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Warum will die Landesregierung Berufsstarterklassen nicht mehr unterstützen?

Antwort auf die mündliche Anfrage: Warum will die Landesregierung Berufsstarterklassen nicht mehr unterstützen?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.06.2014 TOP 31 Nr. 69

Die Abgeordneten Jens Nacke und Kai Seefried (CDU) hatten gefragt:

In Berufsstarterklassen, die in der Vergangenheit an acht weiterführenden Schulen in Niedersachsen eingerichtet wurden, können Jugendliche besonders intensiv auf den Einstieg in eine Ausbildung vorbereitet werden. Die Klassen sind ein Beispiel für Projekte gegen den Fachkräftemangel und für die Kooperation der beteiligten Schulen mit lokalen Wirtschaftsunternehmen. „Die Berufsstarterklassen sind ein Erfolgsmodell“, werden zwei Schulleiter in der Ammerländer Sonntagszeitung vom 17. März 2014 zitiert. In dem Artikel wird weiter ausgeführt, es fehle u. a. an entsprechenden Lehrerstunden.

Obwohl in der Vergangenheit an einzelnen Schulen seitens des Landes Lehrerstunden zur Verfügung gestellt wurden, hat das Kultusministerium den Schulen nun empfohlen, sich um Fördermittel des Bundes zu bemühen (Drs. 17/1258).

Wir fragen die Landesregierung:

1. An welchen Standorten führen derzeit Kommunen Berufsstarterklassen ausschließlich auf eigene Rechnung oder mit Unterstützung der Agenturen für Arbeit oder anderer Einrichtungen vor Ort fort?

2. Mit welcher Begründung will sich das Land bei Anschlussprojekten oder der Fortführung von bestehenden Berufsstarterklassen nicht weiter mit Anrechnungsstunden für Lehrkräfte engagieren?

3. Mit welcher Unterstützung des Landes können die Hauptschule Bad Zwischenahn, die Oberschule Wiefelstede und die Porta-Coeli-Schule Himmelpforten bei der Fortführung ihrer Berufsstarterklassen oder bei daraus entwickelten Anschlussprojekten rechnen?

Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:

Von 2008 bis 2010 führte das Land Niedersachsen zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit die Modellprojekte „Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit steigern“ (AQB) und „Vertiefte Berufsorientierung und Praxisbegleitung“ (VBOP) an 46 Hauptschulen durch.

Zielgruppe der Modellprojekte waren abschlussgefährdete Schülerinnen und Schüler des 8. Schuljahrgangs der Hauptschule, die durch die Einrichtung von Berufsstarterklassen an den Schulen und die damit verbundene Unterstützung von Berufsstartbegleiterinnen und Berufsstartbegleitern sowie sozialpädagogischen Fachkräften besonders gefördert wurden. Anhand der Verzahnung von schulischem und betrieblichem Lernen (drei Tage Unterricht in der Hauptschule, zwei Tage praktisches Lernen im Betrieb) wurden die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler beim Erlangen des Hauptschulabschlusses unterstützt und erhielten eine nachhaltige berufliche Orientierung, die die Chance auf einen Ausbildungsplatz erhöhte. Die Schülerinnen und Schüler wurden dabei von Berufsstartbegleiterinnen und Berufsstartbegleitern bzw. Praxisbegleiterinnen und Praxisbegleitern des Bildungswerks der Niedersächsischen Wirtschaft betreut.

Zum Erfolg der Projekte trugen u. a. ein Kompetenzfeststellungsverfahren, hohe Praxisanteile und die enge Begleitung, Beratung und Unterstützung durch die Berufsstartbegleitung bzw. die Praxisbegleitung bei.

Die Laufzeit der beiden Projekte endete zum 31.07.2010. Ziel dieser Projekte war es, wirksame Elemente der Förderung insbesondere für lernschwächere Schülerinnen und Schüler zu identifizieren, um sie dann nach Prüfung und unter Berücksichtigung der Haushaltslage des Landes flächendeckend auf die Schulen zu übertragen.

Die Erkenntnisse dieser Modellprojekte sind in gesetzliche und untergesetzliche Regelungen für die allgemein bildenden Schulen eingeflossen, so dass eine Verstärkung der Praxiserfahrungen erfolgte. In den Grundsatzerlassen für die Hauptschule, die Realschule und die Oberschule nehmen Maßnahmen der Berufsorientierung bis hin zur Berufsbildung einen breiten Raum ein. Eine individuelle Förder- und Berufswegeplanung aller Schülerinnen und Schüler wird durch ein Kompetenzfest-stellungsverfahren unterstützt.

Des Weiteren wird die Richtlinie über die „Gewährung von Zuwendungen für die Durchführung sozialpädagogischer Maßnahmen zur Berufsorientierung und Berufsbildung“ bis Ende 2016 verlängert, so dass die im Rahmen dieses Programms tätigen sozialpädagogischen Fachkräfte Schülerinnen und Schüler in ihrem Berufsorientierungs- bzw. Berufsbildungsprozess begleiten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1:

Nach Auslaufen der Modellprojekte sind die noch bestehenden Berufsstarterklassen auf Initiative einzelner Schulen in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit und den Schulträgern fortgeführt worden. Im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit steht es den Schulen frei, derartige Projekte zur Berufsorientierung in Kooperation mit Betrieben einzugehen. Die genaue Anzahl der noch bestehenden Berufsstarterklassen ist dem Kultusministerium nicht bekannt. Kenntnis hat das Ministerium von Aktivitäten an folgenden Schulen:

- Oberschule Celle,

- Hauptschule Bad Zwischenahn,

- Oberschule Wiefelstede,

- Oberschule Rodenkirchen,

- Oberschule Sande,

- Hauptschule Westhagen Wolfsburg.

Zu 2:

Eine Zuweisung zusätzlicher Lehrerstunden für die Berufsstarterklassen kann seitens des Landes nicht erfolgen. Ein Landesprojekt „Berufsstarterklassen“ gibt es nicht.

Zu 3:

Die Hauptschule Bad Zwischenahn, die Oberschule Wiefelstede und die Oberschule Porta-Coeli-Schule in Himmelpforten haben sich um eine Teilnahme an der BMBF-Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ beworben. Hier werden Potenzialanalyse, Berufsorientierung und Berufseinstiegsbegleitung parallel angeboten und verzahnt, um den Berufsorientierungsprozess zu systematisieren und eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. Der Bildungsketten-Ansatz verfolgt dabei ebenfalls die Ziele, die Quoten der Schulabschlüsse und der Übergänge in die duale Ausbildung zu erhöhen, Potenziale junger Menschen frühzeitig zu erkennen und Jugendliche individueller und kontinuierlicher zu unterstützen. Die zur Förderung der Berufseinstiegsbegleitung notwendige Kofinanzierung wird in der ESF-Förderperiode ab 2014 aus ESF-Bundesmitteln sichergestellt. Die Entscheidung über das Finanzvolumen steht allerdings noch aus.

Die Oberschule Porta-Coeli-Schule Himmelpforten hat bereits am bisherigen Förderprogramm der Initiative Bildungsketten teilgenommen. Die Bewerbung der Schulen um eine Teilnahme an dem BMBF-Projekt wird von Seiten des Kultusministeriums unterstützt.

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