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Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zu TOP 26 der Sitzung des Niedersächsischen Landtags am 15. September 2016

Gegen Bildungsabbau in Niedersachsen - Leistungsniveau an unseren Schulen erhalten - Leistung muss sich weiter lohnen


Antrag der Fraktion der CDU (Drs. 17/5826)

Beschlussempfehlung des Kultusausschusses (Drs. 17/6347)



Anrede,

gern nehme ich heute noch einmal Stellung zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU „Leistungsniveau an unseren Schulen erhalten - Leistung muss sich weiter lohnen“. Denn dieser Antrag gibt mir Gelegenheit, über gute Schule zu reden, über gute Schule, wie sie erst durch unser novelliertes Schulgesetz, das sich schon jetzt als echtes Bildungschancengesetz erweist, ermöglicht wurde.

Die CDU-Fraktion tut sich offensichtlich nach wie vor schwer damit, das zu akzeptieren.

Anrede,

es versteht sich doch von selbst, dass sich Leistung in unseren niedersächsischen Schulen weiterhin lohnen muss. Wer behauptet denn etwas Anderes? Solche Wortspiele sind doch unseriöse Effekthascherei und dienen ausschließlich der Verunsicherung.

Zu einigen in dem von der CDU vorgelegten Entschließungsantrag aufgestellten Forderungen stelle ich deshalb zur Verdeutlichung, aber insbesondere zur Richtigstellung Folgendes fest:

  • Ziel der Landesregierung war, ist und bleibt es, die Versorgung mit Lehrkräften landesweit nachhaltig zu sichern und gleichzeitig die Bildungsqualität zu erhöhen. Aufgrund der Flüchtlingszuzüge und weiterer Entwicklungen wie der Ausweitung der inklusiven Schule und der Ganztagsangebote an Schulen besteht bundesweit ein hoher Bedarf an Lehrkräften, der nicht nur Niedersachsen vor große Herausforderungen stellt.

Mit unserem „17-Punkte-Aktionsplan zur Lehrkräftegewinnung" haben wir ein effektives Instrumentarium entwickelt, mit dem wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen das Lehrkräftepotenzial für unsere niedersächsischen Schulen maximal nutzen und auch erhöhen können.

  • Der pauschale Vorwurf, schulische Leistungsstandards würden abgesenkt, ist schlicht falsch. Die schulischen Leistungsanforderungen sind in den Kerncurricula für alle Fächer und Schulformen festgeschrieben und basieren auf den Vorgaben in KMK-Vereinbarungen. Niedersachsen beteiligt sich regelmäßig an den länderübergreifenden Leistungsüberprüfungen und muss dabei einen Vergleich nicht scheuen.

Und auch das noch einmal zur Klarstellung: Das sog. „Sitzenbleiben“ ist und wird nicht abgeschafft! Die im Mai dieses Jahres in Kraft getretene Verordnung über den Wechsel zwischen Schuljahrgängen und Schulformen der allgemein bildenden Schulen sieht auch weiterhin eine Versetzung, d. h. die Berechtigung zu einem Wechsel in den nächsthöheren Schuljahrgang oder in den Sekundarbereich II, aufgrund einer Entscheidung der Klassenkonferenz vor. Dementsprechend ist nach wie vor eine Nichtversetzung möglich.

  • Den Grundschulen wird mit In-Kraft-Treten des neuen Zeugniserlasses die Möglichkeit eröffnet, in den Schuljahrgängen 3 und 4 alternativ zu Notenzeugnissen Berichtszeugnisse zu erstellen.

An die Stelle der Schullaufbahnempfehlung sind zwei ausführliche Beratungsgespräche getreten, die in einer verbindlichen Form protokolliert werden müssen.

Die Erziehungsberechtigten werden demzufolge weiterhin über die individuelle Lernentwicklung ihres Kindes informiert und zu den verschiedenen Möglichkeiten einer Fortsetzung des Bildungsweges orientiert.

Mit diesen neuen Regelungen haben wir die Beteiligung und die Verantwortung der Eltern für Bildung und Entwicklung deutlich gestärkt.

  • Auch das Gymnasium ist keineswegs geschwächt!

Grundsätzlich ist festzuhalten: Im Sekundarbereich I der Gymnasien liegt die Wochenstundenzahlen der Fächer im MINT-Bereich sowohl beim „alten G 9“, beim „G 8“ als auch beim „neuen G 9“ weit über der von der KMK geforderten Mindeststundenzahl. Zur Erinnerung für Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP: In Ihrem G 8 gab es eine geringere Wochenstundenzahl in diesen Fächern als heute.

Die Anzahl der Wochenstunden für die Kernfächer wird nicht gekürzt. Für das Gymnasium gilt, dass die Wochenstundenzahl in Mathematik, Deutsch und den Fremdsprachen im Vergleich zum alten G 8 jeweils um zwei Wochenstunden erhöht werden konnte.

Auch für die neue Einführungsphase gilt: 30 Wochenstunden sollten i. d. R. nicht überschritten werden, um den Schülerinnen und Schülern ausreichend Zeit zu geben, das Gelernte zu verinnerlichen, Referate zu erarbeiten und sich auf Klausuren und Ähnliches vorzubereiten.

Das neue „G 9“ umfasst für den gesamten Bildungsgang deutlich mehr Stunden als das bisherige „G 8“ – es findet nicht weniger, sondern mehr Unterricht statt!

Die Forderung, leistungsstarke Schülerinnen und Schüler zu fördern, um ihnen ein Abitur auch nach 12 Schuljahren zu ermöglichen, ist längst erfüllt. Die Schulen erhalten dafür zusätzliche Stunden und können selbst entscheiden, nach welchem Konzept sie diese Gruppe von Schülerinnen und Schülern fördern.

In der neuen Verordnung über die gymnasiale Oberstufe ist vorgesehen, dass grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe zur Teilnahme am Unterricht in zwei Fremdsprachen verpflichtet sind. Davon kann nur durch einen Beschluss des Schulvorstands einer Schule abgewichen werden. Die Schulen bleiben aber dennoch verpflichtet, auch die zweite Fremdsprache anzubieten.

In der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe ist ferner geregelt, dass die Leistungen in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern die Grundlage für die Versetzungsentscheidung von der Einführungs- in die Qualifikationsphase bilden. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass auch hier von einer Absenkung der Anforderungen nicht die Rede sein kann.

Und ein Letztes zum neuen G 9: Auf Wunsch des Prüflings wird künftig eine Präsentationsprüfung die traditionelle mündliche Prüfung im fünften Prüfungsfach ersetzen können. Im Gegensatz zur Opposition sehe ich hier keine Chancenungerechtigkeit für die Schülerinnen und Schüler. Präsentationsprüfungen sind im schulischen, universitären und beruflichen Kontext längst gang und gäbe.

  • Das Kultusministerium plant derzeit den Ausbau der sozialen Arbeit in schulischer Verantwortung an den Hauptschulen, Oberschulen, Realschulen, Kooperativen Gesamtschulen und Integrierten Gesamtschulen. Diese Schulformen tragen gegenwärtig die Hauptlast bei der Inklusion und bei der Integration der geflüchteten Kinder und Jugendlichen.

Von einer Öffnung des Ganztagesbudgets für die Finanzierung von sozialpädagogischen Fachkräften können auch Gymnasien profitieren.

  • Die Studien- und Berufsorientierung ist ein bildungspolitischer Schwerpunkt der Arbeit an Niedersachsens allgemein bildenden Schulen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kommt diesem Bereich eine besondere Bedeutung zu. Berufsorientierende Maßnahmen werden in den Pflichtunterricht integriert und bei der derzeitigen Überarbeitung in den Kerncurricula aller Fächer verankert. Eine fundierte Berufs- und Studienwahlentscheidung der Schülerinnen und Schüler wird intensiver als bisher gefördert, um einen Übergang von der Schule in die Hochschule oder den Beruf zu erleichtern.
  • Zu guter Letzt: Gymnasien werden auch weiterhin gut erreichbar sein! Das neue Schulgesetz sieht in § 106 Abs. 2 vor, dass Schulträger, die eine Gesamtschule führen, den Besuch eines Gymnasiums unter zumutbaren Bedingungen gewährleisten müssen. Und, meine Damen und Herren, wie ich schon immer gesagt habe: Ich vertraue auf Fakten. Das Gymnasium ist weiterhin die beliebteste Schulform. Hören Sie also auf, Schreckensvisionen zu verbreiten!

Meine Damen und Herren von der CDU,

Ihr Entschließungsantrag ist eine Mixtur aus längst widerlegten Vorwürfen, Fehleinschätzungen und Falschmeldungen! Deshalb kann man einen solchen Antrag nur ablehnen!

Die Landesregierung wird weiterhin daran arbeiten, allen Schülerinnen und Schülern des Landes ein hohes Maß an Bildungsqualität zu ermöglichen. Davon werden uns derartige Störversuche jedenfalls nicht abhalten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.09.2016

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