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LT Mai-Plenum TOP 5: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 6

Einbindung von Sportvereinen über das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) in der Ganztagsschule (Teil 1)

Abgeordnete Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns und Christian Dürr (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung der Abgeordneten Björn Försterling u. a. „Mangelnde Qualität des Schulsports in Niedersachsen?“ hat die Landesregierung ausgeführt (Drucksache 17/4631):

„Die Kooperation von Sportvereinen und Ganztagsschulen stellt für alle Beteiligten eine ‚Win-Win-Situation‘ dar: Die Schülerinnen und Schüler lernen neue Trendsportarten kennen und können unabhängig von der kulturellen und sozialen Herkunft ihren Fähigkeiten und Interessen nachgehen. Durch das Angebot außerunterrichtlicher Sport- und Bewegungsangebote von Sportvereinen wird die Ganztagsschule zu einem Ort der Teilhabe, da alle außerunterrichtlichen Angebote für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostenfrei sind. Die Ganztagsschulen erweitern den Sportbereich durch zusätzliche, attraktive außerunterrichtliche Angebote. Für die außerschulischen Partner besteht damit die Möglichkeit, auf verschiedene Sportarten aufmerksam zu machen und unter Umständen neue Mitglieder für den Verein zu gewinnen.“

Wie der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 11. und 12. April 2016 zu entnehmen ist, ist künftig eine anteilige Kostenübernahme durch Schulen für FSJler, die in Sportvereinen beschäftigt sind, vom Kultusministerium untersagt. Die Sportvereine seien darüber im Vorfeld nicht informiert worden. Viele Vereine stünden nun vor dem Problem, dass sie allein einen FSJler nicht finanzieren könnte. Auch seien bereits neue Verträge unter der bisher erfolgten Kooperation für weitere FSJler für 2016/2017 geschlossen worden.

Am 14. April hat das Kultusministerium mitgeteilt: „Bis die Kooperationen neu geregelt sind, wird die bisherige Praxis zum Einsatz junger Menschen in Schulen, deren Einsatzstelle im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) aber ein Sportverein ist, aufrechterhalten.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Damit Schulen Einsatzstellen für Freiwillige, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten (sog. „FSJler“), sein können, hat das Niedersächsische Kultusministerium rechtskonforme Regelungen geschaffen. Sie waren erforderlich, da die zuvor verwendeten Vertragsmuster nicht den rechtlichen Anforderungen des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) entsprachen.

Vereinbarungen über den Einsatz von Freiwilligen an Schulen dürfen nach dem JFDG nur mit zugelassenen Trägern gemäß § 10 JFDG abgeschlossen werden. Dabei ist zwischen den sog. geborenen Trägern nach § 10 Abs. 1 JFDG (Wohlfahrtsverbände, Gebietskörperschaften und Religionsgemeinschaften) und den vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie als der zuständigen Landesbehörde zugelassenen Trägern nach § 10 Abs. 2 JFDG zu unterscheiden.

Zur Vermeidung einer umsatzsteuerpflichtigen Personalgestellung schließen die Träger mit der oder dem Freiwilligen und den Schulen eine Vereinbarung gemäß § 11 Abs. 2 JFDG entsprechend der von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit entwickelten Mustervereinbarung.

Dabei sind insbesondere der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 JFDG vorgegebene Beschäftigungsrahmen (Vollzeitbeschäftigung) und die Arbeitsmarktneutralität des Einsatzes zu beachten.

Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung übernimmt die Schule die Arbeitgeberfunktion. Die mit der Übernahme dieser Funktion verbundenen Aufgaben können im Namen und auf Rechnung der Schule weiterhin vom Träger gegen Entgelt wahrgenommen werden.

Für die Freiwilligen besteht somit die Chance, den Schulbetrieb in allen Facetten kennenzulernen: über Unterrichtshospitation, Schulveranstaltungen, Konferenzen und den Ganztagsbetrieb. Mit dieser Regelung soll jungen Menschen eine neue Möglichkeit eingeräumt werden, das gesamte komplexe „System Schule“ kennenzulernen und Interesse für den Lehrerberuf zu entwickeln.

1. Aus welchen Rechtsgründen hat die Landesregierung die bisherige Praxis beim Einsatz von FSJlern aus Sportvereinen geändert?

Die alten Kooperationsvertragsmuster, die für einen Einsatz von Freiwilligen an Schulen verwendet worden sind, entsprachen nicht den gesetzlichen Vorgaben für den Einsatz von Freiwilligen im Sinne des JFDG. Die Landesregierung hat mit den im März 2016 den Schulen bekannt gegebenen Regelungen erstmalig ein rechtskonformes vertragliches Muster für den Einsatz von FSJlern an Schule geschaffen. Gem. § 11 JFDG ist eine vertragliche Regelung für den Einsatz der Freiwilligen an Schulen auf zwei Arten möglich. Eine Variante ist, dass die oder der Freiwillige und der zugelassene Träger eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 JFDG schließen, in der die Einsatzstelle zu bezeichnen ist. Ist die Einsatzstelle nicht der Träger selbst, handelt es sich bei der Überlassung der oder des Freiwilligen an die Einsatzstelle nach Ansicht der obersten Finanzbehörden des Bundes und Länder um eine für den Träger umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung.

Die andere Variante - für deren Verwendung sich die Landesregierung entschlossen hat und die von den anerkannten Trägern begrüßt worden ist - ist eine trilaterale Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 JFDG zwischen Träger, Freiwilliger oder Freiwilligem und Einsatzstelle. Bei dieser übernimmt die Einsatzstelle die Arbeitgeberfunktion, so dass es sich nicht um eine umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung handelt.

2. Wie bewertet die Landesregierung den Beitrag der FSJler, die in Sportvereinen beschäftigt und an Schulen eingesetzt werden, für die Ganztagsschulen in Niedersachsen?

Die Landesregierung hegt eine hohe Wertschätzung gegenüber den Sportvereinen, sie spielen eine zentrale Rolle bei den Kooperationen der Schulen im außerunterrichtlichen Ganztag. Der Landesregierung ist sehr daran gelegen, den hoch engagierten Sportvereinen auch in Zukunft ihr Engagement in und für Schule und für die Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. Deshalb ist es unerlässlich, den Einsatz von Freiwilligen in Schulen rechtssicher und unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktneutralität und des besonderen Charakters der Freiwilligendienste aufzustellen.

Der Einsatz der FSJler, deren Einsatzstelle ein Sportverein ist und die an Schulen tätig werden, kann in bestimmten Fallkonstellationen rechtlich problematisch sein. Als rechtlich unbedenklich wird der Einsatz eines FSJlers gesehen, der einen im Rahmen eines Kooperationsvertrages zwischen der Schule und einem Sportverein zur Erbringung außerunterrichtlicher Ganztagsangebote in der Schule tätigen Übungsleiter des Sportvereines begleitet und unterstützt.

Ein Einsatz eines FSJlers eines Sportvereins für die selbstständige Erteilung eines Sportangebotes im Ganztag oder im Unterricht hingegen begegnet wegen des Grundsatzes der Arbeitsmarktneutralität Bedenken. Arbeitsmarktneutral ist die freiwillige Tätigkeit, wenn es sich um „eine überwiegend praktische Hilfstätigkeit, die an Lernzielen orientiert ist“ handelt. Die Bestimmungen des JFDG machen deutlich, dass es sich beim FSJ nicht um eine Erwerbstätigkeit handeln darf. Die Freiwilligen im Sinne des Gesetzes sind Personen, die einen freiwilligen Dienst ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung leisten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 JFDG). Ein wesentliches Merkmal des Freiwilligendienstes ist, dass die Freiwilligen in den Einsatzstellen additiv und ergänzend zum ehrenamtlichen und hauptamtlichen Personal eingesetzt werden. Im Übrigen ist von einer Arbeitsmarktneutralität auszugehen, wenn durch den Einsatz von Freiwilligen weder ein vorhandener/bestehender Arbeitsplatz ersetzt wird oder fortfällt noch die Einrichtung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten verhindert wird.

Eine Teilung eines FSJlers zwischen dem Sportverein und der Schule ist zwar vertraglich möglich (§ 11 Abs. 1 JFDG), stellt jedoch – sofern der Einsatz nicht zeitlich nacheinander (1. Halbjahr Schule, 2. Halbjahr Sportverein), sondern parallel erfolgen soll – eine umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung dar und ist somit mit höheren Kosten verbunden. Deshalb ist, wie oben dargestellt, dieser Weg in Abstimmung mit den anerkannten Trägern vermieden worden.

3. Wann wurden die Sportvereine über die neue Verwaltungspraxis in Kenntnis gesetzt?

Die rechtskonformen Regelungen wurden unter Beteiligung der für die Jugendfreiwilligendienste anerkannten Träger entwickelt. Bereits mit Schreiben vom 31.07.2014 ist ein Entwurf unter anderem an den ASC Göttingen als Träger für die freiwilligen Dienste im Sport zur Vorbereitung eines Gespräches über die Regelungen übersandt worden. An dem Gespräch selbst, das im September 2014 stattfand, nahm zusätzlich auch ein Vertreter des Niedersächsischen Landessportbundes teil. Zudem erfolgte im Mai 2015 eine schriftliche Anhörung bezüglich des Vertragsmusters nach § 11 Abs. 2 JFDG. Im Dezember 2015 schließlich wurden die Träger über die getroffenen Regelungen nach § 11 Abs. 2 JFDG für eine rechtskonforme Ausgestaltung des FSJ an Schulen informiert.

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.05.2016

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