Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zu TOP 2 b der Sitzung des Niedersächsischen Landtags am 17.08.2016

Aktuelle Stunde „Rot-grüne Bildungspolitik: Stell Dir vor, es ist Schulanfang und der Unterricht fällt aus …“ (Antrag der Fraktion der FDP Drs. 17/6286)

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

mit Ihrem Themenvorschlag suggerieren Sie, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, dass unsere Schülerinnen und Schüler landauf, landab zum diesjährigen Schuljahresbeginn vor verschlossenen Türen gestanden hätten.

Was für eine absurde Vorstellung! Und was für eine abstruse Unterstellung!

Die Realität sieht jedenfalls ganz anders aus:

Nach den Sommerferien hat das neue Schuljahr 2016/2017 für mehr als 800.000 Schülerinnen und Schüler an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Niedersachsen begonnen. Ich wünsche allen Schülerinnen und Schülern auch von dieser Stelle alles Gute für ihre schulische Laufbahn.

Ich nehme mal Ihre Überschrift und sage: stell dir vor, das Schuljahr hat begonnen und schau hin, was rot-grüne Bildungspolitik für diese Kinder und Jugendlichen alles erreicht hat:

Zum Beispiel:

Das neue Schuljahr beginnt: In 88 Schulen mehr als im letzten Jahr gehen Kinder in eine Ganztagsschule - und zwar nicht nur mit offenen, sondern auch mit gebundenen Angeboten, mit denen sie noch besser gefördert werden können.

Und der Ganztagsausbau lässt sich auch in Zahlen belegen: Standen bei Regierungswechsel noch rund 51.000 Ganztagsstunden zur Verfügung, ist der Zusatzbedarf Ganztag auf heute rund 73.000 Stunden angewachsen. Fast die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler können heute über ein Ganztagsangebot verfügen. Niedersachsen wird zum Ganztagsschulland!

Das neue Schuljahr beginnt und in seit 2013 24 neuen Integrierten Gesamtschulen können die Kinder zu Beginn dieses Schuljahres zur Schule gehen. Das sind pro Jahrgang grob gerechnet mindestens 2.500 bis 3.000 Schülerinnen und Schüler, die diese Wahlfreiheit zu Ihren Regierungszeiten nie gehabt hätten.

Das neue Schuljahr beginnt und in den ersten acht Jahrgängen haben wir Schritt für Schritt die inklusive Schule eingeführt. Acht Jahrgänge, in denen Kinder mit und ohne Behinderungen die Chance haben, miteinander aufzuwachsen und zu lernen, dass kein Kind wertvoller als das andere ist.

Das neue Schuljahr beginnt und wir haben mehr als 600 Sprachlernklassen und über 58.000 Stunden Sprachförderung für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen. Eine Herausforderung, die Vorgängerregierungen so nie hatten.

Das neue Schuljahr beginnt und wir haben erstmals seit mehr als zwölf Jahren dauerhafte Stellen für Schulsozialarbeit an den Ganztagsschulen unterschiedlicher Schulformen ausgeschrieben.

Das neue Schuljahr beginnt und wir haben innerhalb der letzten zwei Jahre mit insgesamt über 1.000 Lehrkräften die höchsten Einstellungszahlen im BBS Bereich, die wir innerhalb der letzten Dekade gehabt haben. Zur weiteren Stabilisierung der Unterrichtsversorgung an den öffentlichen berufsbildenden Schulen hat die Landesregierung darüber hinaus kurzfristig zu Beginn des neuen Schuljahrs rund 100 zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten im Rahmen eines Nachtrags zum Stellenausgleichverfahren zur Verfügung gestellt.

Das neue Schuljahr beginnt und das Stressabitur ist abgeschafft. Alle Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 9 an den Gymnasien haben mehr Zeit zum Leben und Lernen.

Ja, meine Damen und Herren, und das neue Schuljahr beginnt und wir haben ca. 35.000 Schülerinnen und Schüler - rein quantitativ mehr als die Hälfte eines ganzen Einschulungsjahrganges - innerhalb von knapp 1 ½ Jahren durch die großartige Leitung unserer Lehrkräfte in unseren Schulen zusätzlich aufgenommen.

Anrede,

Welch eine historische Herausforderung und welch eine unglaublich anerkennenswerte Leistung unserer Lehrkräfte und vieler Menschen in den Schulen und Kitas in Niedersachsen!

Und diese Landesregierung und die Mehrheit des Landtages unterstützen unsere Schulen nach Kräften – allein im letzten Jahr mit mehr als 530 zusätzlichen Einstellungsmöglichkeiten im abs-Bereich, mit 100 Stellen an den BBS für SPRINT-Projekte, 740 Stellen als Ausgleich des OVG-Urteils und allein 930 zusätzlichen Einstellungsmöglichkeiten in diesem Jahr. Wir stellen so viele Lehrkräfte ein, wie uns möglich ist – allein zu diesem Schulhalbjahr 2800 - und unterstützen auch noch mit weiterem Personal unsere Schulen.

Und all diese Zahlen, diese enormen Entwicklungen und die historischen Aufgaben thematisieren Sie oder berücksichtigen Sie ja natürlich nicht. Sie zeichnen ein Bild von unseren Schulen, das es so überhaupt gar nicht gibt.

Was sagen denn die Fakten?

Die Auswertung aus der so genannten „Hotline Unterrichtsversorgung“ der Niedersächsischen Landesschulbehörde hat ergeben, dass vom 25.07. bis zum 15.08.2016 lediglich fünf Anrufe eingegangen sind. Allein diese Zahl erschüttert schon Ihre Behauptung.

Dies bedeutet natürlich nicht – und das habe ich bereits zum Schuljahresanfang gesagt -, dass uns die aktuelle Situation zufriedenstellt.

Daher haben wir schnell gehandelt und mit dem 17 Punkte Aktionsplan auch sehr viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit dem wir das Lehrkräftepotenzial erhöhen und noch mehr Einstellungen generieren können.

Ich erwähne da nur den neuen Quereinstieg in den Grundschulen, die Kapitalisierung von Ganztagsstunden oder die Möglichkeit, Vertretungskräfte jetzt schon früher einzustellen. Mit Stand vom 16.08.2016 konnten bereits rund 500 Vertretungsverträge mit vorzeitigem Beginn (Vertragsbeginn im Zeitraum 04.08. bis 27.08.2016) genehmigt werden.

Auch haben Schulen die Möglichkeit, bei mittel- und langfristigen Ausfällen Vertretungsmittel zu beantragen. Dafür stehen 2016 über 31 Millionen Euro zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, das Schuljahr 2016/2017 hat begonnen. Unsere Schulen sind angesichts der besonderen Situation, in der wir uns befinden, gut aufgestellt. Und wir unternehmen alles, was die Situation noch verbessern kann. Eine Schwarzgelb-Malerei bedarf es dazu nicht, sondern vieler zupackender Hände und einer konstruktiven Diskussion.