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Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zu TOP 35 der Sitzung des Niedersächsischen Landtags am 16. September 2016

Rahmenkonzept zur Weiterentwicklung der inklusiven Schule Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen (Drs. 17/6409)



Anrede,

die Landesregierung begrüßt den Antrag „Rahmenkonzept zur Weiterentwicklung der inklusiven Schule“ der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen außerordentlich.

Niedersachsen hat sich der Verpflichtung gestellt, den Artikel 24 („Bildung“) der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen umzusetzen. Und dieser Herausforderung stellen wir uns gerne. Nach § 4 NSchG sind alle unsere Schulen inklusive Schulen. Ich betone: alle Schulformen. Wie in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen sind wir dazu verpflichtet, eine umfassende und uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft durch Einrichtung eines barrierefreien und gleichberechtigten Umfeldes – auch im Bereich der Bildung – zu ermöglichen. Dieser Verpflichtung kommen wir gerne nach. Dass es sich bei der Umsetzung der Konvention um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung handelt, die nur in einem langfristig angelegten Prozess und in enger Zusammenarbeit aller an Schule Beteiligten mit Unterstützung von Bund, Ländern und Kommunen geleistet werden kann, ist dabei unbestritten. Das ist Ansporn und Herausforderung zugleich. Und weil viele Bereiche komplex zusammenwirken, brauchen wir ein Rahmenkonzept Inklusive Schule.

Für uns als rot-grüne Landesregierung ist auch klar: Die Umsetzung der Inklusion in der Bildung ist keine wohlwollende Geste, keine generöse Haltung gegenüber Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen und auch keine mitleidige Unterstützung gegenüber Eltern.

Nein: Inklusion ist ein Menschenrecht und so haben wir auch damit umzugehen. Wir stellen uns dieser Herausforderung und setzen sie um. Denn: Eine inklusive Schule hat zum Ziel, je-dem einzelnen Kind gerecht zu werden. Jedes Kind soll in der Weise Unterstützung erfahren, dass es seine Potenziale ganz entfalten kann. Uns ist jedes Kind willkommen. Deshalb ist die inklusive Schule eine konsequente Fortführung der begabungsgerechten und individuellen Förderung, wie sie uns das NSchG in § 54 aufgibt. Das Schulwesen soll danach sicherstellen, dass leistungsstarke und leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit gefördert werden. Denn jedes Kind ist einzigartig und hat eine eigene Persönlichkeit. Das ist aus meiner Sicht eine notwendige Ergänzung und richtet den Blick auf einen erweiterten Inklusionsbegriff. Der erweiterte Inklusionsbegriff ist leitend für mein Handeln.

Deshalb hört die Einführung der inklusiven Schule nicht mit der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen auf, sondern muss vielfältig weiterentwickelt werden.

Der Entschließungsantrag zählt wesentliche Meilensteine auf, die wir schon erreicht haben und auf die wir alle hier im hohen Haus stolz sein dürfen:

Wir investieren viel - in die Erhöhung der Planstellenansätze und in die Qualifizierung der Lehrkräfte.

Wir schaffen zusätzliche Studienplätze.

Wir unterstützen die Kommunen mit insgesamt rund 30 Mio. Euro vom Land als Ausgleich für Kosten, die ihnen im Rahmen der Einführung der inklusiven Schule entstehen.

Wir verbessern Rahmenbedingungen und Voraussetzungen. Um zielgerichtet und wirkungsvoll zu arbeiten, wird unsere Arbeit wissenschaftlich begleitet.

Wir haben schon sehr viel getan. Aber Inklusion ist nicht nur eine langfristige Aufgabe, sondern eine Aufgabe für alle Lebensbereiche. Das gilt in der gesamten Gesellschaft ebenso wie in der Schule. Und so bleibt auch weiterhin noch viel zu tun. Wir packen es an und bringen Stück für Stück die Inklusion in unserem Land in unseren Schulen voran.

Anrede,

auch wenn wir schon eine Menge erreicht haben, liegen noch zahlreiche Aufgaben vor uns. Sowohl organisatorisch als auch pädagogisch brauchen wir zur Weiterentwicklung Steuerungen und Regelungen, die nicht einfach nebeneinander her laufen können, sondern die wir aufeinander beziehen müssen.

Deshalb haben wir in den letzten Jahren auch die notwendigen Bausteine identifiziert und führen sie in einem Rahmenkonzept Inklusive Schule zusammen.

Die gesetzlichen Grundlagen haben wir geschaffen. Auch sind schon zahlreiche untergesetzliche Regelungen angepasst. Die Anpassung der rechtlichen Vorgaben für die Schulen in freier Trägerschaft haben wir bereits in den Blick genommen.

Wir entlasten Leitungen von Förderzentren und ehemalige Förderschulleitungen.

Wir ermöglichen Funktionsstelleninhaberinnen und Funktionsstelleninhabern an Förderschulen unter bestimmten Voraus-setzungen bereits jetzt eine Weiterverwendung an anderen allgemein bildenden Schulen und wollen zukünftig entsprechende Beförderungsämter für Lehrkräfte mit dem Lehramt für Sonderpädagogik an allgemein bildenden Schulen schaffen.

Eine Aufgabe, der wir uns jetzt annehmen, ist es, die Zusammenarbeit von Förderschullehrkräften und Regelschullehrkräften zu definieren und zu verbessern.

In Aus-, Fort- und Weiterbildung halten wir ein breites Angebot vor. Künftig wollen wir daran arbeiten, dass wir noch besser und passgenauer auf den Bedarf der Lehrkräfte reagieren können.

Auch in der täglichen Unterrichtsarbeit wollen wir die Schulen und Lehrkräfte unterstützen. Deshalb erarbeiten wir einen Grundsatzerlass für die inklusive Schule.

Anrede,

sonderpädagogische Unterstützung muss da ankommen, wo sie gebraucht wird. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass sie sich überall im Flächenland an gleichen Qualitätsmaßstä-ben misst.

Um dies zu steuern und zu gewährleisten, ist es die Aufgabe des Landes, ein leistungsfähiges und bedarfsgerechtes Beratungs- und Unterstützungssystem zur Verfügung zu stellen, das Schulen bei der Verwirklichung der an eine inklusive Schule gestellten Ansprüche berät, begleitet und unterstützt. Wir schaffen dazu Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren Inklusive Schule, kurz: RZI.

Damit wollen wir landesweit unter Beachtung regionaler Ausprägungen eine vergleichbare Qualität der Schulen mit entsprechender sonderpädagogischer Expertise sicherstellen, landesweit eine einheitliche Steuerung der sonderpädagogischen Beratung und Unterstützung mit vergleichbaren Verfahrensweisen verwirklichen und eine innovative, leistungsfähige und ortsnahe Beratung und Unterstützung bereitstellen.

In jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt soll in Abhängigkeit von den jeweiligen Gegebenheiten ein Regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum Inklusive Schule eingerichtet werden. Der Aufbau soll schrittweise erfolgen. Wir wollen aus den dabei gemachten Erfahrungen und Erkenntnissen lernen. Deshalb richten wir dazu jeweils Planungsgruppen ein und öffnen damit vielfältige Möglichkeiten der Beteiligung am weiteren Entwicklungsprozess.

Anrede,

die Inklusion fordert uns alle gemeinsam, unser Grundverständnis vom gesellschaftlichen Miteinander zu überdenken und neu zu justieren. Das gilt auch für die Schule.

Wir können diesem Anspruch nur gerecht werden, wenn wir auch inklusiv arbeiten. Eine separate Arbeit an einzelnen Themen und Aufgaben verbietet sich hier. Denn Menschen und


Bedingungen wirken zusammen. Deshalb setzen wir die Aufgaben, die wir in der Inklusion zu bewältigen haben, zueinander in Beziehung - in einem Rahmenkonzept, in den Regional-stellen.

So werden wir der Herausforderung Inklusion gerecht!

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016

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