Kultusministerin Julia Willie Hamburg stellt geplante Änderungen am Schulgesetz vor: Niedersachsen stärkt Schulen in Niedersachsen, baut die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern aus und schafft weitere Freiräume
Mit den geplanten Änderungen am Niedersächsischen Schulgesetz werden eine ganze Reihe von wichtigen Änderungen am Schulgesetz vollzogen und zentrale bildungspolitische Vorhaben der aktuellen Landesregierung umgesetzt. Das Kabinett hat dem Gesetzentwurf bereits zugestimmt und zur Verbandsbeteiligung freigegeben. Bis zum 1. Dezember haben die an Schule und Bildung Beteiligten sowie Expertinnen und Experten Gelegenheit, zu den Änderungsvorschlägen des Referentenentwurfs Stellung zu nehmen. Kultusministerin Julia Willie Hamburg hat heute vor Medienschaffenden einzelne Inhalte der Novelle ausführlich erläutert. Dazu sagt sie: „Mit der Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes machen wir einen großen Schritt für mehr Beteiligung und Demokratiebildung von allen Schülerinnen und Schülern, ermöglichen die Erprobung und Umsetzung neuer pädagogischer Konzepte und stärken die Schulen in Niedersachsen weiter bei ihrer Arbeit. Ich freue mich auf gute, zielführende Impulse vor allem aus der Schulpraxis, um am Ende ein zukunftsweisendes Schulgesetz zu formen.“
Zu den Änderungsvorschlägen:
Mehr Demokratie: Die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern soll gestärkt werden
Für alle Schulbereiche und für alle Schulformen werden nun die Klassenvertretung sowie die Schülervertretung verbindlich festgeschrieben. Damit ist die Wahl der Vertretungen auf Klassen- und Schulebene nun auch an Grundschulen und Förderschulen verpflichtend. Es wird zudem klargestellt, dass die Klassenschülerschaft den Klassenrat bildet. Kultusministerin Julia Willie Hamburg: „Alle Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf Beteiligung. Viele Grund- und Förderschulen in Niedersachsen beteiligen Schülerinnen und Schüler bereits ganz selbstverständlich an schulischen Entscheidungen. Nun machen wir die Vertretungen der Schülerinnen und Schüler an allen Schulformen verpflichtend und heben auch die Bedeutung von Klassenräten hervor, die nun gesetzlich verankert werden. Das ist gerade in Zeiten, in denen die Demokratie angegriffen wird, wichtiger denn je. Wenn Kinder und Jugendliche von Beginn an die Erfahrung machen Meine Meinung zählt!, dann ist das die beste Demokratiebildung.“
Zum Hintergrund: Der Klassenrat (die Klassenschülerschaft / alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse) wählt die Klassenvertretung (Klassensprecherinnen und Klassensprecher). Die gewählten Klassenvertretungen bilden den Schülerrat, der die Schülervertretung (SV) der Schule wählt.
Jahrgangsübergreifendes Lernen von Jahrgang 1 bis 4 möglich
Grundschulen soll künftig ermöglicht werden, die Schuljahrgänge 1 bis 4 als Einheit zu führen. Einige Schulen in Niedersachsen, darunter Träger des Deutschen Schulpreises, erproben bereits seit Jahren erfolgreich die Führung der Klassen 1 - 4 als pädagogische Einheit. Bisher ist es gesetzlich nur möglich, die Jahrgänge 1/2 und 3/4 gemeinsam zu führen. Neu soll nun auch die Möglichkeit der Einrichtung von „Familienklassen“ werden. In jeder Lerngruppe bilden bei diesem Modell Kinder aus allen Jahrgängen des Primarbereichs eine Klassengemeinschaft mit einer gemeinsamen Klassenleitung. Bisher müssen Schulen abweichende Modelle im Rahmen des Freiräume-Prozesses beantragen. Ministerin Hamburg: „Gerade im Primarbereich sind die Lernstände von Kindern noch sehr unterschiedlich. Mit dieser Änderung ermöglichen wir die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bedarf und fördern soziale Kompetenzen zwischen den Kindern, die früh erlernen, wie wertvoll gegenseitige Unterstützung sein kann.“
Mehr Freiräume für Integratives Arbeiten an Oberschulen
Die Oberschulen erhalten nach den Plänen der Landesregierung mehr Freiräume, den Unterricht stärker jahrgangsbezogen zu gestalten und so die Durchlässigkeit der Bildungswege zu erhöhen. Damit geben wir Schulen die Möglichkeit, ihr Angebot nach den Bedingungen vor Ort zu gestalten. Schulzweigspezifischer Unterricht bleibt weiterhin möglich. Das entscheidet die Schule.
Individuelle Schwerpunktsetzung und mehr Wahlfreiheit im Abitur
Die bereits fortgeschrittene und ab dem Schuljahr 2027/2028 gültige Reform der gymnasialen Oberstufe soll im Schulgesetz verankert werden. Es entfallen die starren vorgegebenen Schwerpunkte in der Qualifikationsphase. Dies ermöglicht individuellere Schwerpunktsetzung und Profilbildung. Damit erfüllt Niedersachsen die Grundsätze der Kultusministerkonferenz zur Gleichwertigkeit von Fächern. Kultusministerin Hamburg: „Mit der Änderung des Schulgesetzes geht die Reform der gymnasialen Oberstufe den nächsten Schritt. Wir schaffen mehr Freiräume und stärken die individuelle Profilbildung. Wir ermöglichen den Schülerinnen und Schülern größere Wahlfreiheit, Fächer stärker entsprechend ihrer unterschiedlichen Neigungen, Begabungen und Interessen zu wählen.“
Weitere wichtige Änderungen (Auszug):
- Werte und Normen an Grundschulen: Das Fach soll auch im Primarbereich ab dem Schuljahrgang 2026/27 aufsteigend ab Klasse 1 verbindlich eingeführt werden. Es wird damit auch an Grundschulen ordentliches Unterrichtsfach. Damit wird Werte und Normen zum Ersatzfach für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht zur Teilnahme am Religionsunterricht verpflichtet sind oder von diesem abgemeldet werden.
- Die bestehenden Regelungen zur Beruflichen Orientierung werden auf alle Schulformen ausgeweitet – auch auf die Berufsbildenden Schulen. Hierbei wird auch die Zusammenarbeit zwischen den Schulen verbindlich geregelt. Damit stärkt Niedersachsen die Bedeutung der Beruflichen Orientierung an allen Schulformen weiter. Einzelheiten werden im Erlass zur Beruflichen Orientierung ausgeführt.
 
- Die Zusammenarbeit mit den Jugendberufsagenturen soll ausgebaut werden. Der Datenaustausch wird vereinfacht und die Speicherung von Kontaktdaten von ehemaligen Schülerinnen und Schülern wird nun ermöglicht. So kann zukünftig verhindert werden, dass Jugendliche nach dem Verlassen der Schule durchs Raster fallen und sichergestellt, dass Jugendliche nach dem Verlassen der Schule optimal gefördert werden.
 
- Der Distanzunterricht erhält eine gesetzliche Grundlage. Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie haben die Notwendigkeit einer Regelung zum Distanzunterricht offengelegt. Wichtig zu betonen ist, dass Präsenzunterricht auch in Zukunft Priorität bleibt. Schulleitungen können nun in bestimmten Fällen (Gefahrenabwehr oder aus Witterungsgründen) Distanzunterricht anordnen. Darüber hinaus soll es möglich sein, in Abstimmung mit dem Schulvorstand Distanzunterricht aus pädagogischen oder organisatorischen Gründen zu erteilen. Damit sollen Schulen auch Freiräume für die Weiterentwicklung innovativer Unterrichtsformate erhalten. Diese Änderung hat nicht zum Ziel, die Unterrichtsversorgung zu verbessern oder Fachkräftemangel zu kompensieren.
 
- Kleine Schulen sollen entlastet werden, indem künftig bei weniger als acht Lehrkräften die Aufgaben des Schulvorstandes durch die Gesamtkonferenz wahrgenommen werden können.
 
- Umwandlung von Oberschulen in Integrierte Gesamtschulen wird klarer geregeltWenn ein Schulträger aus einer bestehenden Oberschule bei ausreichenden Schülerzahlen eine integrierte Gesamtschule errichten möchte, kann er sie als organisatorische Einheit führen, der Prozess wird insofern entbürokratisiert. So müssen nicht zwei parallele Systeme (aufsteigende Gesamtschule und auslaufende Oberschule) organisiert werden. Die bisherigen Regelungen sorgen für unnötige Bürokratie und doppelte Gremienstrukturen. Damit reagieren wir auf Hinweise vor Ort.
 
- Um unterschiedlichen Beeinträchtigungen wie beispielsweise einer Lese-Rechtschreibstörung oder einer Dyskalkulie bei der Leistungsbewertung Rechnung zu tragen, sollen Regelungen zum Nachteilsausgleich und zum sogenannten Notenschutz im Gesetz aufgenommen werden. Die Details werden in einer Verordnung geregelt werden.
Ausblick:
Im Anschluss an die Verbandsbeteiligung wird der Gesetzentwurf zunächst noch einmal überarbeitet. Dazu werden im Kultusministerium die Stellungnahmen geprüft. Anschließend werden erneut andere Ressorts sowie das Kabinett zur Einbringung in den Landtag beteiligt, bevor das parlamentarische Verfahren beginnt. Ein Inkrafttreten des Gesetzes ist für den 1. August 2026 vorgesehen.
Kultusministerin Julia Willie Hamburg
Artikel-Informationen
erstellt am:
30.10.2025
Ansprechpartner/in:
Ulrich Schubert
Nds. Kultusministerium
Pressesprecher
Hans-Böckler-Allee 5
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Tel: 0511 120 7168

