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LT TOP 27 Nr. 42 - Schriftliche Antwort auf mündliche Anfrage

Antwort auf die mündliche Anfrage: Was tut die Landesregierung zur Diabetesvorsorge an den Schulen und Kindergärten in Niedersachsen?


Antwort auf die mündliche Anfrage: Was tut die Landesregierung zur Diabetesvorsorge an den Schulen und Kindergärten in Niedersachsen?


Sitzung des Niedersächsischen Landtages vom 26.09.2014 TOP 27 Nr. 42


Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr (FDP) hatten gefragt:


Fast 400 000 Menschen in Deutschland leiden unter Diabetes mellitus Typ 1, darunter etwa 30 000 Kinder und Jugendliche. Laut Expertenangaben steigt die Zahl der Neuerkrankungen an Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen jährlich um 1 bis 2 %. 15 von 1 000 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren leiden an Typ-2-Diabetes. Nach aktuellen Schätzungen sind in Deutschland zwischen 21 000 und 24 000 Kinder und Jugendliche betroffen. Typ-1-Diabetes, der auch als juveniler Diabetes bezeichnet wird, ist eine Erkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert. Mit diesem Stoff werden lebenswichtige Stoffwechselvorgänge reguliert. Daher sind Typ-1-Erkrankte gezwungen, sich ihr Leben lang Insulin zuzuführen. Typ-2-Diabetes ist gemeinhin auch als Altersdiabetes bekannt, obwohl, wie dargelegt, auch immer mehr junge Menschen erkranken. Übergewicht und Bewegungsmangel werden als Ursachen für diese Erkrankung angesehen. Es gilt als erwiesen, dass sich dieser Diabetestyp durch präventive und vorbeugende Maßnahmen häufig verhindern lässt.

Weshalb die Zahlen - auch bei Kindern und Jugendlichen - steigen, gibt der Wissenschaft nach wie vor Rätsel auf. Umso wichtiger erscheint daher aber eine frühestmögliche Diagnose der Krankheit, um die negativen Folgen für die Gesundheit durch Schädigung von Blutgefäßen, Nerven und Organen einzudämmen. Wie Professor Wieland Kiess, Direktor der Leipziger Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche, in einem kürzlich geführten Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt, müsse daher auch mehr in Kindergärten, Sportvereinen und Schulen im Hinblick auf Aufklärung und Prävention getan werden.


Wir fragen die Landesregierung:


1. Inwiefern wird an Kindergärten und Schulen über die Diabeteserkrankung informiert und aufgeklärt?

2. Weisen die Lehrpläne in der Sekundarstufe I diese Thematik aus?

3. Inwiefern werden Kinder und Jugendliche, die an dieser Krankheit leiden, in Kindergarten und Schule besonders berücksichtigt?



Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:


Nach dem Bildungsauftrag der Schule, der in § 2 NSchG statuiert ist, heißt es: „Die Schülerinnen und Schüler sollen fähig werden, […] gesundheitsbewusst zu leben, [...]“. Die Übernahme von Verantwortung für den eigenen Körper wird deshalb dem Alter entsprechend vermittelt und gestärkt. Dies beginnt bereits im Kindergarten z. B. durch das gemeinsame gesunde Frühstück. In der Grundschule greifen Programme wie Klasse2000 das Thema auf. In den Sekundarbereichen I und II stehen den Lehrkräften zahlreiche Projekte und Materialien zur Verfügung, um das Thema Gesundheit und Verantwortung für den eigenen Körper aufzugreifen.

Zudem unterstützt die Landesregierung seit vielen Jahren die Bewegungsförderung von Kindern und Jugendlichen mit erheblichen Mitteln. So umfasst der bereits 2007 gemeinsam mit dem LandesSportBund Niedersachsen e. V. ins Leben gerufene Aktionsplan „Lernen braucht Bewegung - Niedersachsen setzt Akzente“ inzwischen 11 Module zur Bewegungsförderung. Mit diesem Maßnahmenpaket wurden und werden viele Tausend Kinder und Jugendliche von der Kindertagesstätte bis zur Berufsschule erreicht. Der herausragenden Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für die ganzheitliche Entwicklung und Gesundheit der Kinder und Jugendlichen wird somit als wichtigem gesellschaftlichem Anliegen ein besonderes Gewicht gegeben.

Derzeit gibt es keine expliziten Angebote zur Diabetes-Prävention in Schulen. Gleichwohl wird von Seiten der Schulen zunehmend auf gesundheitsförderliche Ernährungs- und Bewegungsangebote geachtet, die nach Expertenmeinungen dazu beitragen, Kinder und Jugendliche gesund zu erhalten.

Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass der Bundesrat auf Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern in seiner Sitzung am 11.07.2014 die Entschließung zur Umsetzung eines Nationalen Diabetesplans (Drucksache 252/14) gefasst hat. Die Bundesregierung wird darin gebeten, einen Nationalen Diabetesplan zu erarbeiten, der Konzepte für Präventionsstrategien, Früherkennungsmaßnahmen, Vorschläge für neue Versorgungsmodelle sowie die Stärkung der Selbsthilfe enthält. Unter anderem soll auch der Aspekt „Ausbau der Patientenschulung und Patientenselbstbefähigung (auch für Kinder und Jugendliche im Setting Kindertagestätte und Schule)“ berücksichtigt werden.


Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:


Zu 1:

Das Thema Diabetes wird im Kerncurriculum des Sachunterrichts der Grundschulennicht explizit aufgegriffen. Es kann aber durchaus sinnvoll sein, das Thema im Rahmen des Unterrichts aufzugreifen, beispielsweise wenn sich in der Klasse ein Kind mit Diabetes befindet, die Krankheit also Teil der aktuellen kindlichen Lebenswelt ist. Betreffend der Kindertageseinrichtungen ist die örtliche Ebene und nicht das Land zuständig.


Zu 2:

In den Kerncurricula der Schulformen des Sekundarbereichs I sowie in der gymnasialen Oberstufe der Gymnasien und Gesamtschulen wird im Fach Biologie auch der Stoffwechsel thematisiert. Diabetes als Stoffwechselerkrankung wird zwar als Unterrichtsinhalt nicht verbindlich gefordert, kann aber im Zusammenhang mit anderen Stoffwechselerkrankungen behandelt werden. Die Entscheidungen darüber treffen die Fachkonferenzen und Fachlehrkräfte.


Zu 3:

Viele der an Diabetes erkrankten Kinder sind sehr gut eingestellt und können deshalb ein nahezu normales Leben in der Schule führen. Dennoch muss ihre besondere Situation beachtet werden. In der Regel sind die Klassenleitungen und Tutoren über Erkrankungen der Schülerinnen und Schüler informiert und setzen die Fachkolleginnen und Fachkollegen soweit es erforderlich ist in Kenntnis. Selbstverständlich wird im Unterricht, auf Schulfahrten und bei anderen Schulveranstaltungen auf die erkrankten Schülerinnen und Schüler im erforderlichen Umfang Rücksicht genommen. Notfallpläne sollten möglichst allen Lehrkräften bekannt sein. Auf ausdrücklichen Wunsch werden auch die Mitschülerinnen und Mitschüler informiert, wie sie in einer möglichen Notlage angemessen reagieren können. Wandertage oder Ausflüge erfordern für Kinder und Jugendliche mit Diabetes eine besondere Vorbereitung. Es ist deshalb notwendig, den Betroffenen und bzw. oder deren Erziehungsberechtigten möglichst frühzeitig Einzelheiten über die geplanten Aktionen mitzuteilen. Erziehungsberechtigte sowie die betreffenden Schülerinnen und Schüler können sich jederzeit an die Lehrkräfte wenden. Angestrebt wird immer eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften, den Betroffenen, deren Erziehungsberechtigten und den behandelnden Ärzten.

Alle niedersächsischen Schulen haben die Broschüre „Das chronisch kranke Kind im Sport in Schule und Verein“ erhalten. Sie enthält u. a. auch Informationen zum Umgang mit an Diabetes mellitus erkrankten Kindern. In der Broschüre wird u. a. darauf hingewiesen, dass es wünschenswert ist, dass Lehrkräfte, die ein chronisch krankes Kind unterrichten, über dessen besondere Situation informiert sind und dementsprechend seine individuellen Bedürfnisse kennen. Auch sollten sie in der Lage sein, bei auftretenden Problemen und Notfallsituationen sachgerecht zu reagieren.

Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus sind grundsätzlich aber in jeder Hinsicht, d. h. körperlich, geistig, emotional und sozial, voll leistungsfähig und belastbar.

Informationen sind ferner auf dem Niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) unter der Rubrik „Schülergesundheit“ abrufbar (http://www.nibis.de/nibis.php?menid=2316).

Weitere Informationen, Hilfestellungen und Unterstützung erhalten pädagogisch tätige Personen in Schulen und Kindertageseinrichtungen


  • von Kinderärztinnen und Kinderärzten,

  • von der betreuenden Diabetologin oder dem betreuenden Diabetologen sowie

  • vom schulärztlichen Dienst in den örtlichen Gesundheitsämtern.










        Artikel-Informationen

        Ansprechpartner/in:
        Sebastian Schumacher

        Nds. Kultusministerium
        Pressesprecher
        Hans-Böckler-Allee 5
        30173 Hannover
        Tel: 05 11/1 20-71 48
        Fax: 05 11/1 20-74 51

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