Nds. Kultusministerium Niedersachsen klar Logo

Lehrermehrarbeit und Absage außerschulischer Projekte an Schulen - Was unternimmt die Landesregierung?

Antwort auf die mündliche Anfrage: Lehrermehrarbeit und Absage außerschulischer Projekte an Schulen - Was unternimmt die Landesregierung?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 28.03.2014 - TOP 30 - Nr. 41


Der Abgeordnete Jens Nacke (CDU) hatte gefragt:


In einer Pressemitteilung der Staatskanzlei vom 12. Februar 2014 zum neuen Entwurf der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte heißt es: „Die Verordnung sieht eine Erhöhung der bisher für Lehrkräfte an Gymnasien, Abendgymnasien, Kollegs und Beruflichen Gymnasien maßgeblichen Regelstundenzahl von 23,5 um eine auf dann 24,5 Unterrichtsstunden zum 1. August 2014 vor. Außerdem soll die nach bisherigem Recht ab dem 1. August 2014 maßgebliche Altersermäßigungsregelung ausgesetzt werden.“

Zahlreiche betroffene Lehrkräfte reagieren auf die unbezahlte Mehrarbeit mit einer Aussetzung freiwilliger Leistungen wie Klassenfahrten, zu deren Durchführung sie nach geltender Rechtslage nicht verpflichtet sind. Die Süddeutsche Zeitung berichtete in ihrer Online-Ausgabe vom 17. Februar 2014 über Schätzungen, denen zufolge sich ein Drittel der niedersächsischen Gymnasien an derartigen Aktionen beteiligt.

Die Lehrkräfte des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht haben sich entschlossen, das ursprünglich geplante außerschulische Projekt zur künstlerischen Gestaltung des Auetunnels durch Schülerinnen und Schüler auszusetzen. Die Fachgruppe Kunst der Schule begründet dies in einem offenen Brief an den Initiator des Projekts, den Bad Zwischenahner SPD-Ratsherrn Dietmar Meyer, folgendermaßen: „Wie Sie wissen, hat jedoch die Landesregierung entgegen ursprünglicher Absprachen uns Gymnasiallehrern nicht nur eine wöchentliche Mehrarbeit auferlegt, sondern auch die Altersteilzeit gekürzt und die zugestandene Gehaltserhöhung ausgesetzt - de facto also Gehaltskürzungen vorgenommen. Angesichts dieser Entwicklung ist unsere Bereitschaft, weitere Überstunden und freiwillige Mehrarbeit zu leisten, nicht mehr gegeben.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung außerschulische kunstpädagogische Projekte wie die künstlerische Gestaltung des Auetunnels?

2. Beabsichtigt die Landesregierung, dem Gymnasium Bad Zwischenahn-Edewecht zusätzliche Lehrerstunden zur Umsetzung des Auetunnel-Projekts zur Verfügung zu stellen oder das Projekt auf andere Weise zu ermöglichen?

3. Wie will die Landesregierung angesichts der Erhöhung der Lehrerarbeitszeit und der Reaktionen darauf sicherstellen, dass außerschulische Projekte, die bisher im Rahmen der Arbeitszeit von Lehrkräften ermöglicht wurden, auch künftig stattfinden können?


Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:

Die zum 01.08.2014 vorgesehene Anhebung der Regelstundenzahl für Lehrkräfte an Gymnasien, Abendgymnasien, Kollegs, beruflichen Gymnasien und Seefahrtschulen um eine Unterrichtsstunde bewegt sich im Rahmen der in § 60 Abs. 1 Niedersächsisches Beamtengesetz normierten regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden/wöchentlich. Diese Maßnahme ist entgegen der Darstellung des Fragestellers keine unbezahlte Mehrarbeit oder Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit. Sie trägt mit dazu bei, die „Zukunftsoffensive Bildung“ zu realisieren, die allen Schulformen unmittelbar oder indirekt zugute kommt. Hierbei wird angestrebt, neben der Umsetzung der Inklusion mehr verlässliche Betreuung und frühkindliche Bildung zu ermöglichen, eine bessere Ausstattung der Ganztagsschulen zu erzielen und Qualitätsverbesserungen in Schule und Ausbildung zu gewährleisten.

Mit Blick auf die Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrkräfte in anderen Bundesländern und der Lehrkräfte an anderen Schulformen in Niedersachsen ist die moderate Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung von 23,5 Stunden auf 24,5 Stunden pro Woche vertretbar. In mindestens 10 der 16 Bundesländer liegt die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte an Gymnasien auch nach der beabsichtigten Erhöhung auf 24,5 Stunden über der Niedersachsens. In Mecklenburg-Vorpommern beträgt sie z. B. 27 Stunden.

Die beabsichtigte Erhöhung des Wochenstundendeputates für Gymnasiallehrkräfte ist für die Betroffenen zunächst belastend und wird von ihnen verständlicherweise kritisch bewertet.

Als Reaktion auf die o. a. Maßnahmen haben die Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht das Projekt der künstlerischen Gestaltung des Auetunnels in Bad Zwischenahn gestoppt. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums hätten sicher viel Spaß dabei gehabt, ihren Lebensraum aktiv mitzugestalten. Sie hätten der Stadt zudem einen guten Dienst erwiesen, da der Betontunnel oft verunziert wird und kostspielig wieder gereinigt werden muss. Eine künstlerische Gestaltung hätte dem entgegenwirken können.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1:

Außerschulische Aktivitäten, wie beispielsweise Schulfahrten oder spezielle Projekte, haben einen hohen pädagogischen Wert, bereichern das Schulleben und verdienen besondere Anerkennung. Kunstpädagogische Projekte fördern u. a. den Zugang zur Kunst und sensibilisieren in dem vorliegenden Fall am Gymnasium Bad Zwischenahn-Edewecht die Schülerinnen und Schüler für die Wertschätzung ihrer Umwelt. Sie tragen darüber hinaus zur Persönlichkeitsbildung bei und werden von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt.

Zu 2:

Nein. Die Unterrichtsversorgung des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht betrug zum Stichtag der Erhebung (22.08.2013) insgesamt 106,1 % und liegt damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von 101,0%. Die Schule kann u. a. den Stundenpool – zwei Lehrerstunden pro zu bildender Klasse im Sekundarbereich I – im Umfang von gegenwärtig 88 Lehrerstunden pro Woche für die eigene Schwerpunktbildung, also auch für Projekte wie die Gestaltung des Auetunnels in Bad Zwischenahn, verwenden. Darüber hinaus verfügt das Gymnasium in diesem Schuljahr über 35 Lehrerstunden für das Ganztagsangebot (beschränkte Stunden), die ebenfalls für Projekte genutzt werden könnten.

Zu 3:

Die ab 01.08.2014 zusätzlich gewährten Lehrerstunden für den Ganztagsbereich geben den Schulen künftig einen größeren Spielraum für die Durchführung außerschulischer Projekte. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 und die Vorbemerkung verwiesen.

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln