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LT September-Plenum TOP 22: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 76


Wie hilft die Landesregierung Kindern mit Sprachauffälligkeiten vor der Einschulung?

Abgeordnete Astrid Vockert, Dirk Toepffer und Kai Seefried (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Nachrichtenagentur dpa berichtete am 10. September 2017 über die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung 2016 für Niedersachsen. In der Meldung heißt es unter Berufung auf eine Statistik des Landesgesundheitsamts, bei rund 21 % der Mädchen und Jungen gebe es „vor der Einschulung Sprachauffälligkeiten“. Das Landesgesundheitsamt verweise darauf, die Untersuchungsergebnisse zeigten, „dass der Besuch eines Kindergartens häufig die Erkennung von Sprachstörungen und damit eine frühe Behandlung ermögliche“.

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete am 7. Juni 2017 über die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung 2015 und 2016 insbesondere im Stadtteil Mühlenberg der Landeshauptstadt Hannover. Diese habe laut HAZ gezeigt, es gebe „bei der Entwicklung der Kinder schon zu Beginn der Grundschule eklatante Mängel“. In dem Bericht heißt es: „Die Zahl der Kinder, die bereits mit einem besonderen Förderbedarf eingeschult werden, ist in Hannovers ärmstem Stadtteil, in Mühlenberg, erschreckend hoch. Besonders auffällig ist das im Bereich Sprache“. Dem Zeitungsbericht zufolge kämen in Hannover-Mühlenberg nur 19 % der Kinder mit normal entwickelten sprachlichen Fähigkeiten in die Schule.

Bereits im März 2017 hatte die HAZ darüber berichtet, dass die Betreuungsquote im Kita-Bereich in Hannover-Mühlenberg nur bei knapp 84 % liege - das ist die niedrigste Quote in ganz Hannover.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die allgemeine Sprachbildung und Sprachförderung von Kindern im Vorschulalter ist Aufgabe von Kindertageseinrichtungen und Grundschullehrkräften. Die Therapie von Sprachstörungen liegt in der Zuständigkeit des Gesundheitswesens.

Seit 2003 hat jedes Kind mit einem Sprachförderbedarf in Deutsch einen gesetzlich geregelten Anspruch auf eine Stunde Sprachförderung pro Woche im letzten Jahr vor der Einschulung (§ 64 Abs. 3 NSchG). Zur Ermittlung der Förderbedürftigkeit werden Deutschkenntnisse mit Hilfe des Screeningverfahrens „Fit in Deutsch“ 15 Monate vor der Einschulung bei allen Kindern im Rahmen der Schulanmeldung festgestellt. Der Unterricht wird von Grundschullehrkräften in der Regel im Kindergarten in Kleingruppen erteilt. Grundlage sind die Empfehlungen: „Sprachförderung als Teil der Sprachbildung im Jahr vor der Einschulung durch Grundschullehrkräfte“ (2012). Sprachförderbedürftige Kinder haben dementsprechend einen Anspruch auf Förderung, aber auch eine Verpflichtung zur Teilnahme an Sprachfördermaßnahmen. Für jedes Kind, das die Schule der Niedersächsischen Landesschulbehörde meldet, wird eine Unterrichtsstunde pro Woche zur Verfügung gestellt. Insofern wird für jedes Kind vor der Einschulung gewährleistet, dass es an Sprachfördermaßnahmen teilnehmen kann - unabhängig davon, ob es einen Kindergarten besucht oder welche Schule es besuchen wird.

In Niedersachsen wird der gesetzliche Bildungsauftrag für Kindertageseinrichtungen im Rahmen einer Trägervereinbarung zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden, den Trägerverbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den Kirchen und der Landesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen konkretisiert. Der Orientierungsrahmen für die Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen für Kinder aus dem Jahr 2005 wurde in 2012 durch die Handlungsempfehlungen „Sprachbildung und Sprachförderung“ ergänzt, die der großen Bedeutung des Bildungsbereiches „Sprache und Sprechen“ Rechnung tragen und fachliche Grundlage für die Weiterentwicklung der pädagogischen Praxis in Kindertageseinrichtungen sind.

Die Verantwortung für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen liegt bei ihrem Träger. Die Verantwortung für die Konzeption und Umsetzung regionaler Sprachförderkonzepte einschließlich der Bereitstellung der für ihre Umsetzung erforderlichen Mittel liegt beim örtlichen Träger der Kinder und Jugendhilfe. Seit 2006 fördert das Land die Umsetzung dieser Konzepte im Rahmen der Richtlinie „Sprachförderung im Elementarbereich“ mit jährlich 6 Mio. Euro, seit 2016 mit jährlich 12 Mio. Euro. Zusätzlich profitieren Träger von Kindertageseinrichtungen von Programmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Sprachförderung im Elementarbereich, über die zusätzliches Personal in Gruppen mit hohem Sprachförderbedarf finanziert werden kann.

Die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebotes für Kinder im Kindergartenalter ist Zuständigkeit der örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Jedes Kind in Deutschland hat nach Maßgabe des § 24 SGB VIII einen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Jedes Kind in Niedersachsen hat gemäß § 12 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) einen individuellen Rechtsanspruch „auf einen Platz in einer Vormittagsgruppe eines Kindergartens oder einer dem Kindergarten entsprechenden Kleinen Kindertagesstätte“. Diesen Anspruch können Eltern geltend machen. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, ihren Kindern den Besuch eines Kindergartens zu ermöglichen. Um Anreize zu setzen, dass Eltern ihren Kindern den Kindergartenbesuch insbesondere im letzten Jahr vor der Einschulung ermöglichen, wurde der Besuch des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung für alle Eltern seit dem 01.08.2007 beitragsfrei gestellt.

1.Sieht die Landesregierung angesichts dieser Befunde besonderen Handlungsbedarf in Bezug auf die Sprachförderung von Kindern in Stadtteilen wie z. B. Hannover-Mühlenberg oder in anderen sozialen Brennpunkten?

Die Landesregierung hat der Bedeutung von Sprachbildung und Sprachförderung von Kindergartenkindern dahingehend Rechnung getragen, dass der Mittelansatz der Sprachförderrichtlinie in 2016 von 6 Mio. Euro auf 12 Mio. Euro pro Jahr verdoppelt wurde.

Die Zuständigkeit für die bedarfsgerechte Sprachbildung und Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen liegt beim Träger der Einrichtungen. Fördermittel des Landes und des Bundes, zur Unterstützung der Umsetzung dieser Aufgabe fließen vor allem in Regionen, die einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund aufweisen. Für die Verteilung dieser Mittel vor Ort und die damit verbundene Intensivierung von Maßnahmen insbesondere in sozialen Brennpunkten gilt die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe.

Der Anspruch auf die Sprachförderung vor der Einschulung durch Grundschullehrkräfte gilt bedarfsgerecht für jedes Kind - unabhängig von seinem Wohnort und der Schule, die es künftig besuchen soll.

2.Wenn ja, wie geht sie vor, um die Sprachfähigkeiten der Kinder in Hannover-Mühlenberg und in anderen sozialen Brennpunkten vor der Einschulung zu verbessern?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

3.Wann ist damit zu rechnen, dass die Betreuungsquote im Kita-Bereich in Hannover-Mühlenberg den Landesdurchschnitt von 94,1 % erreicht?

Die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebotes in der Kindertagesbetreuung und die Erfüllung des individuellen Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung ist Aufgabe des örtlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe. Deren Angebote der Kindertagesbetreuung werden in einzelnen Regionen unterdurchschnittlich oder überdurchschnittlich stark nachgefragt. Auf der Ebene der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, warum Angebote der Kindertagesbetreuung in einzelnen Regionen unterdurchschnittlich oder überdurchschnittlich stark nachgefragt werden.

Für Niedersachsen ist in § 20 KiTaG bestimmt, dass Gebühren oder Entgelte für den Besuch von Kindertagesstätten so zu bemessen sind, dass die wirtschaftliche Belastung für die Erziehungsberechtigten zumutbar ist. Das heißt, die Sätze der Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten richten und unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder gestaffelt werden. Für die Fälle, in denen die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten sind, soll der Kostenbeitrag nach § 90 Abs. 3 SGB VIII ganz oder teilweise erlassen oder vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden.

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