Nds. Kultusministerium Niedersachsen klar Logo

Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 26 der Landtagssitzung am 17.05.2018 zum Thema: „50-Prozent-Regelung an allgemein bildenden Schulen bei schriftlichen Arbeiten einführen"

Drs. 18/844 – Antrag der Fraktion der AfD


Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

die Leistungsbewertung gehört zu den pädagogischen Aufgaben von Schule und Lehrkräften. Schriftliche Arbeiten sind dabei nur ein Teilbereich und dieser wird im Erlass “Schriftliche Arbeiten in den allgemein bildenden Schulen“ geregelt. Das Ziel der Bewertung von schriftlichen Arbeiten ist es, Schülerinnen und Schülern, aber auch Lehrkräften und Erziehungsberechtigten Aufschlüsse über den Stand des Lernprozesses zu geben. Doch bevor etwas bewertet wird, muss der Grundstock vorbereitet werden. Dies erfolgt durch den Unterricht. Deshalb heißt es auch treffend im zweiten Absatz des Erlasses:

Bewertete schriftliche Arbeiten müssen aus dem Unterricht erwachsen und in ihrer Art und in ihrem Umfang der Entwicklungsstufe und dem Lernstand der Schülerinnen und Schüler angemessen sein“.

Dies ist eine zutiefst didaktisch-pädagogische Aufgabe. Denn die Verantwortung der Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsgestaltung liegt bei den Lehrkräften. Und sie entscheiden nicht nur wann eine schriftliche Arbeit geschrieben wird, sondern sie gestalten und bewerten diese Arbeit auch.

Ich werbe für Vertrauen in unsere Lehrkräfte, sie nehmen diese Arbeit verantwortungsvoll wahr.

Anrede,

die Antragsteller von der AfD machen es sich hier viel zu einfach, wenn als alleiniger Grund

für ein Überschreiten der 30 Prozent die „zunehmenden Veränderungen in der Zusammensetzung der Schülerschaft“ gesehen wird. Schulleistungsuntersuchungen, die durch wissenschaftliche Erkenntnisse und weniger vom Bauchgefühl gesteuert werden, belegen, dass es sehr gut gelingen kann, Heterogenität ohne Leistungsverlust umzusetzen. Und damit Vielfalt auch wertzuschätzen.

Anrede,

Zweck der „30-Prozent-Regelung“ ist die Möglichkeit zu schaffen, das Leistungsbild einer Lerngruppe zu verbessern, sofern die Leistungen von mehr als 30 Prozent der Klasse oder Lerngruppe den Anforderungen nicht entsprechen und als verbesserungswürdig und verbesserbar eingestuft werden.

Mit einem Anheben auf 50 Prozent würde das angestrebte Ziel einer Leistungsverbesserung jedoch nicht gefördert. Das Gegenteil wäre Fall: Der Leistungsdurchschnitt würde vielmehr gesenkt. Denn damit entfiele die Möglichkeit einer erneuten Befassung mit den Lerninhalten sowie eine Wiederholung und Vertiefung durch die Schülerinnen und Schüler. Es würde damit die Chance vertan, ihre Leistung auf dieser neuen Grundlage erneut zu bewerten.

Der Entschließungsantrag verkennt zudem auch ein wichtiges Korrektiv: Die Entscheidung der Schulleitung. Sollte diese der Meinung sein, dass eine Lerngruppe entsprechend den Vorgaben sinnvoll vorbereitet war, so kann sie die schriftliche Arbeit durchaus bewerten lassen, obwohl mehr als 30 Prozent mit mangelhaft und ungenügend bewertet wurden. Damit kann die befürchtete Leistungserosion verhindert werden. Und auch damit stärken wir das Vertrauen in die gute und verantwortungsvolle Arbeit unserer Lehrkräfte.

Anrede,

erlauben Sie mir daher abschließend eine Anmerkung gerade mit Blick auf unsere Lehrkräfte.

Als Kultusminister habe ich vollstes Vertrauen in die pädagogische Arbeit unserer Lehrkräfte. Die Unterstellung, Lehrkräfte würden schriftliche Arbeiten nach „unten anpassen“, um einer Rechtfertigung gegenüber der Schulleitung und der Elternschaft und einem bürokratischen Aufwand zu entgehen, halte ich für ungeheuerlich. Es wirft ein spannendes Licht auf das Verständnis des Antragstellers als frühere Lehrkraft.

In bin dankbar, dass er eine Ausnahme und nicht repräsentativ für unsere Lehrkräfte ist.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.05.2018

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln