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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 17b der Landtagssitzung am 15.09.2021 Dringliche Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen: Wie ist Niedersachsen in das neue Schul- und Kita-Jahr gestartet

Sind die Schulen und Kitas ausreichend auf den nahenden Herbst und Winter vorbereitet?


Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Kinder und Jugendliche mussten in den letzten eineinhalb Jahren einen hohen Preis für die Bekämpfung der Pandemie zahlen. Es ist daher unser vordringliches Ziel, den Präsenzunterricht an den Schulen und den Kita-Besuch in den kommenden Monaten sicherzustellen.

Um eben dieses hohe Gut „Präsenzunterricht“ zu schützen, haben wir in Niedersachsen ein engmaschiges Sicherheitsnetz bestehend aus Masken- und Testpflicht, den Hygienevorschriften und Lüftungskonzepten aufgestellt. Die strengen Maßnahmen wirken. Sie sind mit Blick vor allem auf die noch nicht geimpften Kinder und Jugendlichen auch weiterhin notwendig.

Der Beginn des neuen Schuljahres wurde mit einer täglichen Testpflicht und einer umfassenden Maskenpflicht für alle Schülerinnen und Schüler flankiert. Bis zunächst zum Ende des Jahres haben wir die Frequenz der anlasslosen Reihentestungen für Schulkinder und Kinder im Kindergarten-alter nun auf drei Tests pro Kind und Woche erhöht. Damit wird noch besser als zuvor gewährleistet, dass Infektionsketten früh durchbrochen werden können.

Anlasslose Reihentestungen, Abstand, Hygiene, Masken sind ebenso wie das Lüften weiterhin als zentrale Maßnahmen des Infektionsschutzes wichtig.

Um die Kinder und Jugendlichen bei der Bewältigung der Pandemieerfahrungen zu unterstützen, stellen wir im Rahmen unseres Programms „Startklar in die Zukunft“ 220 Mio. Euro für zusätzliches Personal und Projekte vor Ort zur Verfügung – 100 Mio. Euro allein aus Landesmitteln. Das Programm ist bereits erfolgreich in die Umsetzung gegangen.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

1. Vor dem Hintergrund, dass es für Kinder und Jugendliche derzeit keinen zugelassenen Impfstoff gibt, mit welchen zusätzlichen Infektionsschutzmaßnahmen werden Kinder und Jugendliche auch mit Blick auf die Erfahrung steigender Infektionszahlen aus anderen Staaten und Bundesländern vor einer Infektion geschützt?

Anrede,

seit August dieses Jahres liegt die StiKo- Empfehlung zur Impfung von Kindern ab 12 Jahren vor. Die entsprechenden Vakzine sind zugelassen. Niedersachsen hat den Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren über die Impfzentren bereits frühzeitig – d. h. bereits vor den Sommerferien – die Möglichkeit eröffnet, sich mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten und nach entsprechender ärztlicher Beratung impfen zu lassen. Diese Angebote wurden bereits in großem Umfang genutzt. 44,5 % der 12-17-Jährigen sind in Niedersachsen Stand heute erstgeimpft, die Zweitimpfungen liegen bei erfreulichen 30,6 %. Das begrüße ich sehr, denn die Sicherheit in den Schulen wächst mit jeder Impfung.

Es ist richtig, dass es für die unter 12-jährigen Kinder zurzeit noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt. Die Expertinnen und Experten rechnen damit aber zu Beginn des kommenden Jahres. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass mittlerweile über 95 % der Lehrkräfte geimpft sind. Auch dies ist eine gute Ausgangslage für das neue Schuljahr.

Um einen hohen Infektionsschutz auch und gerade für die ungeimpften Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten, haben wir zu Beginn des neuen Schuljahres ein engmaschiges Sicherheitsnetz eingezogen. Es umfasst: MNB in allen Schulformen im Gebäude und im Unterricht – auch in der Grundschule. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen und die damit einhergehenden Belastungen werden mitnichten negiert. Es war aber mit Blick auf die Reiserückkehrer und die unsichere Ausgangslage ein notwendiger Schritt. Wir arbeiten an Lockerungen insbesondere für die Kleinen und beobachten die Lage an den Schulen dazu intensiv.

Zu unserem Sicherheitsnetz gehörten darüber hinaus die täglichen Testungen zu Hause in den ersten 7 Schultagen nach den Sommerferien und nun die dreimalige Testung pro Woche sowie feste Lern- und Bezugsgruppen („Kohortenprinzip“). Und natürlich gelten die AHA-L Regeln sowie die allgemeinen Hygieneregeln fort.

Alle diese Maßnahmen zum Infektions-schutz sind wichtige Bausteine, um den Präsenzunterricht zu sichern.

Dazu gehört auch das regelmäßige und infektionsschutzgerechte Lüften. Das Umweltbundesamt (UBA) hat dazu ganz klar festgestellt, dass in Räumen mit guter Lüftungsmöglichkeit der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte nicht notwendig ist.

Zur Ausstattung der Räume, die sich nicht ausreichend lüften lassen, unterstützt das Land die Kommunen über die „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von technischen Maßnahmen zum infektionsschutz-gerechten Lüften an Schulen“ mit insgesamt 20 Millionen Euro. Zu den Fördergegenständen habe ich beim vorherigen TOP bereits ausgeführt.

Der Mix an Maßnahmen wird auch weiterhin für maximale Sicherheit sorgen und auch weiterhin regelmäßig überprüft und evaluiert.

2. Wann und in welchem Umfang werden die Maßnahmen im Rahmen von ‚Startklar‘ in die Zukunft‘, insbesondere die angekündigten zusätzlichen Stellen, umgesetzt?

Mit dem Aktionsprogramm „Startklar in die Zukunft“ wollen wir Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen. In den nächsten beiden Schuljahren gibt es zusätzliche Angebote unter anderem zur Lernförderung, zur psychosozialen Unterstützung, zur Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung und zur gesellschaftlichen Beteiligung. Hierfür stehen insgesamt 220 Mio. Euro zur Verfügung, 100 Mio. Euro allein aus Landesmitteln.

Alle Schulen erhalten befristet ein Sonderbudget von insgesamt ca. 70 Mio. Euro für die Schuljahre 2021/22 und 2022/23.

Die Schulen können hiermit Projekte und Programme zur ganzheitlichen Aufarbeitung der Pandemieerfahrung und zur Stärkung der Persönlichkeit entwickeln und damit eine den Bedingungen und der jeweiligen Problem- und Bedarfslage vor Ort angepasste Grundlage für erfolgreiches Lernen legen.

Dies beinhaltet auch den Erwerb von Kompetenzen in den Bereichen Bewegung, Sprache, Lernförderung, Gesundheit und im sozial-emotionalen Bereich.

Hierzu können sie z. B. Lehramtsstudierende sowie andere geeignete Personen oder pensionierte Lehrkräfte einstellen.

Die Schulen haben in der ersten Septemberwoche detaillierte Informationen zu diesem Baustein des Programms erhalten. Die Mittelzuweisung an die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung ist erfolgt.

Ebenso wurden zusätzliche Stellen in erheblichem Umfang bereits bereitgestellt: Um bei der Bewältigung der pädagogischen, unterrichtlichen und organisatorischen schulischen Aufgaben zu entlasten, hat das Land Niedersachsen bereits im November 2020 insgesamt 20 Millionen Euro für den zusätzlichen Einsatz von sogenannten geringfügig Beschäftigten als pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung gestellt.

Weitere 8,7 Millionen Euro aus dem Aktionsprogramm stehen für die befristete Einstellung von zusätzlichen 130 Stellen für die schulische Sozialarbeit zur Verfügung.

Darüber hinaus erhalten die zwölf BBSen, die noch keine schulischen Schulsozialarbeiterinnen bzw.
-sozialarbeiter haben, jeweils eine befristete Stelle.

Im Rahmen des Aktionsprogramms stehen für befristete Personalmaßnahmen insgesamt 160 VZE zur Verfügung, die bereits in einem sehr hohen Umfang von 140 VZE umgesetzt sind.

In den kommenden Wochen werden die Schulen über weitere Maßnahmen z. B. zur Stärkung der Basiskompetenzen, zur Unterstützung des Einsatzes von Freiwilligendienstleistenden, zur Sprachförderung, zur Förderung von Lesekompetenz oder zur Stärkung von Schülerinnen und Schülern in ihrer emotional-sozialen Entwicklung und Förderung der sozialen Kompetenzen informiert.


Sie sehen: Viele Teile des über zwei Jahre laufenden Aktionsprogramms sind bereits in der Umsetzung. Weitere werden folgen. Ich bin sehr dankbar, dass es gelungen ist, den Schulen bereits zu Beginn dieses Schuljahres gute Möglichkeiten für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Aktionsprogramms an die Hand zu geben.

3. Welche Baustellen sieht die Landesregierung mit Blick auf den derzeitigen Schulstart und das damit einhergehende Einstellungsverfahren? (Bitte unter Nennung der regionalen und schulformbezogenen Unterschiede)

Das Einstellungsverfahren zum 01.08.2021 ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen gut verlaufen. Wir konnten erneut mehr Lehrkräfte einstellen, als dauerhaft aus dem Dienst ausgeschieden sind. Darauf habe ich bereits hingewiesen. Die rund 1.600 besetzten Stellen sind auch vor dem Hintergrund der Absolventenzahlen aus dem Vorbereitungsdienst ein gutes Ergebnis. Aus Niedersachsen war in diesem Sommer mit rund 1.400 Absolventinnen und Absolventen des Vorbereitungsdienstes zu rechnen. Der hohe Besetzungsgrad konnte daher auch durch Bewerbungen aus anderen Bundesländern erreicht werden.

Wir werden mit diesem Ergebnis die Unterrichtsversorgung stabilisieren können. Ich will aber gar nicht negieren, dass es weiterhin Herausforderungen gibt. Die Versorgung der allgemein bildenden Schulen mit Lehrkräften stellt weiterhin nicht nur in Niedersachsen, sondern bundesweit eine besondere Herausforderung dar.

Besonders hervorzuheben ist dabei weiterhin das deutliche Missverhältnis zwischen der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber mit einer Lehramtsbefähigung für Haupt- und Realschulen und dem Bedarf an den betroffenen Schulformen einerseits sowie ein Überangebot an Lehrerinnen und Lehrern mit dem Lehramt an Gymnasien andererseits. Zudem bestätigt sich auch in diesem Einstellungsverfahren der Trend, dass in der Regel Stellen im Umfeld der Universitätsstandorte bevorzugt werden.

Wir haben dieses Verfahren wie auch die Verfahren der letzten Jahre aus dem Ministerium heraus eng begleitet und gesteuert. Allen Mitarbeitenden im Ministerium und in den RLSB bin ich sehr dankbar für ihren Einsatz. Ich bin überzeugt, dass es für die beschriebenen Herausforderungen auch langfristiger, struktureller Veränderungen bedarf. Diese sind zum Teil bereits in die Wege geleitet. Hinweisen möchte ich zum einen auf die gemeinsamen Arbeiten von MK und MWK an einer entsprechenden Bedarfsprognose. Die Arbeiten werden fortgeführt und nun um eine fächerspezifische Bedarfsprognose ergänzt. Diese Maßnahmen brauchen aber auch Zeit, um wirken zu können.


Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.09.2021

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

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