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LT September-Plenum TOP 32: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummmer 10

Rechtswidrige Dienstanweisung der Stader Bürgermeisterin im Wahlkampf?



Abgeordneter Kai Seefried (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Die Bürgermeisterin der Hansestadt Stade, Silvia Nieber, hat in einem Schreiben an öffentliche Einrichtungen und Schulen im Gebiet der Hansestadt Stade Politikerbesuche im Zeitraum vom 15. August bis zum 11. September 2016 untersagt. In der Anordnung nimmt sie Bezug auf einen Runderlass des Kultusministeriums zu Besuchen von Politikerinnen und Politikern in Schulen. Der Runderlass hierzu sieht jedoch ausdrücklich etwas anderes vor und legt die Entscheidung über Besuche von Politikerinnen und Politikern in die Entscheidungskompetenz der Schulleiterin oder des Schulleiters.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Bürgermeisterin der Hansestadt Stade hat in einer „Dienstanweisung über Besuche von Politikerinnen und Politikern in städtischen Einrichtungen zur Kommunalwahl am 11.09.2016“ Folgendes angeordnet:

„1. Jeder Besuch aus der Politik in einer städtischen Einrichtung ist sofort der zuständigen Fachbereichsleitung zu melden. Das gilt ganzjährig.

2. In Anlehnung an den Runderlass des Nds. Kultusministeriums zum Besuch von Politikerinnen und Politikern in Schulen gilt, dass politische Besuche in allen städtischen Einrichtungen in der Zeit vom 15. August 2016 bis 11. September 2016 nicht zulässig sind.“

Der Runderlass des Kultusministeriums „Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen“ vom 01.08.2012 (SVBl. S. 426), geändert durch Runderlass vom 01.08.2014 (SVBl. S. 458), trifft Regelungen zu Informationsbesuchen von Politikerinnen und Politikern in Schulen, zu ihrer Teilnahme am Unterricht sowie an Veranstaltungen der Schülervertretungen und von Schülergruppen.

Zu Informationsbesuchen in Schulen regelt der Erlass, dass Personen mit Mandaten oder Ämtern in kommunalen, staatlichen oder überstaatlichen Volksvertretungen oder Körperschaften jederzeit das Recht haben, sich über Probleme in den Schulen zu informieren. Hierzu bedarf es keiner Genehmigung, der Besuch sollte der Schule allerdings im Vorfeld angekündigt werden (vgl. Nr. 1.1. des Erlasses).

Nach Nr. 2.1 des Erlasses dürfen die Schulen Personen mit Mandaten oder Ämtern in kommunalen, staatlichen oder überstaatlichen Volksvertretungen oder Körperschaften sowie sonstige Vertreterinnen und Vertreter demokratischer Parteien einladen, in didaktisch und methodisch begründeten Fällen, insbesondere in den Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes, am Unterricht teilzunehmen. Die Entscheidung über einen entsprechenden Besuch von Politikerinnen und Politikern sowie über die Durchführung von Podiumsdiskussionen in Schulen obliegt der Schulleiterin oder dem Schulleiter (vgl. Nr. 2.2 des Erlasses).

Bei Besuchen, die nicht ausschließlich pädagogischen Zielsetzungen in der Schule gewidmet sind, ist die Zuständigkeit des Schulträgers zu beachten. Der Erlass regelt hierzu, dass die Schulleiterin oder der Schulleiter in diesen Fällen den Schulträger unverzüglich von einem angekündigten Besuch unterrichten sollten (vgl. Nr. 1.2 des Erlasses). Für den außerschulischen Betrieb kann der Schulträger in eigener Zuständigkeit Regelungen erlassen.

1. Besagt der Runderlass des Kultusministeriums „Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen“, RdErl. d. MK v. 01.08.2012 - 35-81 704 (SVBl. 8/2012 S.426), geändert durch RdErl. vom 01.08.2014 (SVBl. 9/2014 S. 458), dass Politikerinnen und Politiker in Zeiten von Wahlkämpfen Schulen nicht besuchen dürfen, oder welchen anderen Inhalt hat der Erlass?

Nach der aktuellen Fassung des Erlasses bestehen für Wahlkampfzeiten keine besonderen Regelungen und auch keine „Sperrfristen“ mehr. Soweit der Besuch pädagogischen Zielsetzungen dient, sind Politikerbesuche auch kurz vor einer Wahl grundsätzlich zulässig. Die Entscheidung über den Besuch von Politikerinnen und Politikern in Schulen wird von der jeweiligen Schulleitung getroffen. Dabei hat die Schule dafür zu sorgen, dass bei entsprechenden Einladungen, die im Laufe eines Jahres ausgesprochen werden, keine Partei bevorzugt oder benachteiligt wird; sie ist zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet (vgl. Nr. 2.2, Sätze 3 und 4 des Erlasses). Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.

2. Ist es zulässig, dass die Stader Bürgermeisterin die o. g. Dienstanweisung unter Bezugnahme auf den o. g. Runderlass an Lehrkräfte und Schulleitungen herausgibt?

Zunächst sei angemerkt, dass die o.a. Anweisung auf alle städtischen Einrichtungen ausgerichtet ist. Sofern sie sich auf rein außerschulische Veranstaltungen bezieht, bei denen lediglich Räumlichkeiten in Schulanlagen genutzt werden sollen, liegt die originäre Zuständigkeit für diesbezügliche Regelungen bei der Kommune als Träger der Einrichtung. Eine Anlehnung an existierende oder frühere Verwaltungsvorschriften anderer Körperschaften erscheint hier jedenfalls nicht per se ausgeschlossen.

Sofern ein Besuch von Politikerinnen und Politikern im Rahmen des Schulbetriebs mit einer pädagogischen Zielsetzung hätte erfolgen sollen, wären von der in Rede stehenden Anweisung auch Schulleitungen und Lehrkräfte angesprochen gewesen; diese Bediensteten stehen in einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis zum Land. Der kommunale Schulträger bzw. seine Verwaltungsleitung ist ihnen gegenüber hinsichtlich der Ausübung ihrer pädagogischen Tätigkeiten nicht weisungsberechtigt. Für die Durchführung des schulischen Betriebs wäre die geltende Erlasslage maßgeblich gewesen.

3. Wie bewertet die Landesregierung das möglicherweise rechtswidrige Vorgehen der Stader Bürgermeisterin, und wurde diesbezüglich die Kommunalaufsicht bereits tätig?

Zuständige Kommunalaufsichtsbehörde für die Hansestadt Stade ist gem. § 171 Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes der Landkreis Stade. Nach Auskunft des Landkreises hat dieser die Hansestadt Stade um Stellungnahme zu dem betreffenden Vorgang gebeten.

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016

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