Niedersachsen als Vorreiter: Kultusministerin Hamburg und katholische und evangelische Kirchen unterzeichnen bundesweit erste Gemeinsame Erklärung zur Einführung des neuen Religionsunterrichts „Christliche Religion“
Mit der heutigen Unterzeichnung einer Gemeinsamen Erklärung haben Kultusministerin Julia Willie Hamburg sowie die Leitungen der (Erz-)Bistümer und evangelischen Kirchen in Niedersachsen den Start für ein neues Unterrichtsfach besiegelt. Ab dem Schuljahr 2026/2027 soll den Schülerinnen und Schülern christlichen Glaubens aufsteigend im Primarbereich sowie im Sekundarbereich I an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen das bisher bundesweit einmalige Fach „Christliche Religion nach evangelischen und katholischen Grundsätzen“ angeboten werden. Unterzeichnet wurde die Vereinbarung bei einer Feierstunde im Gästehaus der Landesregierung unter anderem vom Hildesheimer Bischof Wilmer und vom Ratsvorsitzenden der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Bischof Adomeit.
Das neue Unterrichtsfach wird die bisherigen Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion ablösen und soll dauerhaft als ordentliches Lehrfach nach Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz etabliert werden. Zum ersten Mal in Deutschland übernehmen damit die evangelische und die katholische Kirche gemeinsam die Verantwortung für einen christlichen Religionsunterricht in Niedersachsen. Bereits im vergangenen Dezember hatten die Kirchen untereinander eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Die nun unterzeichnete Erklärung regelt Fragen der Genehmigung von Lehrwerken sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften.
Bischof Thomas Adomeit (Oldenburg), Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, sagt:
"Es ist gut und ich bin sehr dankbar, dass Land und Kirchen gemeinsam den Religionsunterricht verantworten und jetzt das neue Unterrichtsfach auf den Weg bringen. Das Besondere des Faches ‚Christliche Religion‘ ist es, dass es sich konsequent an den Schülerinnen und Schülern orientiert: an ihren Fragen, ihren Erfahrungen und ihren Antworten. Die christliche Religion mit ihren evangelischen und katholischen Grundüberzeugungen bildet dabei die Grundlage und prägt auch die Perspektive auf die anderen Konfessionen wie die Orthodoxie und die anderen Religionen wie Judentum und Islam. Dazu kommen Philosophien und Weltanschauungen. Das Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler religiös gebildet sind und für sich klären können, woran sie ‚ihr Herz hängen‘, was ihrem Leben Sinn und Orientierung gibt und wo sie Gemeinschaft finden. Das ist gerade in dieser Zeit von großer Bedeutung.“
Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ (Hildesheim) sagt für die katholische Kirche:
Das neue Unterrichtsfach ist die konsequente Weiterentwicklung des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, der seit über zwei Jahrzehnten in Niedersachsen erfolgreich praktiziert wird. Das neue Fach bietet jungen Menschen Orientierung durch das gemeinsame und zugleich vielfältige Zeugnis christlicher Werte. Es zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf, reflektiert sie und macht so konfessionelle Vielfalt zum Thema, aber auch die der anderen Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen. Dabei fördert es die Fähigkeit zu einer differenzierten Wahrnehmung und zur Identitätsbildung – verbunden mit einer dialogorientierten Offenheit gegenüber anderen Glaubensüberzeugungen und Konfessionslosen. Religiöse Bildung ist mehr als reine Wissensvermittlung in Fragen von Religion. Sie ist Einladung zur Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen, zur Reflexion über Lebensentwürfe und zur Entwicklung einer gesprächsfähigen Identität. Sie schafft Raum für Verständigung, für Dialog, für Respekt, für Mitmenschlichkeit.“
Aus Sicht des Niedersächsischen Kultusministeriums sprechen zahlreiche religionspädagogische und schulorganisatorische Gründe für die Einführung dieses ökumenischen Unterrichtsfachs. Die bisherige an den Schulen gelebte Kooperation zwischen evangelischer und katholischer Kirche in Form eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, die bereits seit 1998 besteht, hat an den Schulen große Resonanz erfahren und nahm deutschlandweit bereits eine Vorreiterrolle in der religionspädagogischen und didaktischen Zusammenarbeit der Kirchen ein.
Kultusministerin Julia Willie Hamburg sagt dazu:
„Mit dem neuen Fach ‚Christliche Religion‘ setzen wir ein wegweisendes Zeichen für Dialog und Kooperation. Ein gemeinsam verantworteter Religionsunterricht ist gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges zeitgemäßes Signal: Er eröffnet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, über Vielfalt und Unterschiede nachzudenken und Respekt sowie Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln. Auf diese Weise wird das neue Schulfach ‚Christliche Religion‘ nicht nur einen wichtigen Beitrag zur religiösen Bildung von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen leisten, sondern zugleich die demokratischen Werte, die unser Zusammenleben prägen, deutlich stärken.“
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die an einem christlichen Religionsunterricht teilnehmen, lag in Niedersachsen im Schuljahr 2024/2025 bei rund 65 Prozent.[1] Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die der evangelischen oder katholischen Kirche angehören, betrug 2024 rund 52 Prozent. Wie bisher sind Schülerinnen und Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie ohne Konfession eingeladen, auf eigenen Wunsch an dem neuen Unterrichtsfach teilzunehmen.
Für die inhaltliche Ausgestaltung tragen die (Erz-)Bistümer und evangelischen Kirchen in Niedersachsen gemeinsam Verantwortung. Sie sichern die Vermittlung grundlegender christlicher Glaubenswahrheiten und ergänzen diese durch konfessionsspezifische Inhalte. Der Unterricht darf dabei nur von Lehrkräften erteilt werden, die eine Lehrbefähigung in Evangelischer oder Katholischer Religion besitzen und zusätzlich über eine kirchliche Bevollmächtigung (Missio canonica oder Vokation) verfügen. Zur Umsetzung und Weiterentwicklung des Faches richten die Kirchen einen gemeinsamen Beirat sowie eine zentrale Ansprechstelle ein. Beide Gremien gewährleisten die Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen, die Einbindung anderer Religionen und Konfessionen sowie die Begleitung von Lehrkräften durch Fortbildungsangebote.
Artikel-Informationen
erstellt am:
05.09.2025
Ansprechpartner/in:
Manuela Meyer
Nds. Kultusministerium
Hans-Böckler-Allee 5
30173 Hannover
Tel: 05111207161