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LT Februar-Plenum TOP 26: Schriftliche Antwort auf die mündl. Anfrage Nr. 20, Wer zahlt die Kosten für die Wahlversprechen der Großen Koalition? (Teil 3)


Abgeordnete Julia Willie Hamburg und Stefan Wenzel (GRÜNE)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Landesregierung hat zuletzt (Eingang 16. Februar 2018) in der Antwort auf eine Anfrage in der Drucksache 18/309 erklärt: „Daten zu den Gesamtkosten der Landkreise und kreisfreien Städte für Kindertagesstätten (Ü3 und U3) in den Jahren 2015 und 2016 liegen nicht vor.“ Weiter heißt es: „Die Statistik differenziert nicht nach Einnahmen für Krippen (U3) und Kindertagesstätten (Ü3).“ Und: „Entsprechende Daten für 2016 sind aktuell noch nicht verfügbar.“ Im Haushaltsausschuss am 14. Februar 2018 haben die kommunalen Spitzenverbände hingegen Zahlen vorgelegt, denen die Landesregierung nicht widersprochen hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Landesregierung Verhandlungen ohne belastbare Zahlenbasis führt und wie sie auf dieser Grundlage Folgekosten für die Finanzplanung von Land und Kommunen kalkuliert.

Zudem stellt sich die Frage, warum die kommunalen Spitzenverbände in ihren Mitteilungen an ihre Mitglieder den zwischenzeitlichen Verhandlungsstand wiedergeben, während die Landesregierung nicht bereit ist, das Parlament über die Angebote der Landesregierung an die kommunalen Spitzenverbände zu informieren. Während der Niedersächsische Städtetag (NST) in seiner Zeitschrift NST-Nachrichten, Ausgabe 1/2018, schreibt, das Kultusministerium habe eine Übernahme von 52 % der Kosten angeboten und hielte nach Einschätzung des NST am geplanten Systemwechsel fest, schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage zur Fragestunde von Julia Hamburg und Stefan Wenzel am 26. Januar mit Bezug auf die Gespräche am 12. und 19. Januar 2018, die Gespräche der Landesregierung seien noch nicht abgeschlossen. Mit Blick darauf, dass geplant ist, mit dem Nachtragshaushalt im Februar-Plenum 2018 die Kompensation der Beitragsfreiheit zu beschließen und hierfür etwa 108 Millionen Euro vorzusehen, stellt sich die Frage, welche Einigung mit diesem Betrag erzielt werden kann.

Im Kultusausschuss am 16. Februar 2018 stellte die Landesregierung klar, dass sie im Nachtragshaushalt den Betrag analog zu einer Fortsetzung der Regelung des beitragsfreien dritten Kindergartenjahres für die Jahrgänge 2 und 1 berechnet und eingestellt haben. Es stellt sich die Frage, ob vor dem Hintergrund einer anderen Absprachesituation der Nachtragshaushalt an diesem Punkt tatsächlich beschlussreif ist.

Offen bleibt, wie künftig Qualitäts- und Angebotsverbesserungen sowie Verbesserungen beim Personalschlüssel von den Kommunen gegenfinanziert werden können. Es besteht die Sorge, dass es zu einer Beibehaltung des Status quo kommt und die Entscheidungsspielräume der Gemeinden hinsichtlich der Qualitätsverbesserung der frühkindlichen Betreuung nicht mehr gegeben sind.

Vorbemerkung der Landesregierung

Bildung muss gebührenfrei, modern und von hoher Qualität sein. Dies gilt für alle Kinder und Jugendliche. Je früher Bildung beginnt, desto besser ist dies für die weitere Bildungsbiografie von Kindern. Daher kommt den Kindertagesstätten ein immer wichtigerer Bildungsauftrag zu.

Die Koalitionspartner von SPD und CDU haben sich deshalb im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, die Eltern von den Kosten des Kindergartenbesuches zu entlasten. Damit werden künftig finanzielle Hürden beseitigt und ein essentieller Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet.

SPD und CDU haben im Zusammenhang mit der vollständigen Beitragsfreiheit im Koalitionsvertrag vereinbart, mit den Kommunen eine entsprechende Finanzvereinbarung zu treffen, die einen fairen Ausgleich der Interessen von Land und Kommunen vornimmt.

Die Landesregierung und die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens befinden sich in einem intensiven Austausch über die Umsetzung der Beitragsfreiheit zum 01.08.2018. In den Spitzengesprächen am 12.01.2018 und am 19.01.2018 konnte noch kein Einvernehmen erzielt werden.

Von den Kommunalen Spitzenverbänden wurde eine Alternative zu dem bisherigen Abrechnungsmodus nach Pauschalen für die Kindergartenplätze gewünscht. Durch die Landesregierung wurde deshalb ein Systemwechsel vorgeschlagen, der sich von den gegenwärtigen Pauschalen löst und die allgemeine Finanzhilfe erhöht. Daher wurde eine Erhöhung der Personalkostenzuschüsse von derzeit 20% auf 52% in die Verhandlungen eingebracht. Die Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände lehnten diesen Vorschlag als unzureichend ab.

Die Gespräche werden derzeit in unterschiedlichen Konstellationen fortgesetzt.

In dem vom Niedersächsischen Landtag beschlossenen Nachtragshaushalt für 2018 sind rund 109 Mio. Euro für die Einführung der Beitragsfreiheit im 1. und 2. Kindergartenjahr ab 01.08.2018 enthalten.

1. Welche Einigungskorridore sieht die Landesregierung bei den weiteren, von den kommunalen Spitzenverbänden im Zuge der Verhandlungen erhobenen Forderungen?

Die Landesregierung wird ihrer Verpflichtung nachkommen und die im Zuge der Umsetzung einer vollständigen Beitragsfreiheit des Kindergartens erforderlichen Ausgleichszahlungen leisten. In den laufenden Gesprächen prüft die Landesregierung derzeit, über welche Verfahren diese Ausgleichszahlungen geleistet werden können und inwieweit die Landesregierung auf darüber hinausgehende Forderungen der kommunalen Spitzenverbände eingehen kann. Diese Gespräche dauern an.

Ein Einigungskorridor wäre Ergebnis dieser Gespräche.

2. Auf welcher Datengrundlage führt die Landesregierung die Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden?

Als Datengrundlagen für diese Berechnungen dienten u. a. eine Stichprobe aus kommunalen Gebührensatzungen, Statistiken des Landesamtes für Statistik, Daten aus der Abrechnung des dritten Beitragsfreien Kindergartenjahres der Niedersächsischen Landesschulbehörde und Auswertungen aus kita.web.

Die Landesregierung hat den kommunalen Spitzenverbänden im Dezember 2017 und erneut im Januar 2018 die Berechnungen erläutert, auf deren Grundlage das Finanzvolumen für die im Nachtragshaushalt zu beantragenden Ausgleichszahlungen kalkuliert wurde. Diese wurden durch die kommunalen Spitzenverbände nachvollzogen.

3. Wer entscheidet künftig über Angebotsverbesserungen und die Übernahme der damit verbundenen Kosten?

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Gesamtverantwortung nach § 79 Abs. 1 SGB VIII für Kinderbetreuung beim örtlichen Träger der Jugendhilfe (kreisfreie Städte und Landkreise) liegt. Die Träger von Kindertageseinrichtungen müssen gemäß § 45 SGB VIII sicherstellen, dass das Wohl der Kinder in einer Einrichtung gewährleistet ist und die für den Betrieb einer Einrichtung erforderlichen räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind.

Das Land gibt mit dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder sowie den entsprechenden Durchführungsverordnungen (1. und 2. DVO-KiTaG) Mindestvoraussetzungen für die personelle und räumliche Ausstattung der Kindertagesstätten vor. Ob und inwieweit in den Kindertagesstätten darüber hinaus höhere Standards vorgehalten werden, ist der Entscheidung der Träger bzw. der Kommunen vorbehalten. Eine Reduzierung der Gruppenstärke oberhalb der gesetzlichen Mindestanforderungen sowie eine Erhöhung der Verfügungszeit oder auch Leitungszeit kann somit von den Entscheidungsträgern vor Ort durchaus umgesetzt werden.

Sofern Verfügungs- und Leitungsfreistellungszeiten, die über die Mindestvoraussetzungen hinausgehen, vorgehalten werden, gewährt das Land auch für diese höheren Verfügungs- und Leitungsfreistellungszeiten Finanzhilfe. Sofern Gruppengrößen verringert werden, bleibt die Höhe der Landesfinanzierung pro Gruppe davon unberührt.

Über landespolitische Initiativen zur Angebotsverbesserung in der Kindertagesbetreuung und deren Finanzierung entscheidet in letzter Instanz der Landtag.

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.03.2018

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