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Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt auf dem Philologenverbandstag in Goslar am 30. November 2016


Es gilt das gesprochene Wort!

Einen wunderschönen guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Audritz! (Anrede weiterer Ehrengäste)

Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zum diesjährigen Philologenverbandstag hier in Goslar im schönen Harz!

Ich freue mich, dass ich wieder einmal bei Ihnen zu Gast sein darf, insbesondere, nachdem der Ministerpräsident gerade im letzten Jahr zu Ihrem Jubiläum in der Kaiserpfalz dabei gewesen ist.

Lieber Herr Audritz, seitdem sei nichts passiert, lautet Ihre Arbeitshypothese.

  • Gemeinsame Entwicklung der Online-Befragung
  • Durchführung der Online-Befragung
  • Einsetzung der Arbeitszeitkommission
  • Reform der Schulinspektion
  • Weiterentwicklung der Vergleichsarbeiten

Meine Damen und Herren, seit Ihrem Jubiläum ist sehr wohl sehr viel passiert! Die Niedersächsische Landesregierung beschäftigt sich intensiv mit dem Arbeitsplatz Schule und der konkreten Belastungssituation der Lehrkräfte.

Es geht um schnelle, aber nachhaltige Entlastungen und wieder mehr Zeit für gute Schule.

In diesem Zusammenhang habe ich eine gute Nachricht für Sie mitgebracht:

Die Niedersächsische Landesregierung und die Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsen haben sich grundsätzlich über ein Gesamtpaket für die Kostentragung im Schulbereich verständigt, das sich sehen lassen kann. Wir stehen kurz vor der Unterschrift.

Es geht um mehr Schulsozialarbeit und um dauerhaft verankerte Schulsozialarbeit, es geht um zusätzliches Geld für die Systemadministration und es geht um klare Regelungen bei den Schulverwaltungskräften.

Meine Damen und Herren, dieses Paket bringt Ihnen und Ihren Schulen deutlich mehr Unterstützung und Entlastung!

Ich freue mich daher, dass eine Vereinbarung sehr nahe gerückt ist!

Anrede,

ich habe eben kurz angedeutet, dass sich die Landesregierung intensiv mit den Themen Entlastungen und Lehrerarbeitszeit beschäftigt.

Wir haben das große Projekt „Verbesserungen am Arbeitsplatz“ Schule von Beginn an mit zwei Säulen geplant:

Erstens mit der Durchführung der Online-Befragung „Mehr Zeit für gute Schule“; an den notwendigen Konsequenzen hieraus haben wir mit den Lehrerverbänden und -gewerkschaften intensiv gearbeitet.

Gemeinsam sind wir bei der Belastungssituation durch die externen Evaluationsinstrumente Schulinspektion und Vergleichsarbeiten zu guten Lösungen gekommen.

In der vergangenen Woche haben wir im Forum Eigenverantwortliche Schule Ergebnisse präsentiert und ich habe dort mit Ihnen und vielen anderen diskutiert und eine große Zustimmung vernommen.

Auch bei weiteren Handlungsfeldern, die sich aus den Ergebnissen der Online-Befragung ergeben, setze ich auf Ihren Sachverstand und Ihr konstruktives Mitwirken. Sie haben mit dazu beigetragen, dass wir bei der Schulinspektion und bei den Vergleichsarbeiten echte Erleichterungen für die Lehrkräfte und die Schulleitungen in die Wege leiten können!

Die zweite Säule ist das Expertengremium zur Arbeitszeitanalyse, das den Auftrag hat, eine transparente Grundlage zum Thema Arbeitszeit der Lehrkräfte und Schulleitungen zu erarbeiten. Dieses Expertengremium soll die arbeitszeitrelevanten Tätigkeiten von Lehrkräften und Schulleitungen ermitteln und nach objektiven Kriterien bewerten.

Hierbei werden unterschiedliche Praktikerinnen und Praktiker der verschiedenen Schulformen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemeinsam zu dem wichtigen Thema der Arbeitszeit für Lehrkräfte zusammenarbeiten.

Die erste Sitzung dieses Gremiums wird in der nächsten Woche starten.

Eingebunden sind die Sozialpartner mit Vertretern des Beamtenbundes und des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Falls das Expertengremium zu dem Ergebnis kommt, weitere Erhebungen vorzunehmen, werden wir auch weitere Erhebungen veranlassen.

Ich werde jedoch den Beratungen in diesem Gremium nicht vorgreifen.

So umfassend und konsequent beschäftigt sich keine andere Landesregierung mit dem Arbeitsplatz Schule und der Frage der Arbeitszeit der Lehrkräfte.

Diese unverrückbare Tatsache ist hoffentlich auch in Ihrem Sinne, meine Damen und Herren.

Anrede,

Herr Audritz hat mich gebeten, mich auf 10 Minuten zu beschränken, daher fasse ich mich im Folgenden kurz:

1. Unabhängig von der Dauer meines Grußwortes betrachten Sie bitte meine Anwesenheit heute hier auch als Ausdruck meiner Wertschätzung Ihrem Verband gegenüber, aber auch und vor allen Dingen Ihnen allen gegenüber. Ihr großes Engagement für alle Schülerinnen und Schüler an den niedersächsischen Gymnasien hat den Respekt der Landesregierung.

Ich bin stolz auf die guten Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien und das ist maßgeblich Ihr Verdienst. Das gilt nicht zuletzt auch für die Beschulung von Flüchtlingskindern, die zu uns nach Niedersachsen gekommen sind.

Insbesondere die Lehrkräfte, aber auch viele Schülerinnen und Schüler oder auch Eltern haben den Kindern mit Fluchterfahrung nicht nur eine neue Heimat geboten, sondern sie auch herzlich willkommen geheißen in den Schulen. Sie kümmern sich alle gemeinsam nicht nur um einen guten Spracherwerb der Schülerinnen und Schüler, sondern Sie unterstützen die Kinder und Jugendlichen ebenfalls beim Ankommen in Deutschland.

Das ist gelebte Menschlichkeit, das ist erfolgreiche Integration!

Dafür möchte ich auch Ihnen meinen außerordentlichen Dank aussprechen.

2. Der Nds. Philologenverband und die jeweilig im Amt befindliche Landesregierung sind nicht immer einer Meinung. Aber: Gerade deshalb freut es mich umso mehr, dass wir dennoch bei zentralen inhaltlichen Themen konstruktiv zusammenarbeiten.

Das gilt für Ihre Mitarbeit am neuen Abitur nach 9 Jahren (G9), das gilt aber auch z.B. für die Weiterentwicklung der Schulinspektion und von VERA. Ich weiß Ihre Kompetenz und Ihren Mitgestaltungswillen sehr zu schätzen und freue mich, wenn es auch in Zukunft so bleibt.

Daher werbe ich heute bei Ihnen ausdrücklich um ein pragmatisches, lösungsorientiertes Miteinander.

Denn 3.:
Wir werden auch weiterhin miteinander arbeiten - für die Gymnasien und für die Schülerinnen und Schüler an dieser Schulform.

So halte ich es für außerordentlich wichtig, dass wir beim Thema Berufs- und Studienorientierung einen engen Austausch pflegen. Ich weiß, Sie sind sehr skeptisch, ob die Vermittlung von Kenntnissen aus diesem Bereich überhaupt Aufgabe der Gymnasien ist.

Diese Ansicht teile ich ausdrücklich nicht. Alle Schülerinnen und Schüler müssen über ihre vielfältigen Chancen und Möglichkeiten nach ihrem Schulabschluss informiert sein, damit sie eine durchdachte, für sie individuell passende Berufswahlentscheidung treffen können.

Das gilt natürlich auch für Schülerinnen und Schüler, die das Abitur anstreben. Neben Studium und schulischer Ausbildung halte ich auch für sehr wichtig, die Attraktivität der dualen Ausbildung in den Blick zu nehmen. Das sehen auch viele Gymnasien so, die die Berufsorientierung bereits aktiv ausgestalten.

Jugendliche über die reine Wissensvermittlung hinaus fit für die Zukunft zu machen ist Aufgabe von Schule; es ist wichtig für Jugendliche, sich über die vielfältigen Chancen und Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu informieren und sich Orientierung zu verschaffen. Der richtige Beruf ist Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit – wir sollten gemeinsam den Jugendlichen an unseren Gymnasien eine gute Unterstützung bieten, um zu diesem Ziel zu kommen. Wenn wir hierbei gute Ergebnisse erzielen, ist das für mich eine pragmatische, am Wohl der Schülerinnen und Schüler orientierte Zusammenarbeit.

4. Dieses Miteinander sollten wir auch bei der Umsetzung der inklusiven Schule versuchen.

Die Inklusion - das gemeinsame Leben und Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen - ist der falsche Gegenstand für politischen oder gar ideologischen Schlagabtausch!

Wir können in Niedersachsen durchaus mit einer Portion Stolz sagen, dass bei uns keine Schule für Kinder mit Behinderung verschlossen ist!

Die Landesregierung investiert in hohem Maße, um die inklusive Schule gut zu unterstützen. 1,7 Milliarden Euro geben wir bis 2020 für die Inklusion aus – davon ein großer Teil für zusätzliche Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, den Aufwuchs bei der Grundversorgung und die schülerbezogenen Zusatzbedarfe.

Ich habe immer gesagt, dass wir diesen wirklich historischen Umstellungsprozess eng begleiten und ggf. auch nachsteuern müssen.

Die Online-Befragung hat ja z. B. auch gezeigt, dass die Unterstützung durch die Behörden bei der Inklusion als unbefriedigend wahrgenommen wird.

Wir werden darauf reagieren und Sie beim Prozess der Inklusion noch besser unterstützen!

Wir gehen in die Regionen mit Beratungs- und Unterstützungszentren, um die Schulen direkter zu begleiten und zu beraten bei der Inklusion.

Außerdem wird das Land seine Studienplatzkapazitäten in den Masterstudiengängen für das Lehramt Sonderpädagogik verdoppeln.

Mit dem „Rahmenkonzept Inklusive Schule“ gehen auch viele Handreichungen für den binnendifferenzierten Unterricht einher.

Es sind also viele Maßnahmen aufgegleist, um bei der Inklusion noch besser zu werden und Sie, die Lehrkräfte und Schulleitungen, noch besser zu unterstützen. Wir sollten aber nicht vergessen und übersehen, dass die inklusive Schule an vielen Stellen bereits gut funktioniert. Gerade die Schulen, die sich schon seit längerer Zeit mit der inklusiven Beschulung beschäftigen, berichten von positiven Entwicklungen – auch an Gymnasien. So besuchen von 15.378 inklusiv beschulten Kindern im Schuljahr 2015/2016 (öffentliche Schulen) 374 Schülerinnen und Schüler ein Gymnasium. Zu diesem Zeitpunkt gab es an den 257 öffentlichen Gymnasien über 220.756 Schülerinnen und Schüler. Jeder Schüler und jede Schülerin ist wichtig.

Daher bedanke ich mich für Ihre bisher im Rahmen der inklusiven Schule geleistete Arbeit.

Wir haben jetzt die Möglichkeit, den weiteren Fortgang dieses Prozesses mit einer positiven Einstellung zu begleiten.

Darum möchte ich Sie herzlich bitten. Denn die Gesellschaft der Zukunft kann nur eine inklusive sein, davon bin ich zutiefst überzeugt. Dies ist eine große Aufgabe – keine Frage. Wir werden von politischer Seite den Prozess intensiv begleiten und, wo nötig, auch politisch nachsteuern, wie wir es mit den bereits erwähnten Maßnahmen getan haben.

Meine Hand bleibt also ausgestreckt, um in den entscheidenden Themenfeldern zusammenzuarbeiten. Das haben wir bereits an einigen Stellen gut praktiziert. Ich bin absolut dialogbereit und würde mich sehr freuen, wenn Sie auch zukünftig als verlässlicher und kompetenter Gesprächspartner zur Verfügung stehen würden.

Ich wünsche Ihrer Tagung einen guten Verlauf.


Artikel-Informationen

erstellt am:
30.11.2016

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