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LT April-Plenum TOP 31: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 7

Krankenhausunterricht für längerfristig erkrankte Schülerinnen und Schüler


Abgeordnete Dr. Gabriele Andretta (SPD)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Schülerinnen und Schüler, die im Krankenhaus, in Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder in ähnlichen Einrichtungen stationär behandelt werden und die Schule nicht besuchen können, sollen während dieser Zeit Unterricht im Krankenhaus erhalten. Das Lernen im Krankenhaus wird unter Berücksichtigung der Belastungen, die sich aus dem jeweiligen Krankheitsbild ergeben, flexibel organisiert. Der Stundenumfang ist im Einzelfall von der Schulbehörde festzulegen. Im Erlass „Sonderpädagogische Förderung“ vom 1. Februar 2005 heißt es hierzu: „Über den Unterricht im Krankenhaus entscheidet die Schulbehörde. Der Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus ist durch schulinterne oder schulübergreifende Personalmaßnahmen im Rahmen der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse und der verfügbaren Haushaltsmittel sicherzustellen“.

Nach Ansicht von Fachleuten ist aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht eine ausreichende Beschulung während des Klinikaufenthalts für die spätere nachhaltige Reintegration der Kinder und Jugendlichen in den Schulalltag unverzichtbar. In einigen Kliniken wie in der Klinik Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Asklepios-Fachklinikums Tiefenbrunn kommt der Klinikschule im Therapiekonzept eine wichtige Bedeutung zu. Von den Kindern und Jugendlichen, die in der Klinik behandelt werden, werden im Durchschnitt 90 Prozent mit erheblichen Schulstörungen aufgenommen. Die Sicherstellung von ausreichenden Unterrichtsstunden für Einzel- und Gruppenunterricht ist daher für den Behandlungserfolg essenziell.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Beschulung von Schülerinnen und Schülern, die infolge einer längerfristigen Erkrankung die Schule nicht besuchen können, sondern in Krankenhäusern oder vergleichbaren Einrichtungen stationär behandelt werden, folgt aus der Erfüllung der Schulpflicht. Nach § 69 Abs. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) soll „in angemessenem Umfang“ Unterricht erteilt werden. Die Landesregierung stellt derzeit jedes Schuljahr rd. 3.000 Lehrerstunden für den Unterricht im Krankenhaus zur Verfügung. Dies bedeutet eine beachtliche Erhöhung der Beauftragungen. Vor zehn Jahren lag der Umfang jährlich nur bei rd. 2.000 Stunden, entsprechend einer durchschnittlichen Bereitstellung von rd. zwei Stunden pro Schülerin bzw. Schüler.

Mit den „Grundsätzen für die Beauftragung von Lehrkräften mit Krankenhausunterricht“ vom 28.09.2010 wird den Besonderheiten dieses Unterrichts und der erforderlichen Flexibilität Rechnung getragen. Damit die Einrichtungen über einen verlässlichen Umfang an Lehrerstunden verfügen, wird für die Zuweisung die durchschnittliche Belegungszahl zugrunde gelegt. Angestrebt wurde eine schrittweise Erhöhung auf zweieinhalb Stunden pro Schülerin bzw. Schüler in allen Einrichtungen. Zudem erfolgt die Beauftragung von Lehrkräften jeweils zum Schuljahresbeginn in der Regel für das ganze Schuljahr. Die Personalauswahl erfolgt durch die Niedersächsische Landesschulbehörde (NLSchB) entsprechend der Abstimmung mit der Einrichtung über die Fächer und Lehrbefähigungen. Da der Unterricht im Krankenhaus eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, werden Lehrkräfte ausgewählt, die für die Besonderheiten dieses Unterrichts aufgeschlossen sind und über hinreichende Berufserfahrung verfügen. Um die Reintegration der Kinder und Jugendlichen in den Schulalltag zu gewährleisten, wird darauf Wert gelegt, dass die in den Einrichtungen unterrichtenden Lehrkräfte weiterhin Kontakt mit ihren Stammschulen behalten.

Die Erstellung des Stundenplans für die einzelnen Kinder und Jugendlichen erfolgt durch die Einrichtung, wobei das jeweilige Krankheitsbild, die Belastbarkeit und die Belange der aktuell in der Einrichtung befindlichen Kinder und Jugendlichen berücksichtigt werden. Als Richtwert ist vorgesehen, dass Kinder und Jugendliche in psychiatrischen Kliniken mindestens fünfzehn Unterrichtswochenstunden in der Summe aus Einzel- und Gruppenunterricht erhalten. Die organisatorische Abstimmung zwischen Einrichtung und Schulen soll die Erfordernisse beider Einrichtungen berücksichtigen und insbesondere auch die Verlässlichkeit des Krankenhausunterrichts sicherstellen. Um die bestmögliche Wirksamkeit von Unterricht und Krankenhausbehandlung zu erreichen, wird die Zusammenarbeit von Lehrkräften und behandelnden wie betreuenden Fachkräften sowie der Austausch in regelmäßigen Dienstbesprechungen begrüßt.

1. Wie hat sich die Zahl der Lehrerstunden pro Patientin/Patient der Kinder- und Jugendpsychiatrien in Niedersachsen insgesamt und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tiefenbrunn im Besonderen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt?

Niedersachsen

Schuljahr

07/08

08/09

09/10

10/11

11/12

12/13

13/14

14/15

15/16

16/17

Geförderte Schüler/in

983

1.229

1.100

1.106

1.215

1.349

1.530

1.191

1.098

-**

Gesamtstunden

2.057,0

2.142,0

1.945,0

1.530,0*

2.410,8

2.731,0

2.897,0

2.998,0

2.920,0

3.021,0

Std. pro Schüler/in

2,1

1,7

1,8

1,4

2,0

2,0

1,9

2,5

2,7


* Bis zum Schuljahr 2010/2011 wurden die Abbuchungen zum Krankenhaus- und Hausunterricht im Lehrerverzeichnis unter einem Schlüssel zusammengefasst dargestellt. Die hier gewünschte Differenzierung erfolgte aufgrund von Angaben im Schulbogen. Bei der historischen Betrachtung der für das Schuljahr 2010/11 angegebenen Zahl ist zu vermuten, dass damals keine vollständige Auswertung der Angaben im Schulbogen erfolgt ist. Es ist davon auszugehen, dass tatsächlich rund 2.000 Stunden für Krankenhausunterricht bereitgestellt wurden.

** Die besondere Auswertung aus den Daten zum Stichtag aus dem laufenden Schuljahr 2016/2017 liegt noch nicht vor.

Kinder- und Jugendpsychiatrie Tiefenbrunn

Sj 07/08

Sj 08/09

Sj 09/10

Sj 10/11

Sj 11/12

Sj 12/13

Sj 13/14

Sj 14/15

118,0 Std.

116,5 Std.

k. A.

131,0 Std.

134,5 Std.

145,0 Std.

133,5 Std.

127,0 Std.

Sj 15/16

Sj 16/17

132,5 Std.

108 * Std.

* Es handelt sich hier - wie auch in den Vorjahren- um den Jahresanfangswert. Zum 2. Schulhalbjahr erfolgten mehrere Personalabgänge (u. a. durch Erkrankung, Mutterschutz), für die kein vollständiger Ersatz gefunden werden konnte. Obwohl im 2. Schulhalbjahr nunmehr nur noch 91,5 Std. zur Verfügung stehen, liegt die Klinik mit 3,1 Std. pro Schülerin bzw. Schüler immer noch über dem Landesdurchschnitt.

Für das Schuljahr 2016/ 2017 wird eine durchschnittliche Belegungszahl 30 zugrunde gelegt. Hieraus ergibt sich eine Bereitstellung von 3,6 Lehrerstunden pro Patientin bzw. Patient.

2. Wie sieht im Vergleich dazu die Zahl der Lehrerstunden pro Patientin/Patient der Kinder- und Jugendpsychiatrien in den anderen Bundesländern aus?

Für die Bereitstellung von Lehrkräften für den Unterricht kranker Schülerinnen und Schüler gibt es keine bundesweit einheitlichen Regelungen. Formen und Organisation des Unterrichts unterscheiden sich stark. Bereits die Normen für einen Anspruch auf Zugang zum Unterricht differieren erheblich. Hieraus resultiert, dass keine vergleichbaren Angaben zum Umfang der bereitgestellten Ressourcen vorliegen. Eine diesbezügliche bundesweite Abfrage war im Rahmen der Beantwortungsfrist nicht zu realisieren.

3. In welcher Weise werden im Einzelfall bei der Festlegung des Stundenumfangs durch die Schulbehörde die Empfehlungen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte berücksichtigt?

Die NLSchB stimmt die Zuweisung der Lehrerstunden für das Schuljahr auf der Grundlage der im o. g. Erlass benannten Richtgröße von zweieinhalb Stunden pro Schülerin bzw. Schüler mit der Einrichtung ab. Hierzu werden die durchschnittliche Belegungszahl sowie ggf. besondere Bedarfe bei der Einrichtung erfragt.

Die Festlegung des Unterrichtsumfangs im Einzelfall sowie die Gestaltung als Einzel- oder Gruppenunterricht erfolgt durch die Einrichtung unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse.

Artikel-Informationen

erstellt am:
07.04.2017

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