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LT September-Plenum TOP 32: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummmer 3

Verherrlichung des Märtyrertodes auch in Niedersachsen?



Abgeordnete Hermann Grupe, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe und Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Antwort des Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt in ihrer Ausgabe vom 5. September 2016, dass das nordrhein-westfälische Innenministerium seine Kooperation mit der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB) beendet habe. Der Grund dafür sei ein Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet. In diesem Comic werde der „Märtyrertod verherrlicht“. Das Ministerium habe den nordrhein-westfälischen DITIB-Landesverband in der Sache zu einer Stellungnahme aufgefordert. In ihrer Antwort habe die DITIB die „notwendige Neutralität bzw. ausreichende Distanz“ vermissen lassen, so der Innenminister.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Türkische Religionsbehörde Diyanet hat in der Märzausgabe 2016 ihrer Kinderzeitschrift (Diyanet Cocuk) eine Comicgeschichte über eine Unterhaltung zwischen zwei Kindern und ihren Eltern veröffentlicht, in der der Märtyrertod thematisiert wird. Ergänzt wird die Unterhaltung durch Aussprüche des Propheten Mohammed. Die Überschrift der Bildergeschichte lautet übersetzt: „Möge Gott unsere Märtyrer segnen, mögen ihre Gräber mit heiligem Licht erfüllt werden.“ Die Zeitschrift wird in der Türkei an Eltern und Religionslehrer verteilt bzw. kann über die Website online abgerufen werden. Sie wird auch ins Ausland verschickt und kann dann in Moscheegemeinden ausgelegt werden.

Herausgeber ist nicht die DITIB Niedersachsen und auch nicht der DITIB Dachverband Deutschland, sondern die offizielle Religionsbehörde der Republik Türkei. Ob die in Rede stehende Ausgabe der o. g. Zeitschrift auch in Moscheegemeinden in Niedersachsen ausgelegt wurde und wie der niedersächsische DITIB-Landesverband zu dem Comic steht, ist derzeit nicht bekannt. Der niedersächsische DITIB-Landesverband hat sich zu dem Comic bisher nicht geäußert.

Nach einer Stellungnahme der DITIB in Nordrhein-Westfalen sei der Comic anlässlich eines Gedenktags erschienen: So werde der Begriff „Märtyrer“ in der Türkei für gefallene Soldaten verwendet. Die Bildergeschichte solle sich wohl auf gefallene Soldaten beziehen, und nicht etwa im Zusammenhang mit „selbsternannten“ Märtyrern extremistischer Gruppierungen verstanden werden.

Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen hat den dortigen DITIB-Landesverband zu einer Stellungnahme zu dem Comic aufgefordert, nachdem bei der DITIB in Köln ein Exemplar der Zeitschrift in der Auslage aufgefallen war. In der daraufhin vom Landesverband DITIB NRW e. V. abgegebenen Stellungnahme konnte keine „für einen Träger des Präventionsprogramms „Wegweiser“ notwendige klare Neutralität bzw. ausreichende Distanz“ festgestellt werden (Antwort der nordrhein-westfälischen Landesregierung auf eine diesbezügliche Kleine Anfrage, Drucksache 16/12809). Daraufhin wurde die Kooperation mit diesem DITIB-Landesverband im Zusammenhang mit diesem Programm beendet, nicht jedoch die generelle weitere Zusammenarbeit – z. B. im Dialogforum Islam – in Frage gestellt.

1. Wie bewertet die Landesregierung den Inhalt des oben genannten Comics, und hat sie den niedersächsischen DITIB-Landesverband um Stellungnahme gebeten?

Die Landesregierung nimmt keine Bewertung von Presseerzeugnissen ausländischer Behörden vor. Sie distanziert sich jedoch von jeglichen gewaltverherrlichenden und –verharmlosenden Darstellungen oder Meinungsäußerungen, unabhängig davon, in welchem Zusammenhang diese erfolgen mögen. Die Landesregierung wird den niedersächsischen DITIB-Landesverband um Stellungnahme zu dem in der Vorbemerkung der Abgeordneten in Bezug genommenen Comic der türkischen Religionsbehörde bitten.

2. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass dieses Comicheft in Niedersachsen verbreitet wurde?

Nein, der Landesregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Der Comic selbst ist im Internet zu finden und hat insoweit eine gewisse Verbreitung gefunden. Dass dies auf ein aktives Betreiben des niedersächsischen DITIB-Landesverbandes zurückzuführen wäre, kann jedoch derzeit nicht festgestellt werden.

3. Welche Auswirkung hat dieser Sachverhalt auf die Zusammenarbeit mit dem niedersächsischen DITIB-Landesverband?

Der niedersächsische DITIB-Landesverband hat sich in den zurückliegenden Jahren als verlässlicher gesellschaftlicher Kooperationspartner der Landesregierung erwiesen und gezeigt, dass er das Grundgesetz und die Niedersächsische Verfassung achtet. Mit dem DITIB-Landesverband arbeitet das Land Niedersachsen bereits seit Jahren vertrauensvoll zusammen, beispielsweise bei der Einführung und Umsetzung von islamischem Religionsunterricht. DITIB hat sich aktiv eingebracht bei der Gründung und dem Aufbau der niedersächsischen Beratungsstelle gegen Salafismus BeRATen. Der DITIB-Landesverband engagiert sich in der Seelsorge in Justizanstalten, ist Mitglied im Bündnis für Niedersachsen und im Niedersachsenring für ehrenamtliches Engagement. Zwischen dem Verband und dem Land Niedersachsen ist in dieser Zeit und durch die Zusammenarbeit ein entsprechendes Vertrauensverhältnis gewachsen, das die Landesregierung durch den Inhalt des o. g. Comics nicht erschüttert sieht. Im Rahmen dieser vertrauensvollen Zusammenarbeit wird die Landesregierung den DITIB Landesverband Niedersachsen und Bremen e. V. um eine Stellungnahme bitten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016

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