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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 8 a der Landtagssitzung am 07.12.2021

Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: „Vierte Corona-Welle: Was wurde im Jahr 2021 zur Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Schulverkehr getan?“



Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

die Situation bei der Schülerbeförderung wird durch alle Beteiligten – Landesregierung, Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen – fortlaufend beobachtet und analysiert, um zu erkennen, wo Maßnahmen zur Entzerrung der Schülerverkehre während der Corona-Pandemie bereits erfolgreich umgesetzt wurden und wo mit weiteren Maßnahmen der Infektionsschutz auf dem Schulweg noch verbessert werden kann. Hierfür kommen der Einsatz von Verstärkerbussen der Verkehrsbetriebe, von zusätzlichen Reisebussen oder eine Staffelung der Unterrichtszeiten mit dem Ziel einer weiteren Entzerrung der Schülerbeförderung in Betracht.

Die schulfachlichen Dezernentinnen und Dezernenten der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) stehen zu diesem Zweck vor Ort mit allen Beteiligten – Schulen, Trägern der Schülerbeförderung, Schulträgern und ÖPNV-Aufgabenträgern – intensiv in Kontakt. Die Landesregierung lässt sich über die Situation vor Ort regelmäßig berichten. Wo Probleme in der Schülerbeförderung bekannt werden, werden diese mit allen Beteiligten vor Ort erörtert und wird für die Situation eine jeweils passende Lösung gesucht.

Das Land unterstützt darüber hinaus die Aufgabenträger des ÖPNV finanziell im Zeitraum vom Ende der Herbstferien letzten Jahres am 26.10.2020 bis zum 31.12.2021. Die zusätzlichen Landesmittel in Höhe von 30 Millionen Euro können für zusätzliche Schutzmaßnahmen in den Verkehrsmitteln oder Investitionen zur Erhöhung der Platzkapazitäten, zum Einsatz von mehr Fahrzeugen zu den Hauptverkehrszeiten und sonstige Maßnahmen des Infektionsschutzes für die Fahrgäste eingesetzt werden. Es wurden breite und möglichst flexible Verwendungsmöglichkeiten eröffnet. Die Landesregierung prüft gegenwärtig, ob eine Förderung über das Jahr 2021 hinaus erfolgen kann.

Darüber hinaus erhalten die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger, die grundsätzlich auch Träger der Schülerbeförderung sind, im Rahmen der ÖPNV-Finanzierung pauschale zweckgebundene Finanzhilfen. Diese können auch für die Bestellung von zusätzlichen ÖPNV-Betriebsleistungen (Bussen) verwendet werden, um insgesamt eine Kapazitätsausweitung in den Bussen zu erhalten. Soweit die Schülerbeförderung als ÖPNV erfolgt, sind somit auch Kapazitätsausweitungen bei der Schülerbeförderung mit bereits vorhandenen Mitteln finanzierbar.

Die genannten Maßnahmen tragen dazu bei, die ÖPNV-Aufgabenträger zu unterstützen und die Auslastung der Busse zu reduzieren.

Anrede,

zusätzlich zu den allgemeinen Hygieneregeln sowie der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske oder einer FFP 2-Maske im ÖPNV stellt die verpflichtende Selbsttestung dreimal pro Woche für Schülerinnen und Schüler zu Hause – also vor Antritt des Schulweges – sicher, dass auf dem Schulweg und in der Schule das Risiko einer Ansteckung mit Sars-COV-2 weiter reduziert wird. So können im Idealfall Infektionen von Schülerinnen und Schülern, die noch keine typischen Symptome zeigen, durch einen positiven Laientest frühzeitig vor Antritt der Fahrt erkannt werden.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:


1. Liegen der Landesregierung Hinweise auf überfüllte Schulbusse im Herbst 2021 vor bzw. Hinweise darauf, dass Schüler*innen aufgrund von überfüllten Schulbussen nicht in der Lage waren, den nötigen Abstand einzuhalten, um die Ansteckungsgefahr mit Covid-19 zu reduzieren? Wenn ja, in welchem Umfang und in welchen Landkreisen?


Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, hat die Landesregierung über die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung aktiv den Austausch mit allen Beteiligten vor Ort geführt, um den Schülertransport durch unterschiedliche Maßnahmen zu entzerren. Was vor Ort für die jeweilige Situation zielführend ist, kann – wie dargestellt – unterschiedlich sein. Es kommt auch hier auf den Mix an Maßnahmen an. Alles, was vonseiten der Landesregierung sinnvollerweise beeinflusst werden kann, um zu einer Entlastung des Schülertransports beizutragen, wird entsprechend in die Wege geleitet.

Die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung berichten regelmäßig umfassend über die Situation vor Ort sowie über die gefundenen Lösungsansätze.


2. Ist nach Ansicht der Landesregierung die Ansteckungsgefahr mit Covid-19 für Schüler*innen in Schulbussen gleichwertig, höher, oder niedriger im Vergleich zur Situation in den Klassenräumen?


Die Fraunhofer-Gesellschaft stellt im Abschlussbericht einer sechsmonatigen Studie mit dem Titel „Risikoeinschätzung zur Ansteckungsgefahr mit COVID-19 im Schienenpersonen- sowie im Straßenpersonennah- und -fernverkehr“ aus dem Sommer 2021 fest: „Es wird angenommen, dass die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln bisher zum gesamten Infektionsgeschehen in Deutschland nur einen geringeren Beitrag lieferte, verglichen mit anderen Infektionsorten wie dem häuslichen Umfeld oder dem Pflegebereich.“

Nach einem epidemiologischen Studienbericht zur Untersuchung des Corona-Infektionsrisikos im ÖPNV der Charité Research Organisation (CRO) aus dem Mai 2021 besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko für ÖPNV-Nutzerinnen und Nutzer gegenüber Individualverkehrsnutzern. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen wurde festgestellt, dass die getroffenen Hygienemaßnahmen die Fahrgäste hinreichend schützen. In Frankreich hat das renommierte Institut Pasteur in einer Studie aus dem März 2021 herausgefunden, dass im öffentlichen Nahverkehr kein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Fahrgäste des ÖPNV erkrankten im viermonatigen Zeitraum der Untersuchung vergleichsweise weniger an Corona als Menschen einer Vergleichsgruppe, die diesen nicht nutzten.

Eine weitere Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin – und der Technischen Universität Berlin ebenfalls aus dem März 2021 kommt zu dem Ergebnis, dass Fahrzeuglüftung sowie das gezielte Öffnen von Fenstern und Türen für eine effektive Reduktion der Aerosolkonzentration um bis zu 80 Prozent sorgen.

Diese Erkenntnisse macht sich die Landesregierung zu Eigen. Ein erhöhtes Infektionsrisiko wird auf dieser Grundlage nicht angenommen.


3. Woran ist bislang eine deutliche Ausweitung der Unterrichtsstaffelung – z.B. von 7.40 bis 8.30 Uhr - gescheitert und welche Bemühungen gab es auf Landesseite, dies landesweit umzusetzen?


Eine Ausweitung der Anfangszeiten ist nicht nur möglich, sondern findet vielerorts als Ergebnis der gemeinsamen Analyse der Situation vor Ort auch bereits statt. Schulen staffeln ihren Unterrichtsbeginn zum Teil nach Schuljahrgängen. Benachbarte Schulen entzerren ihre Anfangszeiten, um den Schülertransport zu entlasten. Beispiele hierfür werden aus dem ganzen Land berichtet. Wir hatten wiederholt die Schulen, die Schulträger und die Träger der ÖPNV auf die bestehenden Möglichkeiten hingewiesen.

Die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung unterstützen und beraten vor Ort bei der Umsetzung gestaffelter Anfangszeiten, wo dies als Lösung zielführend und möglich ist. Der Staffelung der Unterrichtszeiten können durch die konkreten Gegebenheiten vor Ort (Anzahl der Busse und des Personals der Verkehrsbetriebe, Durchführbarkeit im Gesamtkonzept des örtlichen ÖPNV usw.) tatsächliche Grenzen gesetzt sein.


Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
07.12.2021

Ansprechpartner/in:
Ulrich Schubert

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