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Dürfen Beamte gemeinsame Erklärungen mit Fraktionen des Landtages abgeben?

Antwort auf die mündliche Anfrage: Dürfen Beamte gemeinsame Erklärungen mit Fraktionen des Landtages abgeben?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 19.03.2015 - TOP 24 - Nr. 51


Die Abgeordneten Björn Försterling, Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Christian Dürr, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP) hatten gefragt:


Am 18. Februar 2015 veröffentlichten die SPD-Landtagsfraktion und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mit der Schulleiterin des Gymnasiums Tellkampfschule einen gemeinsamen Aufruf zur Unterstützung der Schulgesetznovelle.


Wir fragen die Landesregierung:

  1. Lag seitens der Schulbehörde bzw. des Kultusministeriums eine Genehmigung gegenüber der Schulleiterin vor, diesen Aufruf unter Verwendung ihrer Dienstbezeichnung zu unterstützen und zu veröffentlichen?

  2. Sieht die Landesregierung das Neutralitätsgebot, welches für Beamte in Ausübung ihres Dienstes und bei Verwendung der Dienstbezeichnung gilt, gewahrt? Falls ja, dürfen künftig alle Bediensteten des Landes unter Verwendung ihrer Dienst- und Amtsbezeichnung gemeinsame Erklärungen mit Fraktionen des Landtags veröffentlichen? Falls nein, warum war es in diesem Fall gestattet?

  3. Falls das Neutralitätsgebot nicht verletzt ist, gilt das für alle Fraktionen oder nur für die Regierungsfraktionen?


Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:


Grundsätzlich steht auch Beamtinnen und Beamten das Recht auf persönliche politische Betätigung zu, denn die grundrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit können auch sie für sich beanspruchen. Art. 33 Abs. 5 GG schränkt diesen Grundsatz jedoch ein durch die gesonderten Pflichten der Beamtinnen und Beamten, die sich aus dem Dienst- und Treueverhältnis zum Dienstherrn ergeben. Insoweit haben Beamtinnen und Beamte bei politischer Betätigung gemäß § 33 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Aus dieser Pflicht zur achtungs- und vertrauensgerechten Mäßigung und Zurückhaltung ergeben sich Grenzen der zulässigen politischen Betätigung von Beamtinnen und Beamten, die unter anderem bei einer Inanspruchnahme der Autorität des Amtes zu beachten sind. So darf eine Beamtin oder ein Beamter nicht die Autorität des Amtes in Anspruch nehmen und einsetzen, um ihrer oder seiner persönlichen politischen Auffassung größere Beachtung und Überzeugungskraft zu verschaffen. Dies geschieht regelmäßig aber nicht schon dadurch, dass die Beamtin oder der Beamte in üblicher Form seine Amtsbezeichnung verwendet, denn nach § 57 Abs. 2 S. 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) darf die Beamtin oder der Beamte die Amtsbezeichnung auch außerhalb des Dienstes führen. Lediglich eine darüber wesentlich hinausgehende, insbesondere plakative Hervorhebung des Amtes überschreitet dagegen die Grenze zur unzulässigen Inanspruchnahme. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass den Beamtinnen und Beamten bei ihrer politischen Betätigung die Grenzen bewusst sind, die sich für sie aus ihren Beamtenpflichten zur Mäßigung und Zurückhaltung ergeben.

Die Schulleiterin hat den in Rede stehenden Aufruf nicht unter Verwendung ihrer Amtsbezeichnung oder dienstlichen Position unterzeichnet, sondern nur mit ihrem Namen. Lediglich im Rahmen der Veröffentlichung des Aufrufs wird sie als Schulleiterin bzw. Leiterin des Gymnasiums Tellkampfschule bezeichnet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:


Zu 1:

Weder der Niedersächsischen Landesschulbehörde noch dem Niedersächsischen Kultusministerium war bekannt, dass die Schulleiterin einen entsprechenden Aufruf unterzeichnet hat. Eine Rücksprache oder Genehmigung hat es im Vorfeld nicht gegeben, ist jedoch auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen keine Voraussetzung für eine politische Betätigung. Wie bereits dargelegt, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass den Beamtinnen und Beamten die Grenzen der zulässigen politischen Betätigung bewusst sind und von ihnen eingehalten werden.

Zu 2:

Wann und in welchen Fällen die Grenze der zulässigen politischen Betätigung von Beamtinnen und Beamten überschritten wird, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls anhand der dargelegten Grundsätze entschieden werden. Eine erste summarische Prüfung lässt den Schluss zu, dass im vorliegenden Fall diese Grenze aber nicht überschritten sein dürfte; denn die Beamtin hat den Aufruf nur mit ihrem Namen unterzeichnet. Erst im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Aufrufs wurde auf ihre Position als Schulleiterin der Tellkampfschule hingewiesen.

Zu 3:

Bei der Prüfung, ob das Neutralitätsgebot verletzt ist, ist es unerheblich, ob das Verhalten der Beamtin oder des Beamten im Zusammenhang mit Äußerungen der Regierungs- oder der Oppositionsfraktionen steht.

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.03.2015

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