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LT TOP 31 Nr. 14 - Schriftliche Antwort auf mündliche Anfrage

Antwort auf die mündliche Anfrage: Plant die Landesregierung die Abschaffung von Förderschulen?

Die Abgeordneten Jörg Hillmer und Kai Seefried (CDU) hatten gefragt:

In einem Flugblatt „Landtagsfraktion Aktuell“ von Bündnis 90/Die Grünen vom 9. Juli 2014 wird aus dem Koalitionsvertrag u. a. die folgende Passage zitiert: „Die rot-grüne Koalition wird die Förderschulen im Dialog mit allen Beteiligten schrittweise in die bestehenden allgemeinen Schulen überführen. Den Auftakt bilden ab dem Schuljahr 2014/15 die Förderschulen mit den Schwerpunkten Sprache und emotionale und soziale Entwicklung sowie Lernen im Sekundarbereich I.“

Im Text des Flugblatts heißt es im Folgenden u. a. zur sonderpädagogischen Unterstützung im Bereich Sprache:

„3. In einer dritten Gruppe von Landkreisen gibt es Sprachheilklassen, die an Förderschulen mit dem Bereich Lernen angegliedert sind (24 Schulstandorte mit 1 116 Schülerinnen und Schülern in 80 Klassen). Die Förderschulen Lernen laufen bereits nach dem geltenden Schulgesetz seit dem Schuljahr 2013/14 aufsteigend ab Jahrgang 1 aus, sodass eine Angliederung von Sprachheilklassen dort nicht mehr möglich ist. Hier wollen wir die Möglichkeit schaffen, auch diese Sprachheilklassen künftig in inklusive Grundschulen zu integrieren, die sich ebenfalls zu „Grundschulen mit einem inklusiven pädagogischen Profil Sprache“ weiterentwickeln sollen. Hierfür besteht ebenfalls ein Genehmigungsvorbehalt.

4. In einer vierten Gruppe von Landkreisen schließlich gibt es gesonderte Förderschulen mit dem Bereich Sprache, sogenannte Sprachheilschulen (9 Schulstandorte mit 1 336 Schülerinnen und Schülern in 95 Klassen, davon 1 022 Schülerinnen und Schülern im Primarbereich und 324 Schülerinnen und Schülern im Sekundarbereich I). Als Förderschule Sprache sollen diese Schulen ab dem 1. August 2015 ab der 1. Klasse aufsteigend keine Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen. Sie können jedoch ebenfalls Teil von ‚Grundschulen mit einem inklusiven pädagogischen Profil Sprache‘ werden und/oder sich zu einer solchen Profilgrundschule Sprache weiterentwickeln und hierfür ein inklusives Konzept erstellen, das der Schulbehörde zur Genehmigung vorzulegen ist.“

Unter der Überschrift „Auslaufen der Förderschulen Lernen und Sprache im Sekundarbereich“ steht in dem genannten Flugblatt u. a.: „Die Sekundarstufe an der Förderschule Lernen soll aus diesem Grund erst ab dem Schuljahr 2017/18 keine Schülerinnen und Schüler mehr in die 5. Klasse aufnehmen, die Förderschule Sprache in der Sekundarstufe ab dem Schuljahr 2019/20. Einzelne Förderschulen Lernen können in Abstimmung mit dem Schulträger und mit einem regionalen Inklusionskonzept freiwillig bereits früher, bereits ab dem Schuljahr 2015/16 keine Schülerinnen und Schüler mehr im 5. Jahrgang aufnehmen.“

Bei der Tagung des Schulleitungsverbandes Niedersachsen am 8. Oktober 2014 hat die Kultusministerin in ihrer Rede erklärt, dass die Behauptungen der Opposition, es würden Förderschulen abgeschafft, falsch seien.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Förderschulen an welchen Standorten werden im nächsten Jahr keine Schülerinnen und Schüler in den ersten bzw. den fünften Klassen mehr aufnehmen, wenn es nach dem Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Flugblatt „Landtagsfraktion Aktuell“ geht?

  2. Wird die Kultusministerin dem Kabinett keinen Änderungsvorschlag für das Schulgesetz vorlegen, der vorsieht, dass bestimmte Förderschulen zukünftig keine Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen werden?

  3. Welche der in der Einleitung aus dem Flugblatt zitierten Passagen plant die Landesregierung umzusetzen, welche nicht?


Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:

Bundestag und Bundesrat haben im Dezember 2008 dem „Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ sowie dem Fakultativprotokoll zugestimmt. Die Normen der Konvention sind somit seit dem 26. März 2009 geltendes Bundesrecht.

Damit ist die Gesetzgebung des Bundes und der Länder so auszurichten, dass die in der Konvention geregelten Rechte verwirklicht und in nationale Regelungen umgesetzt werden. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bundestreue, der die Bundesländer zu einem bundesfreundlichen Verhalten verpflichtet.

Die Landesregierung nimmt die Verpflichtungen ernst, die sich aus dem Artikel 24 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ergeben. Die Vorbereitung der nachwachsenden Generationen auf die Herausforderungen der Zukunft und damit der Einsatz für mehr Qualität in der Bildung stehen ganz klar im Vordergrund der niedersächsischen Bildungspolitik – auch unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels.

Je besser junge Menschen qualifiziert sind, umso eher können sie aktive Stützen unserer Gesellschaft werden. Dabei ist eine aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft besonders wichtig.

Die inklusive Bildung verfolgt das Ziel, der gesellschaftlichen Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen entgegenzuwirken und zugleich eine gute schulische Förderung sicherzustellen. Erklärtes politisches Ziel ist es, mehr Bildungsgerechtigkeit zum Wohle der Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Das Schulsystem soll den Interessen der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern gerecht werden und in allen Regionen des Landes ein wohnortnahes, regional angepasstes und stabiles Bildungsangebot ermöglichen.

Die Festlegungen in der Koalitionsvereinbarung 2013-2018 zu den Förderschulen sind öffentlich bekannt. Es ist bekannt, dass die Förderschulen in den Förderschwerpunkten Sehen, Hören, Geistige Entwicklung, Körperlich-motorische Entwicklung und Emotional-Soziale Entwicklung auch künftig angeboten werden.

Für die Förderschulen in dem Förderschwerpunkt Sprache, die landesweit rund 3.300 Kinder besuchen, sollen im Schuljahr 2015/2016 regionale Lösungen gefunden werden.

Die Förderschule in dem Schwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung ist bereits seit vielen Jahren als Durchgangsschule konzipiert. Die Schule hat die Aufgabe, neben dem Unterricht und der Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit entsprechendem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf Kenntnisse und Fähigkeiten des jeweiligen Bildungsgangs zu vermitteln. Hierzu gehören der Aufbau und die Festigung von positiven Einstellungen, Werthaltungen und Verhaltensmustern. Ziel ist nach Möglichkeit immer die Rückführung der Schülerinnen und Schüler in eine allgemeine Schule.

Zur weiteren Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen wird im Kultusministerium derzeit ein Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes erarbeitet. Selbstverständlich werden bei der Schaffung neuer gesetzlicher Regelungen die üblichen Beteiligungsverfahren eingehalten. Die Verabschiedung entsprechender schulgesetzlicher Regelungen durch den Landtag bleibt abzuwarten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1:

Schulorganisatorische Maßnahmen und weitere Schritte zum Ausbau der inklusiven Schule werden nicht durch Flugblätter bestimmt. Die Frage beruht ausweislich der Vorbemerkungen der Fragesteller erkennbar auf Spekulationen bzw. hypothetischen Annahmen. Die Landesregierung beteiligt sich, wie in der Vergangenheit auch, nicht an Spekulationen, sie verhält sich auch nicht dazu.

Zu 2:

Zur Weiterentwicklung der inklusiven Schule bereitet die Landesregierung derzeit einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes vor. Dieser ist noch in der Bearbeitungs-, Beratungs- und Abstimmungsphase, so dass über den genauen Inhalt derzeit noch keine Auskunft erteilt werden kann.

Zu 3:

Auf die Vorbemerkung und auf die Antwort zu 2 wird verwiesen.

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