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Antwort auf die mündliche Anfrage: Müssen Interessentinnen und Interessenten Geld mitbringen, um zu Erzieherinnen und Erziehern ausgebildet zu werden?

Die Abgeordneten Christian Dürr, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling (FDP) hatten gefragt:


Erzieherinnen und Erzieher und einige andere Fachkräfte für soziale Tätigkeitsfelder werden in schulischen Ausbildungsgängen für ihre Berufstätigkeit qualifiziert. Innerhalb dieser schulischen Ausbildung durchlaufen sie umfangreiche Praktika in entsprechenden Einrichtungen. Spätestens vor Beginn der Praktika ist u. a. der Nachweis der gesundheitlichen Eignung zu erbringen. Darunter ist ein erhöhter Immunschutz in Bezug auf berufstypische Infektionen zu verstehen. Nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge handelt es sich bei sogenannten Kinderkrankheiten (Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken) um für Erzieherinnen und Erzieher berufstypische Infektionen. Kinder und Jugendliche können bis zum Alter von 18 Jahren auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen gegen diese Krankheiten geimpft werden. Allerdings ist der Impfschutz bei Kindern und Erwachsenen aus verschiedenen Gründen häufig unvollständig.

Können die Schülerinnen und Schüler den Nachweis ihres vollständigen Impfschutzes nicht führen, endet die Ausbildung (BbS-VO, Anlage 4 zu § 33 Abs. 12). Wenn sie älter als 18 Jahre sind, müssen daher die angehenden Fachkräfte gegebenenfalls fehlende Impfungen als Privatpatienten nachholen. Je nachdem, um wie viele Impfungen es sich handelt, liegen die Kosten in der Größenordnung von bis zu 100 Euro (die entsprechenden Kosten für die GKV sind geringer als für Privatpatienten).

Nach Expertenmeinung ist es im Interesse sowohl der Gesellschaft, die auf einsatzfähige Fachkräfte wartet, als auch der späteren Arbeitgeber und der Krankenkassen, die Ausfallzeiten und Kosten sparen, wenn angehende Fachkräfte in sozialen Einrichtungen bereits zu Beginn ihrer Ausbildung gegen berufsbedingte Infektionen geschützt sind und nicht als Multiplikatoren diese Krankheiten weitertragen. Junge Menschen, die eine Ausbildung als Erzieher erwägen, stehen an dieser Stelle vor einer Hürde.

Wir fragen die Landesregierung:


  1. Wie begründet die Landesregierung, dass in diesen Fällen entgegen § 3 des Arbeitsschutz-gesetzes Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen den Beschäftigten (hier: Schülern) auferlegt werden, obwohl nach § 2 Abs. 8 der Biostoffverordnung Schüler Beschäftigten gleichgestellt sind?

  2. Wie begründet die Landesregierung, dass Schülerinnen und Schüler in öffentlichen Schulen gegenüber Auszubildenden in Betrieben bezüglich der Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen ungleich behandelt werden?

  3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, hier Abhilfe zu schaffen, und, wenn ja, wie soll dies geschehen?


Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:


Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern wird an Fachschulen Sozialpädagogik durchgeführt und ist vollschulisch organisiert. Die praktischen Ausbildungsanteile sind in die schulische Ausbildung integriert und werden von der Schule begleitet, so dass eine enge curriculare Verzahnung von Theorie und Praxis gewährleistet wird. Wie in vollschulischen Angeboten üblich, wird keine Ausbildungsvergütung geleistet. Die Ausbildung ist an öffentlichen Schulen kostenfrei, dennoch müssen Auslagen für Lernmittel und besondere Bedarfe getragen werden.

Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern unterscheidet sich damit vollständig von der nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der nach der Handwerksordnung (HWO). Dort ist die Ausbildung überwiegend im betrieblichen Kontext mit einer verwertbaren Arbeitsleistung verortet. Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte wird die Ausbildungsvergütung als eine Entschädigung für diese im Betrieb wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung gewährt.

Die öffentlichen und privaten Schulen haben auf die steigende Nachfrage nach Erzieherinnen und Erziehern hinsichtlich des Fachkräftebedarfs durch die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten reagiert: Derzeit sind mehr als 13.000 Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu ihrem Ausbildungsziel Erzieherin oder Erzieher, jedes Jahr schließen mehr als 2.100 Schülerinnen und Schüler diese Ausbildung erfolgreich ab.

Die Ausbildungsleistung konnte in den letzten Jahren konti­nuierlich gesteigert werden, da auch eine steigende Nachfrage nach Schulplätzen an der Fachschule Sozialpädagogik zu verzeichnen ist. Dies ist auch notwendig, um dem Fachkräftebedarf adäquat begegnen zu können. Gleichwohl ist bei aller Forderung nach Quantität die Ausbildungsqualität stets das vorrangige Ziel geblieben.

Die Verordnung für Berufsbildende Schulen (BbS-VO) sieht –gestützt auf § 60 Abs. 3 NSchG – für einige Bildungsgänge in sozialen und pflegerischen Berufen vor, dass bei Eintritt in die Ausbildung die individuelle persönliche und gesundheitliche Eignung bestehen muss. Es soll weder von der Schülerin oder dem Schüler eine Gefahr für Dritte ausgehen, noch eine Gefahr für diese oder diesen selbst bestehen. Hierbei wurde eine Regelung aufgegriffen, die in den Berufegesetzen der anderen als ärztliche Heilberufe seit vielen Jahren besteht und die auch vor dem Hintergrund des Artikels 12 GG bereits richterlich überprüft wurde.

Entsprechend der Regelung zu den Lernmitteln liegt die hier geforderte gesundheitliche Eignung in der Verantwortung der Schülerin oder des Schülers. Die Krankenversicherung ist nicht zuständig, wenngleich übliche Impfungen zur Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen beitragen können. Selbstverständlich bleibt es den Schulträgern oder den Einrichtungen der praktischen Ausbildung unbenommen, etwaige Kosten zu übernehmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:


Zu 1:

Die Vorgabe nach der BbS-VO regelt eine Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung, die individuell zu erfüllen ist, damit der Bildungsgang erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die Schülerinnen und Schüler werden in den praktischen Anteilen ihrer Ausbildung in verschiedenen Einrichtungen mit unterschiedlicher Dauer eingesetzt. Insoweit besteht kein Status, der dem von Beschäftigten entspricht.


Zu 2:

Schülerinnen und Schüler, die die Fachschule Sozialpädagogik besuchen, werden an öffentlichen berufsbildenden Schulen und Schulen in freier Trägerschaft gleichgestellt. Eine vollschulische Ausbildung unterscheidet sich grundsätzlich von der im System der „Dualen Berufsausbildung“. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.


Zu 3:

Die Landesregierung sieht keine Notwendigkeit, das derzeitige Verfahren zu modifizieren.

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2014

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