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LT Mai-Plenum TOP 30: Schriftliche Antwort auf die mündl. Anfrage Nr. 34 "Entscheidungen des Kultusministeriums zu Versetzung, Abordnung und Erteilung von Anrechnungsstunden"


Abgeordnete Björn Försterling, Susanne Victoria Schütz und Sylvia Bruns (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Immer wieder führen Versetzungen, Abordnungen oder die Erteilung von Anrechnungsstunden zu Diskussionen in den Schulen, unter den Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern. In einigen Fällen müssen innerhalb eines Schuljahres Umstrukturierungen vorgenommen werden, und es wird gefragt, wie und auf welcher Ebene Entscheidungen getroffen worden sind. In der Vergangenheit wurden auch immer wieder Entscheidungen auf Ebene des Kultusministeriums getroffen, und die NLSchB wurde per Erlass, E-Mail oder Telefonat aufgefordert, eine Versetzung, eine Abordnung oder die Erteilung von Anrechnungsstunden vorzunehmen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als oberste Schulbehörde in Niedersachsen gehört es zu den Hauptaufgaben des Kultusministeriums, die Entwicklung des Schulwesens zu planen und zu gestalten, die Strukturen des Unterrichts in den verschiedenen Schulformen zu regeln, Rahmenrichtlinien für dessen Inhalte und Methoden zu erlassen und die Ausstattung der Schulen insbesondere mit Lehrkräften sicherzustellen.

Entsprechend der Geschäftsverteilung zwischen dem Kultusministerium und der Niedersächsischen Landesschulbehörde (NLSchB) werden die strategischen Vorgaben zur Ressourcenzuweisung und Personalplanung im Kultusministerium getroffen. Die operative Umsetzung der Planungen in konkrete Personalmaßnahmen ist originäre Aufgabe der NLSchB. Insbesondere zur Vorbereitung und Durchführung von Einstellungs- und Versetzungsverfahren findet eine enge Abstimmung im Rahmen von regelmäßigen Dienstbesprechungen zwischen den in den Schulbehörden für die Personalplanung Verantwortlichen statt.

Im Einzelnen handelt es sich entsprechend der Fragestellung der Abgeordneten um die nachfolgenden Maßnahmen.

a) Versetzungen und Abordnungen von Lehrkräften zwischen Schulen:

Ziel der Personalplanung der Schulbehörden in Niedersachsen ist es, eine landesweit ausgewogene bedarfsgerechte Versorgung mit Lehrkräften an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen zu erreichen. Die entsprechend den Einstellungsmöglichkeiten neu einzustellenden Lehrkräfte dienen auch dem überregionalen Ausgleich der Versorgung mit Lehrkräften zwischen den Schulen. Vor Ausschreibung einer Stelle ist zu prüfen, ob der Fächerbedarf der Schule durch Versetzung geeigneter Lehrkräfte gedeckt werden kann. Maßstab zum Ausgleich zwischen den Schulen ist der mit den zugewiesenen Stellen erreichbare Durchschnitt der Versorgung in den einzelnen Schulformen. Hierzu können u. a. auch Versetzungen und (Teil-)Abordnungen vorgenommen werden.

Die Personalplanung durch die NLSchB ist derart zu gestalten, dass der durchschnittliche Bezugswert für die Personalplanung der Schulen aller Schulformen einschließlich der Gymnasien und Gesamtschulen in einem Landkreis bzw. einer kreisfreien Stadt zu Beginn eines Schuljahres im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Regionalabteilung der NLSchB ausgewogen ist.

Die bedarfsgerechte Versorgung mit Lehrkräften an den einzelnen Schulen ist zu Beginn jeden Schuljahres mit den nach dem Abschluss des Einstellungsverfahrens vorhandenen unbefristet beschäftigten und verbeamteten Lehrkräften möglichst vollständig auszugleichen. Es ist Aufgabe der Schulen und der NLSchB in der gemeinsamen Verantwortung für alle Schülerinnen und Schüler flexibel und kurzfristig durch Ausgleich vor Ort auf Veränderungen zu reagieren. Insbesondere sind Abordnungen und Versetzungen von Lehrkräften von überdurchschnittlich versorgten Schulen vorzunehmen. Sofern die dienstrechtlichen Befugnisse für Abordnungen an die Schule übertragen sind, ist es Aufgabe der abgebenden Schule, in Abstimmung mit der aufnehmenden Schule mit einer konkreten Personalentscheidung die Vorgabe umzusetzen.

Die Abordnung stellt ein wichtiges Personalsteuerungs- und Personalplanungsinstrument dar, das dem Dienstherrn im Hinblick auf eine möglichst optimale Organisation seines Dienstbetriebes zur Verfügung steht. Die Entscheidung über eine Abordnung steht im Ermessen des Dienstherrn; ihm kommt dabei insbesondere angesichts des lediglich vorübergehenden Charakters der Abordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Nach § 101 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG ist Mitbestimmung oder Benehmensherstellung bei einer Abordnung im Bereich der öffentlichen Schulen bis zur Dauer eines Schulhalbjahres ausgeschlossen. Für Abordnungen, die über die Dauer eines Schulhalbjahres hinausgehen, gelten die allgemeinen Regelungen des NPersVG. Diese Abordnungen sind mitbestimmungspflichtig nach § 65 Abs. 1 Nr. 10 NPersVG.

Die Erteilung aller Schülerpflichtstunden hat an allen Schulformen und Schulen Vorrang vor allen weiteren unterrichtlichen und außerunterrichtlichen (Wahl-)Angeboten. Dies gilt nicht nur für die Gestaltung des Lehrereinsatzes zu Beginn des Schulhalbjahres, sondern auch für die täglichen Regelungen des Einsatzes der Lehrkräfte im Rahmen des Vertretungskonzeptes der Schule. Die Entscheidungen über die konkreten Maßnahmen und deren Umsetzung erfolgen in den fachlich zuständigen Dezernaten der Regionalabteilungen der NLSchB, nach Absprache zwischen NLSchB und Schulen bzw. zwischen den Schulen im Fall von Abordnungen von maximal einem Schulhalbjahr.

b) Abordnungen an Schulbehörden:

Es entspricht bewährter Praxis in vielen Landesbehörden, dass die Aufgabenwahrnehmung nicht allein durch ausgebildetes Verwaltungspersonal, sondern in erheblichem Maße auch durch Angehörige ressortspezifischer Laufbahnen und Fachrichtungen erfolgt. Dies gilt insbesondere für die ministerielle Ebene. In den Schulbehörden des Landes werden Personen mit einer Lehramtsausbildung und mit schulischem Erfahrungshintergrund eingesetzt. Hierbei ist es wichtig, Erfahrungen aus der schulischen Praxis in die Überlegungen mit einzubeziehen und dafür die Expertise der Lehrkräfte zu nutzen. Dies geschieht durch die zeitlich befristete Aufnahme dieses Personenkreises im Wege der Abordnung.

Im jeweiligen aktuellen Haushaltsplan sind in der Übersicht über das Beschäftigungsvolumen, das Budget und die Stellen des Einzelplans 07 die Abordnungsermächtigungen für die Übernahme einer Tätigkeit, u. a. im Kultusministerium, in der NLSchB bzw. im Niedersächsischen Landesinstitut für Qualitätsentwicklung (NLQ) etc., dargestellt.

Für die Unterstützung der strategischen Arbeit im Kultusministerium geschieht dies einerseits durch die zeitlich befristete Aufnahme dieses Personenkreises im Wege der Abordnung, wofür im Haushaltsplan eine Haushaltsermächtigung im Umfang von bis zu 14 Vollzeitlehrereinheiten (VZLE) vorgesehen ist. Eine weitere Ermächtigung im Umfang von sieben VZLE für die Mitarbeit im Rahmen des Projektes IT 2020 ist unter Ziffer 30 dargestellt.

Zum anderen gehören Lehrkräfte bei Ausschreibungen für dauerhaft zu besetzende Dienstposten und Arbeitsplätze mit vorwiegend schulfachlichem Aufgabenprofil zur definierten Zielgruppe, sodass ggf. eine Versetzung in das Kultusministerium die Zielmaßnahme ist.

Die Eigenart der wahrzunehmenden Aufgaben macht deren Verwendung auch künftig unverzichtbar. Die von den Lehrkräften wahrgenommenen Aufgabenfelder stehen in engem Bezug zur Ausgestaltung des Unterrichts in den Schulen und erfordern daher vertiefte pädagogische Kennnisse und Erfahrungen. Verwaltungspersonal ohne pädagogische Qualifikation und ohne schulischen Erfahrungshintergrund kommt für die in Rede stehenden Aufgaben nicht in Betracht. Hinsichtlich des Termins für den Wechsel in die Behörden wird in der Regel auf die schulischen Belange Rücksicht genommen, indem der jeweils anstehende Schuljahres- oder Schulhalbjahresbeginn angestrebt wird. Um den dienstlichen Interessen beider Institutionen Rechnung tragen zu können, wird, insbesondere bei terminlichen Abweichungen, im Einzelfall im Einvernehmen mit der Schule und der NLSchB auf das Instrument der Teilabordnung zurückgegriffen.

Diese Anfrage knüpft inhaltlich an eine vorangegangene Kleine Anfrage (Drs. 18/248) an. Deren Beantwortung durch das Kultusministerium namens der Landesregierung vom 01.03.2018 (Drs. 18/433), auf die hiermit verwiesen wird, stellt entsprechend der Fragestellung in der gebotenen Ausführlichkeit und Differenzierung den außerunterrichtlichen Einsatz niedersächsischer Lehrkräfte dar.

c) Anrechnungs- und Entlastungsstunden:

Der Begriff der Anrechnungsstunden wird für die Beantwortung der Anfrage dahingehend verstanden, dass damit die Reduzierungen der Unterrichtsverpflichtung gemeint sind, die Lehrkräften in Form von Anrechnungsstunden und Schulleitungen in Form einer Verminderung ihrer Unterrichtsverpflichtung zur Wahrnehmung besonderer funktionsbezogener oder sonstiger außerunterrichtlicher schulischer Aufgaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften gewährt werden. Im Unterschied zu Abordnungen stehen Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden in einem direkten Bezug zu den Unterrichtstätigkeiten der Lehrkräfte. Über den Umfang der Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden wird regelmäßig in öffentlichen Statistiken und im Haushaltsplan (Buchstabe F des Vorworts zum Einzelplan 07) informiert.

Lehrkräfte und Schulleitungen erhalten für die Wahrnehmung außerunterrichtlicher Aufgaben Anrechnungsstunden bzw. eine Verminderung ihrer jeweiligen Unterrichtsverpflichtung, um die Einhaltung des von § 60 Abs. 1 NBG vorgegebenen arbeitszeitrechtlichen Rahmens von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu gewährleisten. Dabei wird ein Teil der Arbeitszeit von der Unterrichtstätigkeit in den außerunterrichtlichen Bereich verlagert; die Unterrichtsverpflichtung sinkt entsprechend der Erhöhung des nicht unterrichtlichen Arbeitszeitanteils. Grundlage für die Gewährung von Anrechnungsstunden bzw. der Verminderung der Unterrichtsverpflichtung muss regelmäßig ein in der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen (Nds. ArbZVO-Schule) oder anderen Rechtsvorschriften normierter Tatbestand sein. Ausführlich sind die einzelnen Entlastungstatbestände in der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs.17/8442 aus der vorangegangenen Legislaturperiode dargestellt. Auf die dort gegebenen Informationen (Antwort der Landesregierung - Drs. 17/8598) wird hier ausdrücklich verwiesen. Davon zu unterscheiden sind die Ermäßigungen der Unterrichtsverpflichtung, die Lehrkräften und Schulleitungen aus in der Person liegenden Gründen gewährt werden (z. B. Alters- oder Schwerbehindertenermäßigung, §§ 8,10, bzw. 25, 26 Nds. ArbZVO-Schule).

Nach § 16 Nds. ArbZVO-Schule können Lehrkräften seitens des Kultusministeriums Anrechnungsstunden für Sonderaufgaben gewährt werden. Der Begriff der Sonderaufgaben ist nicht abschließend definiert. In der Regel handelt es sich dabei um innovative und schulpolitisch gewichtige Maßnahmen. Unter den Begriff der Sonderaufgaben fallen - neben den in der Vorschrift nicht abschließend aufgezählten Schulversuchen, Modellversuchen oder Projekten, der Erarbeitung von Lehrplänen und der Mitarbeit bei zentralen Abschlussprüfungen - auch außerunterrichtliche Aufgaben, die im Zuge der Weiterentwicklung des Schulwesens wahrgenommen werden.

Für die Vergabe dieser Anrechnungsstunden ist ein geregeltes Verfahren vorgegeben. Neu- oder Änderungsanträge müssen auf den Dienstweg über die NLSchB an die jeweils zuständigen Fachreferate im Kultusministerium gegeben werden, so dass die Anträge zusammengefasst über die Abteilungsleitungen des Kultusministeriums spätestens zum 1. Februar eines Jahres zur Entscheidung an die Hausspitze vorgelegt werden können. Entsprechend der festgelegten Obergrenzen im Rahmen des bestehenden Konzeptes zur Verteilung der Anrechnungs- und Entlastungsstunden (AE-Stunden) wird dann die Entscheidung über das Gesamtkonzept für das im Sommer beginnende neue Schuljahr getroffen. Im Regelfall wird hier über Anträge für AE-Stunden für bestimmte Projekte oder Aufgaben, aber nicht für bestimmte Lehrkräfte entschieden. Die Benennung von Lehrkräften für die Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben erfolgt im Regelfall (Ausnahmen hiervon sind in der Beantwortung der Frage 2 dargestellt) von der NLSchB oder wird ggf. nach Durchführung eines Bewerbungs- und Auswahlverfahrens in NLSchB oder im Kultusministerium getroffen.

Aufgrund der Vorbemerkung werden die Fragen mit Blick auf die Abordnungen bzw. Versetzungen an das Kultusministerium seit Schuljahresbeginn 2017/2018 wie nachstehend beantwortet:

1. In wie vielen Fällen wurden o. g. Einzelfallentscheidungen zu Lehrkräften im Kultusministerium getroffen?

Insgesamt wurden 9 Lehrkräfte aus der Schule an das Kultusministerium abgeordnet, in 5 Fällen wurden zusätzlich bestehende Abordnungen zum Schuljahresbeginn verlängert. Darüber hinaus wurden 4 Lehrkräfte an das Kultusministerium versetzt.

Alle Lehrkräfte werden regelmäßig über Auswahlverfahren für die jeweiligen (Abordnungs-)Dienstposten ausgewählt. Insofern handelt es sich jeweils um Einzelfallentscheidungen des Kultusministeriums.

2. Auf wessen Veranlassung hin wurde im Kultusministerium diese Entscheidung getroffen (je Einzelfall)?

Die Wiederbesetzung von Planstellen oder Abordnungsstellen mit Lehrkräften erfolgt grundsätzlich im Rahmen von Auswahlverfahren auf der Grundlage der jeweiligen Stellenausschreibungen. Jede Auswahlentscheidung steht unter dem Zustimmungsvorbehalt der Staatssekretärin. Hiervon abweichend sind zu Beginn der laufenden Legislaturperiode - jeweils zum 01. Februar 2018 - drei Abordnungsmaßnahmen ohne vorherige Ausschreibung erfolgt. Bei zwei dieser Stellen handelte es sich um kurzfristige Maßnahmen des Ministers zur Stärkung des Ministerbüros und des Referats 01 des Kultusministeriums, bei denen vor dem Hintergrund des hierfür notwendigen besonderen Vertrauensverhältnisses auf die Ausschreibung verzichtet wurde. Bei der dritten Maßnahme handelt es sich um die Wiederbeschäftigung eines bereits im Kultusministerium beschäftigten Oberschulrektors nach Ausscheiden aus dem Landtag.

3. Aus welchen Gründen und vor welchem Hintergrund wurde so entschieden?

Die Ausschreibungen erfolgen im Rahmen stellen- und personalwirtschaftlicher Planungen, die Auswahlentscheidungen nach den Grundsätzen der Bestenauslese. Hinsichtlich der unter Frage 2 dargestellten Sonderfälle wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

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Artikel-Informationen

erstellt am:
18.05.2018

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