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Aufnahme von Flüchtlingskindern in Bekenntnisgrundschulen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.09.2015 - TOP 24 - Nummer 24

Abgeordneter Reinhold Hilbers (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Die Marienschule in Nordhorn ist eine katholische Bekenntnisgrundschule. Sie kann derzeit aufgrund einer rechtlichen Beschränkung keine Flüchtlingskinder beschulen. Laut Schulgesetz dürfen Grundschulen für Schülerinnen und Schüler des gleichen Bekenntnisses einen Anteil von bis zu 30 % an Schülerinnen und Schülern aufnehmen, die ein anderes Bekenntnis haben als die Mehrzahl der Schüler. Für die Marienschule in Nordhorn bedeutet dies zum Beispiel, dass der Anteil nicht katholischer Schülerinnen und Schüler 30 % nicht übersteigen darf. Nach derzeitiger Rechtslage gilt dies also auch für nicht katholische Flüchtlingskinder. Da die Quote im aktuellen Schuljahr bereits erreicht ist, muss die Schule diese Kinder ablehnen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Gem. § 129 Abs. 1 NSchG sind auf Antrag der Erziehungsberechtigten öffentliche Grundschulen für Schülerinnen und Schüler des gleichen Bekenntnisses – sog. Bekenntnisgrundschulen – zu errichten. Zurzeit bestehen in Niedersachsen 117 Schulen für Schülerinnen und Schüler des gleichen Bekenntnisses. Nach § 129 Abs. 3 Satz 1 NSchG können Schülerinnen und Schüler, die einem anderen oder keinem Bekenntnis angehören, aufgenommen werden, soweit dadurch der Anteil der bekenntnisfremden Schülerinnen und Schüler an der Gesamtschülerzahl den in § 157 Abs. 1 Satz 1 NSchG genannten Vomhundertsatz (= 30 v. H.) nicht überschreitet. Das Kultusministerium kann gemäß § 129 Abs. 3 Satz 2 NSchG davon auf Antrag des Schulträgers eine Ausnahme zulassen. Der Antrag kann dabei nur im Einvernehmen mit der Schule gestellt werden. Das Kultusministerium wird gemäß § 129 Abs. 3 Satz 3 NSchG ermächtigt, das Nähere durch Verordnung zu regeln.

Die sich daraus ergebende Verordnungsermächtigung hat das Kultusministerium mit der „Verordnung über die Aufnahme bekenntnisfremder Schülerinnen und Schüler in Grundschulen für Schülerinnen und Schüler des gleichen Bekenntnisses (Bekenntnisschulen-Aufnahmeverordnung)“ umgesetzt. Die Bekenntnisschulen-Aufnahmeverordnung sieht vor, dass eine auf vier Jahre befristete Überschreitung des vorgenannten Prozentsatzes zugelassen werden kann, wenn durch einen höheren Anteil bekenntnisfremder Kinder an Bekenntnisschulen

- ein Ausgleich der Anteile von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an den Grundschulen des Schulträgers angestrebt oder

- eine gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf erleichtert wird.

Mit der Bekenntnisschulen-Aufnahmeverordnung wurden Regelungen getroffen, nach denen durch eine Ausnahmegenehmigung zur Überschreitung des vorgegebenen Anteils vorübergehenden oder örtlichen Besonderheiten Rechnung getragen werden kann. Sie steht damit im Interesse einer Verbesserung der örtlichen Schulentwicklung und lässt Reaktionen auf sich verändernde Rahmenbedingungen in der regionalen Schullandschaft zu.

1. Wie bewertet die Landesregierung die Bereitschaft von Bekenntnisgrundschulen wie der Marienschule, Flüchtlingskinder aufzunehmen?

Nach Maßgabe der §§ 63 ff. NSchG ist zum Schulbesuch verpflichtet, wer in Niedersachsen seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. Die „Ergänzenden Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis zur Schule; hier: §§ 58, 59 und 63 bis 68 des Niedersächsischen Schulgesetzes“ führen hierzu in Nr. 3 aus, dass die Schulpflicht unabhängig von einer Staatsangehörigkeit besteht. Ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt nach Nr. 3.1.2 der o. g. Bestimmungen vor, wenn jemand – ohne sich in Niedersachsen ständig niederlassen zu wollen – mindestens fünf Tage hier wohnt. Die Schulpflicht beginnt in diesem Fall am ersten Tag des Aufenthaltes. Bei Asylbegehrenden beginnt der gewöhnliche Aufenthalt erst nach dem Wegfall der Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 44 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz zu wohnen. Allerdings stehen auch diesem Personenkreis die Bildungsangebote in den Einrichtungen uneingeschränkt zur Verfügung und werden unabhängig vom Aufenthaltsstatus intensiv genutzt.

Schulpflichtige Kinder, somit auch schulpflichtige Flüchtlingskinder, erfüllen ihre Schulpflicht in der Regel an öffentlichen Schulen. Dazu zählen auch die Bekenntnisgrundschulen, die sich in Trägerschaft öffentlicher Schulträger befinden. Die Landesregierung begrüßt die Bereitschaft von Bekenntnisschulen zur Aufnahme von Flüchtlingskindern.

2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass es angesichts der aktuellen Zunahme der Flüchtlingszahlen sinnvoll wäre, wenn auch die Bekenntnisgrundschulen Flüchtlingskinder aufnehmen würden?

Auf die Antwort zu 1 wird verwiesen.

3. Beabsichtigt die Landesregierung, eine Ausnahme zuzulassen, damit Bekenntnisgrundschulen wie die Marienschule in Nordhorn Flüchtlingskinder aufnehmen können?

Eine Ausnahme von der 30 %-Quote ist bereits nach geltender Rechtslage unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn dies vom Schulträger im Einvernehmen mit der Schule beantragt wird. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.09.2015

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