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Ist die geplante Arbeitszeitanalyse der Kultusministerin eine Arbeitszeiterhebung oder nicht?

Abgeordneter Kai Seefried (CDU)


Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung


Vorbemerkung des Abgeordneten


Mit seinem Urteil vom 9. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg dem Kultusministerium aufgegeben, vor künftigen Anpassungen der Unterrichtsverpflichtung zunächst in einer auch empirisch angelegten Studie die tatsächliche Arbeitszeitbelastung der Lehrkräfte zu ermitteln. In einer Pressemitteilung vom 29. Januar 2016 hat Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) eine Onlinebefragung der Lehrkräfte angekündigt und zugleich mitgeteilt, dass die Erkenntnisse aus der Befragung „in die für die zweite Jahreshälfte 2016 geplante Arbeitszeitanalyse des Niedersächsischen Kultusministeriums einfließen“ sollen. Bislang hat die Kultusministerin alle Forderungen von Opposition und Verbänden nach der Durchführung einer unabhängigen Arbeitszeiterhebung abgelehnt.


In Reaktionen auf die Ankündigungen der Ministerin äußerten sich Lehrerverbände kritisch gegenüber den Vorschlägen. Der Philologenverband Niedersachsen schrieb am 28. Januar 2016 in einer Pressemitteilung, es sei unverständlich, dass die Ministerin „eine generelle Untersuchung der Lehrerarbeitszeit durch ein unabhängiges Institut nach wie vor ablehne“. Am 4. Februar 2016 bezeichnete der Philologenverband die Pläne der Ministerin als „untaugliches Ablenkungsmanöver“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schrieb am 29. Januar 2016, durch die Umfrage werde der „irreführende Eindruck“ erweckt, „mit ihr könnten, belastbare Ergebnisse‘ zur Arbeitsbelastung und Arbeitszeit der Lehrkräfte gewonnen werden.“


Vorbemerkung der Landesregierung


Das OVG Lüneburg hat am 09.06.2015 entschieden, dass die Regelstundenanhebung für die Gymnasiallehrkräfte gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus Art. 33 Abs. 5 GG verstoße, weil der Verordnungsgeber den aus der genannten Vorschrift resultierenden prozeduralen Anforderungen nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Die Landesregierung habe die die Erhöhung tragenden Erwägungen weder vollständig in der Verordnungsbegründung selbst offengelegt, noch habe sie die tatsächlichen Grundlagen für die Ausübung ihrer Einschätzungsprärogative – nämlich die tatsächliche Arbeitsbelastung der niedersächsischen Gymnasiallehrkräfte – vor Verordnungserlass in einem transparenten Verfahren sorgfältig und nachvollziehbar ermittelt.


Mit einer vom Kultusministerium verantworteten Arbeitszeitanalyse soll genau dieser Anforderung des Gerichts nach einem transparenten und sorgfältigen Verfahren mit nachvollziehbaren Ergebnissen genügt werden.


Es besteht die Absicht, ein Expertengremium zu bilden, das zum einen die arbeitszeitrelevanten Tätigkeiten von Lehrkräften und Schulleitungen ermittelt und sodann nach objektiven Kriterien bewertet. Gegebenenfalls müssen hier auch valide Daten erhoben werden. Damit würden verbindliche Standards gesetzt, die u. U. auch in der Nds. ArbZVO-Schule abzubilden sind.


Das Expertengremium soll sich aus Arbeitswissenschaftlern, Bildungswissenschaftlern sowie Praktikern aus Schule und Schulverwaltung zusammensetzen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände gemäß § 96 NBG einzubeziehen sind, da es sich um die Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse handelt.


1. Ist im Zusammenhang mit der angekündigten „Arbeitszeitanalyse“ auch eine Arbeitszeiterhebung für Lehrkräfte geplant, wie sie im OVG-Urteil gefordert wird?


Das OVG Lüneburg fordert in seinem Urteil eine realitätsgerechte Ermittlung der tatsächlichen Arbeitsbelastung und gesteht dabei dem Verordnungsgeber einen weiten Gestaltungspielraum bezüglich der Methodik einer tatsächlichen Arbeitszeitermittlung (ausschließlich empirische Erhebung oder Methodenmix), der insoweit maßgeblichen Parameter (Festlegung der repräsentativen Gruppe von Lehrkräften bzw. Erhebungsschulen, ggf. auch differenziert nach Fächerkombinationen, Aufschlüsselung der einzelnen außerunterrichtlichen Aufgabenbereiche etc.) sowie der tatsächlichen Durchführung (wissenschaftliche Begleitung, Begleitung durch Dritte, Einbindung einer Projektgruppe etc.) zu. Das Kultusministerium verfolgt mit seinem Vorhaben einen noch weitergehenden Ansatz als die Durchführung einer reinen Arbeitszeiterhebung. In jedem Fall bedarf die Setzung von Standards auch einer vorherigen Ermittlung belastbarer Messwerte.


2. Lehnt die Kultusministerin eine unabhängige wissenschaftliche Erhebung über die tatsächliche Arbeitszeit der Lehrkräfte und Schulleiter aller Schulformen in Niedersachsen ab?


Das OVG Lüneburg weist deutlich darauf hin, dass eine Änderung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften für die Lehrkräfte und Schulleitungen in Niedersachsen prozeduralen Anforderungen genügen muss. Dass das Kultusministerium die Absicht hat, in diesem Zusammenhang wissenschaftlichen Sachverstand zu Rate zu ziehen und eine verlässliche Datenlage zu schaffen, wird sowohl aus der Vorbemerkung der Landesregierung und der Beantwortung zu 1 als auch aus den öffentlichen Verlautbarungen des Hauses deutlich.


3. Wenn ja, warum?


Entfällt, da von einer Ablehnung im Sinne der Frage 2 nicht gesprochen werden kann.

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.02.2016

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