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LT Juni-Plenum TOP 49: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 8

Versorgung mit Inklusionsstunden im Landkreis Osnabrück

Abgeordnete Filiz Polat (Grüne)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Zum Schuljahr 2013/2014 wurde in Niedersachsen die inklusive Schule eingeführt. Seitdem haben Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf die Möglichkeit, zwischen dem Besuch einer Regelschule oder einer Förderschule zu wählen.

Aktuellen Medienberichten zufolge stehen aber zurzeit im Landkreis Osnabrück nicht genügend Förderschullehrerstunden im Sek-I-Bereich an Regelschulen zur Verfügung („Anspruch und Wirklichkeit bei den Inklusionsstunden“, NOZ, 8. April 2016). Die Versorgung mit sonderpädagogischen Unterstützungsstunden liege demnach an Sekundarschulen mit Inklusionskindern bei weniger als 50 %. Nach Angaben des Kreiselternrats fehlen pro Inklusionskind ein bis zwei Fachlehrer-Wochenstunden. Zudem fehlen sonderpädagogisch geschulte Fachlehrerinnen und Fachlehrer.

Vorbemerkung der Landesregierung

Ziel der Landesregierung ist es, die Versorgung mit Lehrkräften landesweit nachhaltig zu sichern und gleichzeitig die Bildungsqualität zu erhöhen. Zugleich hat sie die Rahmenbedingungen einer inklusiven Schule angemessen umzusetzen. Ziel ist es, landesweit gleichwertige Bedingungen bei der sonderpädagogischen Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung sicherzustellen. Daher werden die vom Landtag bereitgestellten Lehrerstellen auf die Schulen möglichst bedarfsgerecht verteilt. Es wird dabei insbesondere darauf geachtet, eine bedarfsgerechte Ressourcensteuerung der Förderschullehrkräfte für Schülerinnen und Schüler an Förderschulen und im Rahmen der Integration und Inklusion zu gewährleisten.

Die Versorgung der allgemein bildenden Schulen mit Lehrkräften, die über die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen, stellt aktuell nicht nur in Niedersachsen, sondern bundesweit eine besondere Anforderung für die Personalplanung dar. In der Beantwortung von Anfragen von Abgeordneten des Landtages hat das Kultusministerium wiederholt bestätigt, dass an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen ein deutlicher Bedarf an Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik bzw. an Lehrkräften mit der erworbenen Zusatzqualifikation Sonderpädagogik besteht.

Bewerberinnen und Bewerber mit der Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik haben daher in Niedersachsen – wie in fast allen anderen Bundesländern auch – besonders gute Einstellungschancen.

Im Rahmen einer verantwortungsvollen Personalplanung ist es Aufgabe der Niedersächsischen Landesschulbehörde die in begrenzter Anzahl vorhandenen Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik bedarfsgerecht auf die Schulen zu verteilen. Entsprechend des Gleichbehandlungsgrundsatzes gilt dies gleichermaßen für Förderschulen sowie für allgemeine Schulen in den inklusiven und integrativen Schuljahrgängen, um allen Schülerinnen und Schülern mit festgestelltem sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf eine entsprechende Förderung zukommen zu lassen.

Die Ressourcensteuerung durch Kultusministerium und Niedersächsische Landesschulbehörde wird vor Ort durch die Förderzentren der Förderschulen wahrgenommen. Das Förderzentrum stellt die Beratung und Unterstützung der Schulen sowie der Erziehungsberechtigten im Einzugsgebiet sicher und stellt den allgemeinen inklusiven Schulen die sonderpädagogischen Ressourcen zur Verfügung. Die Leitung des Förderzentrums hat umfassende Kenntnisse über das sonderpädagogische Personal und dessen Fähigkeiten sowie Erfahrungen. Auf dieser Grundlage wird entschieden, welche Lehrkräfte an welchen Schulen mit welchen Aufgaben eingesetzt werden.

1. Wie viele Förderschullehrerstunden stehen in den Bereichen Primarstufe und Sek I dem Landkreis Osnabrück zu und wie viele davon real zur Verfügung?

Die Bedarfsermittlung der Schulen erfolgt auf Basis der Vorgaben des Runderlasses „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen“. Den Schulen werden alle Soll-Bedarfe gemäß dieser Erlassvorgaben anerkannt.

Hilfsweise werden die laut Erhebung zur Unterrichtsversorgung an allgemein bildenden Schulen zum Stichtag 15.09.2015 als Soll-Bedarfe anerkannten Lehrkräfte-Soll-Stunden an öffentlichen allgemein bildenden Schulen im Landkreis Osnabrück im Primarbereich und im Sekundarbereich I, die im Rahmen von Integration und Inklusion als Zusatzbedarfe (und im Rahmen der sonderpädagogischen Grundversorgung) anerkannt wurden – rund 3.400 Lehrkräfte-Soll-Stunden – sowie die Lehrkräfte-Soll-Stunden der Förderschul-Schulgliederungen – rund 2.900 Lehrkräfte-Soll-Stunden – genannt.

Weiterhin obliegt der tatsächliche Unterrichtseinsatz der Lehrkräfte aufgrund der Regelungen zur eigenverantwortlichen Schule der jeweiligen Schulleitung. Der tatsächliche Unterrichtseinsatz von Lehrkräften wird im Rahmen der Erhebung zur Unterrichtsversorgung nicht erhoben. Zudem erfolgt im Rahmen der Erhebung zur Unterrichtsversorgung an allgemein bildenden Schulen die Erfassung der nach o. g. Runderlass anerkannten Bedarfe schulgliederungsbezogen und nicht lehramtsbezogen.

Hilfsweise werden daher angegeben

- die Anzahl der insgesamt vorhandenen Stunden von Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik (ohne Referendarinnen und Referendare) oder von Lehrkräften mit der erworbenen Zusatzqualifikation Sonderpädagogik an öffentlichen allgemein bildenden Schulen (ohne Schulgliederung Förderschule) im Landkreis Osnabrück als Lehrer-Ist-Stunden zum Stichtag 15.09.2015. Diese beträgt rund 2.200 Lehrkräfte-Ist-Stunden.

- die Anzahl der insgesamt vorhandenen Stunden von Lehrkräften an öffentlichen Förderschul-Schulgliederungen im Landkreis Osnabrück als Lehrer-Ist-Stunden zum Stichtag 15.09.2015. Diese beträgt rund 2.700 Lehrkräfte-Ist-Stunden.

2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Lehrerstunden, die den Schulen nach Punkt 5.10 des Erlasses Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen als Zusatzbedarf für die sonderpädagogische Unterstützung zugewiesen werden, auch für diesen Zweck verwendet werden?

Auf die Antwort zu 1 und auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen.

3. Welche Qualifizierungsmaßnahmen stellt die Landesregierung, um Fachlehrerinnen und Fachlehrer sonderpädagogisch weiter zu qualifizieren?

Für die Umsetzung der inklusiven Schule und Maßnahmen der sonderpädagogischen Förderung stellt das Land im laufenden Haushaltsjahr 2016 rund 265 Mio. Euro zur Verfügung. Im Zeitraum der Mittelfristigen Finanzplanung bis 2020 sind für die Umsetzung der Inklusion rund 1,32 Mrd. Euro eingeplant.

Für 1.015 zusätzliche Lehrerstellen und Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind rund 370 Mio. Euro im Kultusetat bis 2020 vorgesehen, außerdem wurde der Ansatz für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen um 60 Prozent erhöht (seit 2014 werden jährlich 1,6 Mio. Euro im Haushalt eingeplant): Es stehen gegenwärtig und in Zukunft 1,6 Mio. Euro jährlich zur Verfügung, 8,0 Mio. Euro für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung. Zusammen gerechnet fließen damit insgesamt rund 1,7 Mrd. Euro von 2016 bis 2020 in die inklusive Schule.

Im Primarbereich erhalten die Kollegien der niedersächsischen Grundschulen die Möglichkeit, sich in schulinternen Lehrerfortbildungen zu inklusiven Themenschwerpunkten zu qualifizieren. Zur Unterstützung des damit verknüpften Schulentwicklungsprozesses durchlaufen die Grundschulen drei schulinterne Lehrerfortbildungen in drei aufeinanderfolgenden Jahren.

Über die regionalen Kompetenzzentren für Lehrerfortbildung erhalten Lehrkräfte des Sekundarbereichs I die Möglichkeit, sich in vier zweitägigen modularen Qualifizierungsmaßnahmen zu inklusiven Themenfeldern fortzubilden.

Zusätzlich werden über die regionalen Kompetenzzentren für Lehrerfortbildung kostenfreie begleitende Fortbildungen für eine vertiefte Auseinandersetzung mit inklusiven Themenschwerpunkten angeboten.

Qualifizierungsmaßnahmen an Studienseminaren werden seit dem 01.02.2013 angeboten. Sie sind für Lehrkräfte gedacht, die in der sonderpädagogischen Förderung tätig sind und nicht über die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen. Die Maßnahme gliedert sich in zwei Teilleistungen, die Qualifizierung an den Studienseminaren und die Qualifizierung an den Schulen, und umfasst insgesamt drei Schuljahre. Alternativ zu Nr. 4.3 des RdErl. d. MK v. 28.08.2012 (SVBl. S. 509) „Qualifizierungen gemäß § 13 Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Verordnung über die Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung (NLVO-Bildung) und Erwerb einer Ergänzungsqualifikation für ein Lehramt“ wird durch Erbringen beider Teilleistungen die Ergänzungsqualifikation für die Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik erworben. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde die Maßnahme um drei weitere Durchgänge verlängert. Die nächste Qualifizierung startet am 01.02.2017, die Ausschreibung dazu wird voraussichtlich im Schulverwaltungsblatt Heft 09/2016 veröffentlicht.

Universitäre Ergänzungsangebote laufen an den Universitäten Hamburg, Hannover und Oldenburg. Die Universität Hamburg bietet einen weiterbildenden Masterstudiengang Behindertenpädagogik (M.A.) in den Förderschwerpunkten Sehen oder Hören an. Zum Wintersemester 2014/2015 und 2015/2016 haben jeweils sechs Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik, die an öffentlichen Schulen des Landes tätig sind, an diesem Studiengang teilgenommen. Im Schulverwaltungsblatt Heft 06/2016 wird die Maßnahme erneut ausgeschrieben.

Eine zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeit stellt das berufsbegleitende universitäre Ergänzungsstudium „Sonderpädagogik: Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigung im Lernen und in der emotionalen und sozialen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung inklusiver Settings“ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg dar. Dafür stehen zum Wintersemester 2016/2017 – wie in den Jahren zuvor mit Beginn im WS 2014/2015 und 2015/2016 – 20 Studienplätze zur Verfügung.

In Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover wird im Wintersemester 2016/2017 ein berufsbegleitendes Zertifikatsstudium „Sonderpädagogische Grundqualifikation für inklusive Bildung“ mit insgesamt 25 Studienplätzen angeboten.

Insgesamt werden bis zum 31.07.2021 voraussichtlich 640 Lehrkräfte die berufsbegleitende Qualifizierung an den Studienseminaren durchlaufen und die Ergänzungsqualifikation für das Lehramt für Sonderpädagogik erhalten haben.

Die voraussichtliche Absolventenzahl der berufsbegleitenden universitären Angebote, die zum Erwerb der Ergänzungsqualifikation für eine Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik führen, wird bis zu diesem Zeitpunkt auf 135 Lehrkräfte gestiegen sein.

Den weiterbildenden Masterstudiengang Behindertenpädagogik werden bis zum 31.07.2021 voraussichtlich 18 Lehrkräfte abgeschlossen haben.

Mit der Verordnung zur Änderung der Nds. MasterVO-Lehr vom 02.11.2015 (Nds. GVBl. S. 295) hat die Landesregierung die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass in den Studiengängen aller Lehrämter auch pädagogische und didaktische Basiskompetenzen in den Bereichen Umgang mit Heterogenität von Lerngruppen, Inklusion und Grundlagen der Förderdiagnostik erworben werden können. Die im Studium erworbenen Basiskompetenzen werden im Vorbereitungsdienst in Bezug auf schulpraktische Anforderungen vertieft und erweitert. So werden auch Niedersachsens künftige Lehrkräfte für die Herausforderungen der inklusiven Schule in einer sich wandelnden Schullandschaft fundiert ausgebildet.


Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

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