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LT Juni-Plenum TOP 49: Schriftliche Antwort auf die mündliche Anfrage Nummer 9

Lernmittelausleihe an Gymnasien - Welche Auswirkungen hat das neue G9?

Abgeordnete Astrid Vockert (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Gemäß dem Erlass „Entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln“ des Kultusministeriums von 2013 bieten alle öffentlichen Schulen den Erziehungsberechtigten an, Lernmittel gegen ein Entgelt aus dem vorhandenen Lernmittelbestand auszuleihen. Die Leihpreise liegen zwischen 33 und 40 % des Neupreises bzw. bei Mehrjahresbänden bei 40 bis 60 %. Alle Einnahmen müssen für neue Schulbücher oder mit dem Ausleihverfahren verbundene Kosten (Software und Geräte für die Buchverwaltung, Entlohnung helfender Schüler) verwendet werden. Gewinne dürfen nicht erwirtschaftet werden, Überschüsse sind für die Beschaffung von neuen Lehrmitteln zu verwenden. Folglich wird bei dreimaliger Ausleihe so kalkuliert, dass die Schule jedes Jahr ca. ein Drittel ihres Schulbuchbestandes aussondert und neu beschafft.

Der jetzige Jahrgang 5 bis 8 an Gymnasien wird seit Beginn des Schuljahrs 2015/2016 wieder nach Lehrplänen für einen neunjährigen gymnasialen Bildungsgang („neues G 9“) unterrichtet, wobei aufgrund der zeitlichen Knappheit keine neuen Schulbücher eingeführt werden konnten. Daher ist davon auszugehen, dass derzeit in den Gymnasien Schulbüch

er genutzt werden, die nicht auf die im neuen G 9 geltenden Kerncurricula abgestimmt sind.

Somit benötigen im nächsten Schuljahr alle Gymnasialschüler von Schuljahrgang 5 bis 9 neue, für das neue G9 zugelassene Schulbücher. Das bedeutet je nach Fach eine Neuanschaffung von fünf Einjahresbänden oder von drei Zweijahresbänden für alle Schülerinnen und Schüler der Schuljahrgänge 5 bis 9, multipliziert mit der Zahl der Fächer. Folglich müssen bei einem Gymnasium, das in den Schuljahrgängen 5 bis 10 die Schulbuchausleihe anbietet, zwischen 85 und 90 % der Schulbücher ersetzt werden, wohingegen pro Schuljahr nur Geld für ca. 33 % neue Bücher eingenommen wird und somit aus den Einnahmen gar nicht alle benötigten Bücher beschafft werden können.

Vorbemerkung der Landesregierung

Gemäß § 71 Niedersächsisches Schulgesetz haben die Erziehungsberechtigten die Schülerinnen und Schüler zweckentsprechend für den Unterricht auszustatten, sie haben danach insbesondere die Lernmittel zu beschaffen. Bei der Umsetzung dieser Verpflichtung können sie die sog. entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln in Anspruch nehmen. Die entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln richtet sich nach dem Runderlass des MK v. 11.03.2005 (SVBl. S. 194), zuletzt geändert durch RdErl. d. MK v. 23.02.2011 (SVBl. S. 108, ber. S. 153). Danach bieten alle öffentlichen Schulen den Erziehungsberechtigten sowie den volljährigen Schülerinnen und Schülern mindestens bis einschließlich Klasse 11 an, Lernmittel gegen ein Entgelt auszuleihen. Hierbei handelt es sich um ein Angebot, das zu den in dem Runderlass genannten und von der jeweiligen Schule weiter ausgeführten Bedingungen angenommen werden kann.

Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Grundsicherung für Arbeitsuchende), dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (Schülerinnen und Schüler, denen Hilfe zur Erziehung mit Unterbringung außerhalb des Elternhauses gewährt wird - im Wesentlichen Heim- und Pflegekinder), dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Sozialhilfe) und dem Asylbewerberleistungsgesetz sind von einem Entgelt für die Lernmittelausleihe vollständig befreit. Für diesen besonderen Personenkreis werden neben den von der Schule zur Ausleihe angeboten Lernmitteln auch diejenigen Lernmittel zur Verfügung gestellt, die nach Nr. 9 des o. a. Runderlasses von der Ausleihe ausgenommen sind. Bei Familien mit drei oder mehr schulpflichtigen Kindern sollen für jedes Kind nur 80 Prozent des von der jeweiligen Schule festgesetzten Entgelts für die Ausleihe erhoben werden. Darüber hinaus kann die Schule bei der Festsetzung des Entgelts die sozialen Verhältnisse berücksichtigen.

Mit der Umstellung auf den neunjährigen Bildungsgang am Gymnasium lagen rechtzeitig vor Schuljahresbeginn 2015/2016 weiterentwickelte Kerncurricula für 13 Fächer vor. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Weiterentwicklungen, bei denen kein neuer Lernstoff aufgenommen wurde, sondern bei denen lediglich Verschiebungen und geringe Anpassungen vorgenommen wurden. Da in fast allen Fächern inhaltliche Verschiebungen aufsteigend stattgefunden haben, sind neue Lehrwerke nicht sofort und nur in sehr wenigen Fächern notwendig. Diese können über das Ausleihsystem finanziert werden. Darüber hinaus lagen mit Beginn der Umstellung noch nicht für alle Fächer entsprechende Schulbücher vor.

1. Bekommen die Gymnasien einen einmaligen Zuschuss von der Landesregierung, um jetzt die benötigten Bücher für die zukünftigen Klassen 5 bis 9 zu kaufen?

Nein, ein einmaliger Zuschuss für die Gymnasien ist nicht erforderlich. Die eingenommenen Entgelte aus dem Leihverfahren werden während der Nutzungsdauer drei Jahre angespart und danach für Neubeschaffungen verwendet. Die vorhandenen Lehrwerke sind für die Umsetzung der neuen Kerncurricula in dieser Übergangszeit weiterhin nutzbar.

2. Wenn nicht: Welche Klassen sollen nach Ansicht der Landesregierung (weiterhin) benachteiligt werden, weil sie mit Büchern unterrichtet werden müssen, die nicht den Inhalten des neuen Kerncurriculums entsprechen?

Es wurden und werden keine Klassen benachteiligt. Grundsätzlich ist ein Großteil der Inhalte der vorhandenen Lehrwerke mit den weiterentwickelten Kerncurricula kompatibel. Es wurden keine neuen Inhalte aufgenommen, sondern lediglich einzelne Inhalte wegen des zur Verfügung stehenden längeren Lernzeitraumes zwischen den Jahrgängen verschoben. Diese Veränderungen lassen sich ggf. über das Austeilen von Fotokopien auffangen. Neue Lehrwerke können sukzessive im Rahmen der normalen Ausleihfinanzierung angeschafft werden.

3. Vor dem Hintergrund, dass Lehrkräfte aus rechtlichen Gründen Schulbücher nicht einfach kopieren dürfen: Wie sollen die Schüler mit G-9-kompatiblem Unterrichtsmaterial versorgt werden, für die wegen fehlender Mittel keine neuen Schulbücher angeschafft werden können?

Gemäß § 53 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz und aufgrund der rahmenvertraglichen Vereinbarung mit der Verwertungsgesellschaft sind Kopien von Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien im Rahmen von zehn Prozent des Gesamtumfangs zulässig. Die oben erwähnten inhaltlichen Verschiebungen sind vom Umfang her so gering, dass – sollten die vorhandenen Schulbücher bereits an den nächsten Jahrgang weitergereicht worden sein – auch mit Kopien der betreffenden Inhalte gearbeitet werden kann.

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

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