenen Sondervermögen regeln wird.

SPD und CDU wollen bis 2022 eine Milliarde Euro an Landesmitteln für diesen „Masterplan Digitalisierung“ zur Verfügung stellen, auch um den flächendeckenden Ausbau mit glasfaserbasierter Breitbandinfrastruktur zu beschleunigen und bis spätestens 2025 Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als einem Gigabit pro Sekunde im gesamten Landesgebiet zu ermöglichen. Aus dem Sondervermögen soll auch die Breitbandanbindung von öffentlichen Gebäuden und damit auch von Schulen erfolgen. Die Abstimmung darüber läuft derzeit.

In der Schule sollen die Grundlagen der digitalen Welt gelehrt werden. Dabei gilt: Es geht nicht nur um die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur und Hardware, sondern auch um pädagogische Konzepte für den Unterricht und für die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Nur die Verzahnung aller dieser Faktoren ermöglicht eine gelingende inhaltliche Implementierung in den Unterricht.

Damit bin ich beim Thema Ihres heutigen Kongresses. Ich begrüße sehr, dass Sie vom „Lernen im digitalen Wandel“ sprechen! Denn „digitale Bildung“ oder gar „Digitalisierung der Schule“ sind bildungspolitisch gar nicht gewollt, denn weder soll Bildung nur noch digital sein noch sollen Schule und Lernen nur noch auf digitale Technik ausgerichtet sein. Beim schulischen Lernen und Lehren in der Schule wird auch weiter der Mensch im Mittelpunkt stehen. Vielmehr geht es darum, Kinder und Jugendliche auf eine Gesellschaft und auf ein Berufsleben vorzubereiten, die zunehmend und immer stärker von Digitalisierung geprägt sein werden. Dabei geht es nicht nur um technische oder informatische Kompetenzen. Es geht ebenso um medienethische Fragen, um Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, um das kritische Entschlüsseln von fragwürdigen Botschaften im Netz. In der Schule gilt es daher, eine umfassende Medienkompetenz zu erwerben, und so spreche ich in diesem Zusammenhang auch gerne von „Medienbildung“ als ganzheitlicherem Begriff. Die parallel stattfindende rasante technische Entwicklung ist eine ganz besondere Herausforderung.

Ich möchte Ihnen kurz die Säulen vorstellen, auf denen in Niedersachsen das Lernen in der digitalen Welt basiert: Im Jahr 2016 wurde das Konzept „Medienkompetenz in Niedersachsen – Ziellinie 2020“ beschlossen. In diesem aktuell gültigen Konzept sind die Maßnahmen und Ziele formuliert, die das Lernen im digitalen Wandel von der frühkindlichen über die schulische Bildung bis hin zur Hochschulbildung und Erwachsenenbildung umfassen. Das Konzept ist entstanden durch das Netzwerk Medienkompetenz, in dem alle wesentlichen Akteurinnen und Akteure der Medienbildung auf Landesebene unter dem Dach der Staatskanzlei vertreten sind: nicht nur schulisch orientierte, sondern auch außerschulische Fachleute, so dass der sehr wichtige Austausch und die Vernetzung dieser Bereiche gewährleistet sind, damit die Aktivitäten nicht nebeneinander, sondern koordiniert verlaufen.

Die „Ziellinie 2020“ formuliert klare Ziele für das schulische Lernen im digitalen Wandel, wie

  • die verbindliche Integration von Medienbildung in die Kerncurricula aller Schulformen und Fächer, die sukzessive vorangetrieben wird.
  • verbindliche Qualifizierungsmaßnahmen für Mitglieder der Kerncurricula-Kommissionen, für ausbildende Lehrkräfte und Schulleitungen.
  • die Intensivierung der Lehrkräftequalifizierung auch mit neuen Fortbildungsformaten wie Online-Kursen und Blended Learning. Hier können wir in Niedersachsen zwar gute Teilnehmerzahlen vorweisen (allein 20000 Lehrkräfte im vergangenen Jahr), aber jüngste Studien belegen, dass die Zahl der Skeptiker nach wie vor hoch ist.
  • schuleigene Medienbildungskonzepte und Medienentwicklungspläne als integraler Bestandteil von Schulentwicklung
  • die flächendeckende Einführung von elternfinanzierten mobilen digitalen Endgeräten für die Schüler/innen weiterführender Schulen (BYOD – Bring Your Own Device) – unter Berücksichtigung der Teilhabe -
  • die flächendeckende Einführung von digitalen Lern- und Arbeitsumgebungen/ die Einrichtung einer Niedersächsischen Bildungscloud – hierzu gleich mehr -
  • die Sprachförderung mit digitalen Medien,
  • die Entwicklung von Empfehlungen zur Hardware-Ausstattung von Schulen, deren Vernetzung und zur Wartung der IT-Infrastruktur.
  • die Förderung der Medienkompetenz durch die Kooperation der Kammern und Wirtschaftsverbände im Bündnis Duale Berufsausbildung“ im Rahmen der „Fachkräfteinitiative Niedersachsen“
  • die Durchführung von Innovationsvorhaben im berufsbildenden Bereich zu den Themen „Digitalisierung in der Arbeitswelt - Industrie 4.0/Wirtschaft 4.0“ sowie „Lernen und Arbeiten 4.0 in der Berufsausbildung“;

An die „Ziellinie 2020“ ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen geknüpft, die alle landesweit tätigen Akteurinnen und Akteure in allen Bildungsbereichen von der frühkindlichen über die schulische Bildung und Hochschulbildung bis hin zur Erwachsenenbildung in Niedersachsen zur Medienbildung durchführen. Der Erwerb von Medienkompetenz ist durch den rasanten Wandel in diesem Bereich nämlich ein lebenslanger Lernprozess! Jetzt ist Halbzeit, und wir sollten gemeinsam zu einem Sprint ansetzen!


Über das Landeskonzept „Ziellinie 2020“ hinaus sind wir außerdem in der Planungsphase eines Robotik-Projekts mit sensitiven Robotern. Diese Roboter, die sozusagen mit den Menschen zusammenarbeiten, werden zukünftig in der Arbeitswelt zunehmend und vielfältig eingesetzt werden und stark an Bedeutung gewinnen. An ausgewählten Berufsschulen sollen diese sensitiven Roboter installiert und auch von allgemein bildenden Schulen programmiert und gesteuert werden können. Ein vergleichbares Projekt ist auch für den 3-D-Druck in Planung.

Die weitere, ganz wichtige Säule des schulischen Lernens im digitalen Wandel ist die Strategie der KMK zur „Bildung in der digitalen Welt“, die im Dezember 2016 beschlossen wurde. Mit ihr haben die Länder ein gemeinsames Konzept auf den Weg gebracht, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene die heute erforderliche Medienkompetenz erwerben.

Die KMK-Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ formuliert Kompetenzbereiche, die Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen und Schulformen in unterschiedlichen Niveaustufen erwerben sollten. Dazu gehören z. B. das Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren von Informationen, das Kommunizieren und Kooperieren, das Produzieren und Präsentieren, das Problemlösen und Handeln, aber auch das Schützen und sichere Agieren im Netz, die Reflexion des eigenen Handelns.

Diese Kompetenzbereiche finden sich im eben schon erwähnten niedersächsischen Orientierungsrahmen Medienbildung wieder, der kurz vor der Veröffentlichung steht. Dieser Orientierungsrahmen soll zum einen die Curriculum-Kommissionen dabei unterstützen, Medienbildung in den Lehrplänen aller Schulformen und Fächer fest zu verankern; er soll aber auch Lehrkräften und Schulen helfen, schuleigene Medienbildungs­konzepte zu entwickeln und gemeinsam mit Ihnen, den Schulträgern, Medienentwicklungspläne zu erstellen, die nachhaltig die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, die pädagogischen Konzepte mit Leben zu füllen. Vor Ort sind es die medienpäda­gogischen Beraterinnen und Berater, die die Schulen und auch Sie dabei unterstützen und beraten können. Sie bilden die dritte wichtige Säule der schulischen Medienbildung in Niedersachsen.

Die eben erwähnte KMK-Strategie wie auch das schon vor ihr entwickelte niedersächsische Landeskonzept streben an, dass mittelfristig alle Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen mit persönlichen, elternfinanzierten mobilen digitalen Endgeräten ausgestattet sind, wir sprechen von „Bring Your Own Device“. Viele Schulen in Niedersachsen – und damit auch Sie als Träger – haben sich diesbezüglich schon auf den Weg gemacht und/ oder haben Modellprojekte gestartet. Das mobile digitale Endgerät wird dabei als EIN Lernwerkzeug neben anderen gesehen und soll so zum alltäglichen Bestandteil von Unterricht in allen Fächern werden.

Es ist klar, dass die flächendeckende Ausstattung mit schülereigenen mobilen digitalen Endgeräten auch eine entsprechende moderne, leistungsstarke und nachhaltige Netzanbindung und schulinterne IT-Infrastruktur erforderlich macht, ohne die die Umsetzung der pädagogischen Konzepte nicht möglich ist.

Es ist hoffentlich auch bald erkennbar, ob die künftige neue Bundesregierung das Versprechen von Frau Bildungsministerin Prof. Fr. Wanka aus der letzten Wahlperiode einlösen und den „DigitalPakt#D“ umsetzen wird, mit dem der Bund die Netz- und IT-Infrastruktur aller Schulen in Deutschland über 5 Jahre ausbauen will. Nach aktuellen Äußerungen der Verhandlungspartner geht es nun um zunächst 3,5 Milliarden Euro für die kommende Legislaturperiode, die eine mögliche neue Bundesregierung investieren will. Als Land werden wir uns sowohl über die Kultusminister­konferenz wie auch über unseren Ministerpräsidenten weiter für die Realisierung dieses dringend nötigen Investitionsprogramms einsetzen. In welcher Form die Mittel den Ländern ggf. zugewiesen würden, ist noch nicht entschieden. Klar ist, dass die Förderung der IT-Infrastruktur von Schulen über den möglichen DigitalPakt in enger Abstimmung mit Ihnen als Träger erfolgen wird. Noch kann ich Ihnen verständlicherweise keine konkreten Zusagen oder Informationen zu diesem Förderprogramm liefern.

Aus dem zwischen der KMK und dem federführenden BMBF erarbeiteten Entwurf eines Eckpunktepapiers zum DigitalPakt geht hervor, dass 5% der Mittel für die dann dringend zu intensivierende, online-gestützte Lehrkräftequalifizierung fließen kann, ein weiterer Teil in die Entwicklung von Cloud-Lösungen.

Niedersachsen ist hier bereits auf einem guten Weg. 2016 wurde die Landesinitiative n-21 damit beauftragt, im Rahmen eines Pilotprojets die Niedersächsische Bildungscloud entwickeln zu lassen. 15 allgemein bildende und 10 berufsbildende Schulen sind an diesem Projekt beteiligt. Entstehen soll eine webbasierte kollaborative Lern- und Arbeitsumgebung, die Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften landesweit schulbezogenes, schulübergreifendes und schulformübergreifendes Arbeiten in einer datenschutzkonformen Cloud ermöglicht. Gerade gestern konnte ich hier auf der Didacta gemeinsam mit n-21 verkünden, dass diese nun in Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam entwickelt wird, das im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an einer länderübergreifenden Schulcloud-Lösung arbeitet. Ab 2020 werden wird dann entschieden, in welcher Form diese Cloud als Angebot für die Schulen in die Fläche gehen kann. Bei einer erfolgreichen Umsetzung wird eine solche Cloudlösung – wie das „Bring-Your-Own-Device“-Prinzip überhaupt – die IT-Infrastruktur an Schulen deutlich verändern und neue Modelle der Systembetreuung erfordern. Auch hier werden das Land und die Kommunen eng zusammenarbeiten müssen.

Die Aufgabe ist, jungen Menschen durch das Lernen im digitalen Wandel die kompetente Teilhabe an einer von Digitalisierung geprägten Gesellschaft und Arbeitswelt zu ermöglichen. Ich betrachte dies als eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und der Wirtschaft. Nur dann können wir die Herausforderung meistern. Dass sie heute hier an diesem Kongress teilnehmen, zeigt, dass Sie mit im Boot sind und wie wichtig Ihnen als Schulträger diese Aufgabe ist. Dafür danke ich Ihnen sehr und hoffe, dass wir gemeinsam in den kommenden Jahren ein großes Stück vorankommen, um den digitalen Wandel in der Schule angemessen begleiten und unterstützen zu können.

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.02.2018

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

Nds. Kultusministerium
Pressesprecher
Hans-Böckler-Allee 5
30173 Hannover
Tel: 05 11/1 20-71 48
Fax: 05 11/1 20-74 51

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